Mülheim. Andreas Rettig spricht im Interview über „ursprünglichen Fußball“ und Ehrenamt. Er nimmt auch Stellung zur zunehmenden Gewalt auf Sportplätzen.
Für den ersten Lacher im Rahmen der Auslosung der Mülheimer Hallenstadtmeisterschaft sorgte Andreas Rettig. Der ehemalige DFL-Geschäftsführer, der bis vor wenigen Wochen noch beim FC St. Pauli im Amt war, zog die erste Kugel und las laut und deutlich vor: „Rot-Weiss Essen“.
Natürlich stand nicht der Essener Traditionsklub, bei dem Rettig seit vielen Jahren Mitglied ist, auf dem Zettel, sondern der TuSpo Saarn. Im Anschluss an die Auslosung sprach Redakteur Maximilian Lazar mit dem 56-Jährigen über Fußball in den unteren Ligen, das Ehrenamt und die zunehmende Gewalt auf Sportplätzen.
Andres Rettig: Amateurfußball ist näher am Fan als die Bundesliga
Hallo Herr Rettig. Sie haben bei zahlreichen Bundesligaklubs und für die DFL gearbeitet. Hier sind Sie zu Gast an der Basis. Was macht den Amateurfußball besonders?
Amateurfußball ist das, was den Fußball ausmacht. Die Nähe, das Ursprüngliche. Deshalb war ich auch vor wenigen Jahren schon einmal beim NRW Traditionsmasters. Hier gibt es die Spieler zu Anfassen.
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Was glauben Sie, fasziniert die Zuschauer daran?
Der Fußballfan möchte heute keine goldenen Steaks mehr sehen. Hier kann sich niemand verstellen, es gibt die Nähe. Da gibt es keine nicht öffentlichen Trainings. Deshalb müssen wir gerade im Profibereich auch aufpassen, dass wir die Bodenhaftung nicht verlieren.
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Welche Schwierigkeiten sehen Sie denn auf die Amateurvereine zukommen?
Es sind immer wieder die fehlenden Ehrenamtler. Wir brauchen Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren. Aber es wird natürlich nicht einfacher, Job, Familie und ein Ehrenamt miteinander zu verbinden, Jugendliche von A nach B zu fahren und sich im Herbst und Winter den Hintern nassregnen zu lassen. Ich glaube da sind wir alle gefordert, Anreize zu schaffen.
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Wie könnten solche Anreize in Ihren Augen aussehen?
Ich glaube, wir sollten beispielsweise über Steuererleichterungen für Übungsleiter nachdenken.
Zur Person
Andreas Rettig wurde am 25. April 1963 in Leverkusen geboren. In seiner aktiven Zeit spielte er unter anderem für den FV Bad Honnef, Viktoria Köln, den SC Brück und den Wuppertaler SV in der Oberliga.
In seiner Funktionärskarriere arbeitete er für den SC Freiburg, 1. FC Köln, FC Augsburg, die DFL und den FC St. Pauli.
Welche Verantwortung können Profifußballer in dem Zusammenhang tragen?
Sie dürfen sich nicht hinter ihren Vereinen verstecken, um glaubwürdig zu sein und ernstgenommen zu werden. Es ist ganz wichtig, dass sie nicht vergessen, wo sie herkommen.
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In den vergangenen Wochen bestimmten immer wieder Ausschreitungen auf Fußballplätzen die Schlagzeilen. Können da auch der DFB und die DFL helfen?
Da kann man nicht immer nur nach den Verbänden schreien. Da müssen wir bei uns selbst anfangen. Es fängt bei überehrgeizigen Eltern an und geht über Fäkalsprache weiter. Da muss man die Leute, die neben einem stehen, auch mal ganz klar drauf ansprechen und sie zur Vernunft bringen. DFB und DFL alleine können da wenig machen.