Essen. Bei Fußball-Kreisliga-Spielen in Recklinghausen und Herne wurde per Militärsalut gejubelt. Die Verbände kündigen jetzt null Toleranz an.

Von der EM-Qualifikation in die Kreisliga: Der türkische Militärgruß, mit dem auf Fußballplätzen nach dem Einmarsch der Armee in Nordsyrien umstritten gegrüßt wird, sorgt in allen Fußball-Klassen für Gesprächsstoff. Im Kreis Recklinghausen ermittelt der zuständige Verband nach Salut-Posen gegen die SG Hillen, Genclikspor Recklinghausen und die zweite Mannschaft der DTSG Herten, wie auch der WDR berichtete. „In einem Fall handelte es sich um die komplette Mannschaft, bei den anderen ging es um Gruppierungen von fünf bis sechs Spielern“, sagte der Kreisvorsitzende Hans-Otto Matthey.

Verband kündigt "null Toleranz" an

Für große Aufmerksamkeit sorgte am Sonntag ein Fall im Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel. Im Kreisliga-A-Spiel zwischen Rot-Weiß Türkspor Herne und dem FC Castrop-Rauxel soll ein Linienrichter nach einer Abseitsentscheidung von Türkspor-Spielern attackiert worden sein. Zuvor hatten die Herner einen Treffer mit dem Militärsalut bejubelt. Erst der Verein Türkspor brachte die beiden Situationen, die zeitlich rund 50 Minuten auseinander gelegen haben, in einen Zusammenhang. Die Schiedsrichter sollen laut RW-Version nach dem Jubel den Klub angeblich benachteiligt haben. „Der Fußball lässt sich weder für Provokation noch für Diskriminierung missbrauchen“, sagte Manfred Schnieders, Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletikverbands Westfalen (FLVW). Präsidiumsmitglied Andree Kruphölter ergänzte: „Wir haben eine ganz klare Linie, die besagt: Null-Toleranz für solches Gebaren.“

Mendener Verein löscht Foto bei Facebook

Die Verantwortlichen von Genclikspor Recklinghausen, Tabellenführer der A-Klasse, zeigten wenig Verständnis für mögliche Strafen. „Dass mit Geldstrafen oder Punktabzug gedroht wird, verstehe ich überhaupt nicht. Wo bleibt da die Meinungsfreiheit?“, fragte der Vorsitzende Hakki Gürbüz. In der Kabine sei ein Foto mit türkischer Fahne gemacht worden, dabei hätten einzelne Spieler den Militärgruß gezeigt. „Aber das war als reine Gedenkminute für die verstorbenen Soldaten gedacht“, sagte Gürbüz. Das entsprechende Foto habe der Verein inzwischen bei Facebook entfernt und sich „bei denjenigen entschuldigt, die sich dadurch angegriffen gefühlt haben“.

Auch in Menden im Sauerland stellte die erste Mannschaft des B-Kreisligisten Menden Türk-Gücü ein Bild der salutierenden Mannschaft unterlegt mit einem Satz über „Märtyrer“ und „Helden“ auf die Facebook-Seite des Klubs. Nach einer eiligst einberufenen Sitzung des Vorstandes nahm der Verein den Beitrag aber wieder aus dem Netz.

SPD-Politiker Özdemir warnt

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Der Duisburger Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir (SPD) erklärte im Gespräch mit dieser Redaktion: „Man muss sich genau die Gründe anschauen, warum sich diese Leute offenbar mehr dem türkischen Präsidenten zugehörig fühlen, als dem Land, in dem sie leben.“ Diese Generation sei ein „Produkt ihrer Umwelt“, da die Diskriminierungserlebnisse, die sie in Deutschland im Alltag machen, türkischstämmige Jugendliche anscheinend in die Arme der Politik des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogans treibt. „Davor warne ich. Deshalb rede ich ungern von Integration sondern lieber von Diskriminierungs-Prävention.“ Özdemir stellte klar: „Trotzdem muss man sich fragen, was bei diesen Menschen schief gelaufen ist, wenn sie dem Militär der Türkei eine solche Ehrdarbietung erweisen.“

Auch andere Verbände „gut vorbereitet, damit nichts eskaliert“

Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) will Klubs und Schiedsrichter weiter sensibilisieren. Der BFV setze auf den Dialog und arbeite präventiv, sagte ein Sprecher. Das Thema rein über Strafen regulieren zu wollen, sei im Gesamtkontext nicht allein hilfreich. In Berlin teilte der Landesverband mit, „in den letzten Tagen viele persönliche Gespräche geführt“ zu haben. Man sei „gut vorbereitet, damit nichts eskaliert“, sagte Mehmet Matur, Präsidialmitglied Integration. Der Nordostdeutsche Fußball-Verband hat sich ebenfalls auf Nachahmer des Salut-Jubels eingestellt. Die Verbände in Baden-Württemberg berichteten von mindestens sechs Fällen am vergangenen Wochenende, bei denen der Salut-Jubel zu sehen war.

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Grundlage für die Landesverbände und deren Satzungen ist die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB. In der steht: „Eines unsportlichen Verhaltens (...) macht sich insbesondere schuldig, wer sich politisch, extremistisch, obszön anstößig oder provokativ beleidigend verhält.“ Das Strafmaß reicht von einer Verwarnung bis hin zu einem Ausschluss auf Zeit. (mit dpa)