Herne. 2018 bekam die Spielstätte des SC Westfalia Herne neuen Glanz. Für den sorgte in früheren Zeiten unter anderem auch der Schalker Kreisel.
Mit einem Fassungsvermögen von jenseits der 30.000 Zuschauer ist das Stadion am Schloss Strünkede das größte in Herne. Frisch renoviert und mit Kunstrasenplatz ausgestattet erscheint das Schmuckstück seit 2018 in ganz neuem Glanz. „Weltklasse“ titulierte Christian Knappmann, Trainer der Oberliga-Kicker des SC Westfalia Herne, das jüngste Bauergebnis. Weltklasse lief am Schloss aber auch in der bald 90-jährigen Geschichte des Stadions immer wieder über den Platz.
1931: Neubau
Hermann Kracht war es, unter dessen Regie 1931 das Gelände im Schlosspark zwischen Forell- und Germanenstraße angekauft wurde. Der damalige Vorsitzende des SC Westfalia 04 schaffte eine Grundlage für eine beachtliche Entwicklung. Mehr als ein Jahrzehnt war es da her, als der Verein einen ersten Fußballplatz an Stelle der ehemaligen Minigolfanlage gebaut hatte. Nun besaß man deutlich mehr Platz. Eine Laufbahn wurde hinzugebaut, Wälle für Zuschauer aufgeschüttet und eine 400 Meter lange Mauer gezogen. Das Klubhaus entstand mit Duschen, Umkleiden und einer Platzwartwohnung.
1959- „Zu klein“ für DM-Endrunden
Das Stadion Strünkede galt in den Augen des Deutschen Fußball-Bundes kurioserweise als zu klein, als es 1959 erstmals für den SCW um die Deutsche Meisterschaft ging. Es genügte den geltenden Sicherheitsansprüchen des Fußballverbands nicht, und die Herner mussten ihre Heimspiele notgedrungen in der Kampfbahn Rote Erde in Dortmund austragen. Ein Handicap und doppelt bitter für Westfalia Herne, das Team hatte doch in der Saison bis dato kein einziges Heimspiel verloren gehabt.
Nachdem im Jahr drauf erneut die Qualifikation zur Endrunde gelungen war, stand für die Verantwortlichen fest: Nach den nicht sonderlich positiven Erfahrungen aus den Spielen in Dortmund sollten diesmal die Heimspiele unbedingt in Herne ermöglicht werden. Der DFB erhob zunächst erneut Einwände. Diesmal jedoch reagierte der Verein. Die Ränge wurden erhöht und zusätzliche Plätze bis auf die Laufbahn wurden eingerichtet. Auf etwa 40.000 Plätze wurde das Fassungsvermögen somit erhöht. Die Spielstätte erhielt die Genehmigung - und sie wurde voll.
Am 28. Mai 1960 erlebten 38.000 Menschen das Spiel der Herner gegen den Hamburger SV. Leider ohne Happy-End für die Schlossherren: Uwe Seeler überwand damals eine Viertelstunde vor dem Ende SCW-Schlussmann Hans Tilkowski zum 4:3-Sieg für den späteren deutschen Meister aus dem hohen Norden. Es war zumindest ein letzter Zuschauerrekord. Eine ähnliche Fußball-Kulisse sollte es in Herne daraufhin bis heute nicht mehr geben.
Am 9. September 1934 erfolgte die Einweihung des fertig gestellten Stadions am Schloss, mit dem Höhepunkt einer Partie gegen den frisch gebackenen, erstmaligen Deutschen Meister und Nachbarn FC Schalke 04 (0:6). Eine große, überdachte Tribüne gehörte damals bereits zu den Plänen. Doch zur Umsetzung dieses Projekts fehlten zunächst noch die Möglichkeiten.
Die Schalker waren in den Folgejahren, der Knappen-Hochzeit mit sechs Titeln in neun Jahren, immer wieder gern gesehener Gast in Herne. 1937 schaffte man es, dem prominenten Nachbarn ein 0:0 abzuringen, das Stadion hatte sich mit 15000 Zuschauern hierzu bereits ordentlich gefüllt.
