Wanne-Eickel. Der Eickeler Sportpark, die heutige „Mondpalast-Arena“, wurde 1955 eröffnet - mit Feldhandball. Ein Blick in die Geschichte des Stadions.

„Sonntäglich gekleidete Menschen bewunderten unverhohlen die großartige Wandlung der ehemaligen Hundewiese zum modernen Zentralpark der jungen Großstadt.“

Vor über 65 Jahren, exakt am 4. Juli 1955, leitete dieser Satz im Wanne-Eickeler Tageblatt die Berichterstattung über die Eröffnung des Stadions im Sportpark Wanne-Süd ein. Aus dem verwilderten „Eickel-Platz“, im Volksmund despektierlich „Hundewiese“ genannt, war ein echtes Stadion mit Übungsplatz und Kampfbahn entstanden. Edmund Weber, damals Oberbürgermeister der jungen Großstadt Wanne-Eickel, sprach bei der offiziellen Eröffnung von einer Verpflichtung, denn „ohne solche Stätten, wie sie hier erstmalig entstanden sind, ist eine Gemeinde keine Großstadt“.

Wanne-Eickel: 15.000 Zuschauer bei der Einweihung dabei

15.000 Zuschauer waren bei der Einweihung dabei. Sie sahen auf dem grünen Rasen als ersten sportlichen Höhepunkt aber beileibe kein Fußballspiel, sondern ein Länderspiel im damals noch sehr beliebten Feldhandball. Und zwar zwischen zwei Staaten, die es heute nicht mehr gibt: Jugoslawien und die Tschechoslowakei. Die CSSR gewann mit 9:6-Toren in einem eher „müden Spiel“, wie es der Sportreporter vom Tageblatt formulierte.

Mehr Treffer fielen im Vorspiel, das der damalige Westfalenmeister SV Westerholt mit 16:13 Toren gegen den TuS Holsterhausen gewann. Doch beide Spiele waren nur Beiwerk. Viel wichtiger war den Wanne-Eickelern, dass „ihre Stadt“ endlich über ein eigenes Stadion verfügt: „Das Stadion und der Sportpark sind eine vorzügliche Förderung des Sports. Wir werden das zu schätzen wissen und regen Gebrauch davon machen“, zitierte das Tageblatt Franz Reznik, den Vorsitzenden des Stadtverbandes für Leibesübungen.

Tartan löst die Asche ab

Im Laufe der Jahre erhielt das Stadion ein neues Gesicht. In den 1980er Jahren wurde aus der Tennen-Laufbahn eine Tartanbahn, Anfang der 1990er Jahre folgte die überdachte Sitztribüne. Im August 2009 gab es auch einen neuen Namen: Paten bei der Taufe der „Mondpalast-Arena“ waren der langjährige Manager des FC Schalke 04, Rudi Assauer, sowie Christian Stratmann, Prinzipal des Volkstheaters. Die Anlage in Wanne-Süd war damit das erste Fußballstadion in Deutschland, das den Namen eines Theaters trug.

Der „große Sport“ hatte sich da schon lange aus Wanne-Süd verabschiedet. Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren trugen die Fußballer des DSC Wanne-Eickel dort ihre Meisterschafts- und Pokalspiele aus. Wie die Derbys gegen die Herner Westfalia oder aber auch zwei DFB-Pokalspiele gegen Werder Bremen. Vor allem das erste Derby zwischen dem DSC und der Westfalia nach der Städteehe ging in die Annalen ein. Am 13. April 1975 trennten sich beide Vereine vor 12.000 zahlenden Zuschauern (es dürften wesentlich mehr gewesen sein) in der damaligen Verbandsliga 2:2. Diese Punkteteilung in „Herne 2“ reichte den ungeliebten Gästen aus „Herne 1“ zum Staffelsieg und zum späteren Aufstieg in die 2. Bundesliga.

WDR-Reporter sitzt mitten auf der Laufbahn

Bundesweit für Aufsehen sorgten aber vor allem die DFB-Pokalspiele. Im Oktober 1977 verlor der DSC mit 0:2 Toren gegen den SV Werder Bremen. Der damalige Trainer der Norddeutschen hatte eine ganz kurze Anreise, war es doch die im Januar 2020 verstorbene Herner Fußball-Legende Hans Tilkowski, die zu dieser Zeit Spielern wie Uwe Reinders, Dieter Burdenski oder Jürgen Röber die Richtung vorgab. Neben der Bank von „Til“ stand eine weitere. Auf der saß aber kein Ersatzspieler, sondern WDR-Reporter Jochen Hageleit, der für die Radio-Schaltkonferenz live aus Wanne-Süd berichtete. Acht Jahre später, im Oktober 1985, saß „König Otto“ (Rehhagel) auf der Bank der Bremer, die vor 11.000 Zuschauern den DSC mit 4:0-Toren bezwangen.

