Herne. Die Debatte um den Militärgruß bei Türkspor Herne lenkt ab. Vor dem Sportgericht geht es nur im das richtige Problem: Unsportlichkeit, Gewalt.

Der Spielabbruch beim Kreisliga-A-Spitzenspiel in Horsthausen ist inzwischen ein großes überregionales Thema, Redaktionen aus ganz Deutschland berichten über den Fall – weil sich der große Konflikt zwischen Kurden und Türken hier in einer Kleinigkeit widerzuspiegeln schien. Während zwei Spieler von RW Türkspor Herne für ihre Roten Karten gesperrt worden sind und sich dafür kommende Woche verantworten müssen, wird das Thema „Militärgruß“ vor dem Kreis-Sportgericht keine Rolle spielen.

Dass einige Spieler von RWT offenbar ein Tor mit dem viel besprochenen Militärgruß bejubelten, hatte zunächst Trainer Serhat Hakan am Sonntagabend im Gespräch mit der WAZ thematisiert, bevor der Verein dann in einer ausführlichen Stellungnahme am Montag darauf überhaupt nicht einging.

Das Thema lenkt dabei vor allem von der Frage ab, warum das Spiel tatsächlich abgebrochen wurde – nämlich weil die Schiedsrichter mutmaßlich bedroht, beleidigt und verletzt wurden.

Verein hatte den Linienrichter beschuldigt

Darum, und nur darum geht es auch im drei Seiten langen Sonderbericht, den der Dortmunder Schiedsrichter nach der Partie anfertigte. Wenig überraschend widerspricht der Bericht der Stellungnahme von RW Türkspor – der Verein hatte den 16-jährigen Linienrichter beschuldigt, erst absichtliche Fehlentscheidungen zulasten von RWT getroffen und dann mit mehreren Fahnenschlägen die Handgreiflichkeiten ausgelöst zu haben.

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„In den wichtigsten Punkten decken sich die Darstellungen des Schiedsrichters und von RW Türkspor nicht“, stellte Sascha Tysiak,s tellvertretender Vorsitzender des Herner Schiedsrichter-Ausschusses auf WAZ-Anfrage fest.

Beleidigungen und Bedrohungen im Sonderbericht

Tysiak kommentierte die Vorfälle: „Die Szenerie ist schlimm genug, dass der Sport in den Hintergrund rückt, dass der Fußball als Ventil für Aggressionen dient, dass es zu Tätlichkeiten gegenüber Schiedsrichtern oder Spielern kommt – gegen wen, ist egal.“

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Dokumentiert sind im Sonderbericht größtenteils Beleidigungen und Bedrohungen, auf türkisch ausgesprochen, auf deutsch übersetzt. Schiedsrichter und Assistent seien bedrängt und bedroht worden, auch von einem Vorstandsmitglied der Herner. Dazu eine Handgreiflichkeit gegen den Linienrichter: Der sei von hinten zu Boden gerissen, mit einem Arm um den Hals stranguliert worden. Dass der Linienrichter zu Boden gerissen wurde, hatte RW Türkspor eingeräumt, weitere Handgreiflichkeiten von sich gewiesen.

Sportgericht klärt den genauen Ablauf

„Der Spieler wurde von den Anwesenden unverzüglich rausgezogen und in die Kabine gebracht. Ein ,Würgen’ des Linienrichters, wie in den Medien behauptet, ist nicht erfolgt. (...) Eine ,Schlägerei’ oder ,Angriffe auf die anderen Schiedsrichter’ hat es nicht gegeben“, so RWT.

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Den genauen Hergang zu klären ist Aufgabe des Kreis-Sportgerichts unter Heinz Rychlik. Der Fall wird am kommenden Mittwoch verhandelt. Senad Lekaj und Anil Yilmaz, die Rote Karten gesehen hatten, sind „unbefristet“ gesperrt – also zunächst bis Mittwoch.

Dann wird auch über eine Wertung des Spiels entschieden – bis dahin bleibt der FC Castrop-Rauxel mit einem Punkt Vorsprung an der Tabellenspitze vor dem SV Holsterhausen. Die beiden stehen sich Sonntag im direkten Spitzenspiel gegenüber.

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Militärgruß wird nicht verhandelt

Kein Thema dagegen ist der „Militärgruß“ als Torjubel. Der stellvertretene Kreisvorsitzende Bernd Götte stellte im Gespräch mit den Ruhrnachrichten zwar klar: „Wenn es so gewesen ist, dulden wir solch eine Aktion mit politischer Aussage nicht.“

Gegen drei Recklinghäuser Teams wird wegen des Salut-Jubels ermittelt, RW Türkspor muss das aber nicht befürchten. Das Sportgericht kann nur das verhandeln, was im Sonderbericht steht – der Torjubel wird nicht erwähnt. Die eigentlichen Gründe des Abbruchs, Unsportlichkeiten und Gewalt, stehen damit wieder im Mittelpunkt.

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