Zuletzt war es im September 2006, als sich das Rund am Schloss mit einer fünfstelligen Zahl an Menschen zeigte. 10.500 Beobachter verfolgten dort das Erstrundenspiel im DFB-Pokal gegen den FC Erzgebirge Aue (1:2).
Kriegsjahre
Doch in der Zeit des Nationalsozialismus fungierte gerade der Serienmeister aus Gelsenkirchen immer wieder als Publikumsmagnet. 1938 wurde die Besucherzahl in einem Duell mit Schalke (0:2) auf 20.000 gesteigert. Ein neuer Rekordwert für Herne, der nach dem Zweiten Weltkrieg weiter nach oben geschraubt wurde. Das Stadion am Schloss blieb von Bombenangriffen weitgehend verschont.
Und so erlebte der SCW bereits im Oktober ‘45 zum ersten und bislang einzigen Mal ein „Auswärtsspiel“ im eigenen Haus. Im von den Briten besetzten Stadion liefen die Herner gegen Angehörige der Royal-Air-Force auf (3:5).
Im Jahr drauf erlebten über 20.000 Zuschauer die Sensation: Schalke zog mit Ernst Kuzorra und Fritz Szepan gegen Westfalia erstmals den Kürzeren (3:1), es sollte der Anfang vom Ende für den gefürchteten Schalker Kreisel sein. Rund 30.000 Menschen erlebten wenig später einen 3:2-Erfolg des BVB im Westfinale über Schalke auf neutralem Herner Boden.
Die Fußball-Begeisterung vor Ort kannte damit noch immer kein Ende. Ehe sich die Westfalia selbst bundesweit in Position brachte, bekam das in den 1950er-Jahren eigene Rund endlich die überdachte Tribüne.
Renovierungen
1976 war das Stadion am Schloss für einige Monate Heimspielstätte des VfL Bochum, dessen Ruhrstadion sich im Bau befand. Gleichzeitig wurden in der Goldin-Ära umfangreiche Renovierungsarbeiten vollzogen, die Stufen gegenüber dem Eingang wurden erhöht, die Standsicherheit der Tribüne verbessert. Nach einem unrühmlichen Zwischenfall im Oberliga-Spiel gegen TuS Schloss Neuhaus, drängte der Verband fünf Jahre später darauf, Schutzbarrieren zu errichten, die die Zuschauer daran hindern sollten, sich nach Spielende dem Klubhaus zu nähern.
Ungemütlich wurde es 2014 jedoch nicht nur für Schiedsrichter oder Gästeakteure, als nämlich der Pfingststurm Ela über das Land fegte. Denn umgestürzte Bäume blockierten auch im Stadion Tribüne und Wege. Kurz später entstanden legendäre Bilder von Bootsfahrten über den vom Unwetter überfluteten Rasenplatz. Die ohnehin schwierige Grundwassersituation in der Nähe der Gräfte des Schlosses führte schließlich dazu, dass man sich um die Finanzierung eines Umbaus der Naturrasenfläche in eine Kunstrasenfläche bemühte. Im August 2016 erfolgte dann der politische Beschluss dazu: Das Stadion Schloss Strünkede sollte einen Kunstrasenbelag erhalten, Kostenpunkt: rund 1,9 Millionen Euro.
Kunstrasen-Umbau
Nach rund zwölf Monaten Bauzeit wurde das umgestaltete Feld im Juli 2018 fertiggestellt – nach der ursprünglichen Planung sollte es eigentlich im November 2017 fertig sein, im Oktober jenes Jahres aber gab die Stadt Herne während einer Pressekonferenz bekannt: Wetter-bedingt würden sich die Arbeiten verzögern. Die Westfalia sah sich, so der damalige Vorsitzende Sascha Loch, in ihrer Existenz gefährdet, musste für ihre Heimspiele auch auf die Dortmunder Anlage des TuS Bövinghausen umziehen.
Mitte 2018 war die Anlage um eine Aufwärmfläche und ein Kleinspielfeld ergänzt, jeweils mit Kunstrasenbelag. Als letzter Schritt des großen Umbaus ragt noch die Renovierung bzw. der Neubau des Umkleidegebäudes bis in die Gegenwart. Damit soll dann auch für die Zukunft sichergestellt werden, dass die vereinseigene Anlage des SC Westfalia 04 eine moderne Top-Adresse im Amateur-Fußball bleibt.
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