 Das erste Derby nach der Städteehe: Über 12.000 Zuschauer sahen am 13. April 1975 das Spiel des DSC gegen Westfalia Herne im Sportpark Wanne-Süd. Beim 2:2 trugen u. a. Norbert „Nöppes“ Höhmann, Uli Seidel, Hannes Oehler und Günter Gehlisch (von li.) das Wanne-Eickeler Trikot.  
 Das erste Derby nach der Städteehe: Über 12.000 Zuschauer sahen am 13. April 1975 das Spiel des DSC gegen Westfalia Herne im Sportpark Wanne-Süd. Beim 2:2 trugen u. a. Norbert „Nöppes“ Höhmann, Uli Seidel, Hannes Oehler und Günter Gehlisch (von li.) das Wanne-Eickeler Trikot.   © Bildarchiv | Stadt Herne

Zur „Stadiongeschichte“ gehört aber nicht nur der Fußball, sondern auch die Leichtathletik. Der TV Wanne 85 veranstaltete dort regelmäßig am 1. Mai sein „Bahneröffnungs-Sportfest“, bei dem auch Top-Stars wie die zweifache Welt-und Europameisterin im Siebenkampf, Sabine Braun, oder die Speerwerferin Linda Stahl ihre Spikes schnürten.

Weiterer Umbau ab 2010

Nicht zu vergessen unzählige Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Eickel, die sich im Stadion bei den mehr oder weniger beliebten „Bundesjugendspielen“ tummelten, die Läuferinnen und Läufer bei den Bahnenläufen des Baukauer TC oder die Hobbysportlerinnen und -sportler, die auf der Laufbahn, in der Weitsprunggrube oder im Kugelstoßen die Prüfungen für das Sportabzeichen ablegten - oder es versuchten.

Ab 2010 wurde das Stadion dann noch einmal umgebaut. Die U23 des FC Schalke 04 kickte dort in der Fußball-Regionalliga, wofür ein eigener Gästeblock mit separatem Eingang geschaffen wurde. 4.999 Zuschauer sind seitdem zugelassen. Sollten es einmal mehr werden, muss ein Antrag bei der Stadt gestellt werden.

Corona-Pause: Der Naturrasen hat sich erholt

Und die Zukunft? Die Corona-Pause sorgt für Tristesse, auch in der Mondpalast-Arena. Kein Fußball, keine Leichtathletik, kein Breitensport. Einziger Vorteil: Der Naturrasen hat sich erholt und ist in einem Top-Zustand. Diesen sollen auch bald wieder die Leichtathletik-Anlagen haben.

Die Stadt Herne hat für deren Sanierung Fördermittel in Höhe von 750.000 Euro beantragt. Kommt die Zusage, soll noch in diesem Jahr mit dem Neubau der Laufbahn sowie der Anlagen für Weit- und Hochsprung und für das Kugelstoßen begonnen werden.

Erinnerungen: Apfelsinen und Kurt Brumme

Zwei Erinnerungen an besondere Momente im Stadion Wanne-Süd.

Adi Plickert
Adi Plickert © SPD

Arnold „Adi“ Plickert, ehemaliger Fußballspieler und -trainer und zurzeit Bezirksbürgermeister in Eickel: „Als Trainer des SV Sodingen habe ich hier eigentlich immer verloren. Das war schlimm genug! Aber einmal, nach einem 0:3, wurde ich auf dem Gang in die Kabine von Zuschauern aus dem DSC-Block mit Apfelsinen beworfen. Da habe ich mich zu einer Reaktion hinreißen lassen, die in den lokalen Medien nicht so gut ankam. Im Stadtbezirk Eickel ist das Stadion mit seinen Nebenanlagen für mich ein zentraler und wichtiger Punkt, der noch ausgebaut wird. Dazu gehören ein weiterer Trainingsplatz am Heisterkamp, der klimaneutrale Parkplatz vor der Sporthalle und der Arena und die Investitionen für die Leichtathletik sowie den Schul- und Breitensport. Also: Das Stadion wird auch optisch eine ganz tolle Sache.“

Torsten Biermann
Torsten Biermann © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Torsten Biermann, Abteilungsleiter Fußball im DSC Wanne-Eickel: „Ich habe viele schöne Erinnerungen: Vor allem an den Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga im Jahr 1978, als im Radio, es muss WDR 2 gewesen sein, nach dem Sieg über Viktoria Köln, anmoderiert von Kurt Brumme, die Hymne „Nichts ist so schön wie der Mond von Wanne-Eickel“ gespielt wurde. Oder an das erste Zweitligaspiel, abends gegen Preußen Münster, das der DSC Wanne-Eickel vor 9.000 Zuschauern mit 2:0 gewann. Oder an das Gastspiel von Borussia Dortmund mit Jürgen Klopp, Dede und Lucas Barrios. Unvergessen Kevin Großkreutz, der wie Usain Bolt durch das Mittelfeld flitzte.“

Das Stadion Wanne-Süd ist Thema der Auftaktfolge einer Reihe Stadiongeschichte(n), die wir in loser Folge fortführen werden.

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