Herne. Nach dem Spielabbruch in der Kreisliga A zwischen RWT und Castrop-Rauxel herrscht Entsetzen. Herne weist die Schuld für den Abbruch von sich.
Türkspor Trainer Serhat Hakan wirkt am Montagvormittag geknickt: Er sei entsetzt und enttäuscht, dass das Kreisliga-A-Spitzenspiel zwischen RW Türkspor Herne und dem FC Castrop-Rauxel am Sonntag vorzeitig abgebrochen wurde. Die Dortmunder Schiedsrichter wurden nach Ausschreitungen im Krankenhaus behandelt. Laut Polizeibericht gingen die Tumulte von Herner Seite aus. Augenzeugenberichte bestätigen das. Türkspor Herne weist die Schuld für den Abbruch aber weit von sich – und beschuldigt den Linienrichter.
Die Stellungnahme, die der Verein am Montagabend veröffentlicht, hat es in sich. „Das ist unseres Erachtens ein klarer Regelverstoß und eine eindeutige Schiebung“, heißt es über eine Entscheidung der Unparteiischen. Die zwei Platzverweise für Türkspor werden kommentiert: „Die Entscheidungen erfolgten Schätzweise und nach Bauchgefühl.“ Und dann kommen heftige Vorwürfe.
Herner wollen gegen den Linienrichter vorgehen
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„Im Tumult während der Diskussionen um die rote Karte hat der Linienrichter mehreren Augenzeugen und Aussagen unseres betroffenen Spielers zufolge mehrmals absichtlich seine Fahne ausgeholt und hierbei gewollt den bei der unglücklichen Aktion beteiligten Spieler in den Bauch geschlagen und auch mit einem sehr aggressiven Ton die Spieler angeschrien. Der 1. Schlag kam durch den Linienrichter.“
Der Spieler habe Strafanzeige erstattet. Weiter: „Danach hat unser Spieler aufgrund der Aktion des Linienrichters ihn von hinten gezogen und zu Boden gebracht. Der Spieler wurde von den Anwesenden unverzüglich rausgezogen und in die Kabine gebracht.“ Der Linienrichter sei nicht gewürgt worden. RWT widerspricht damit Presse- und Polizeiberichten.
Für Dortmunder Schiedsrichter sind die Vorwürfe eine Unvorstellbarkeit
Der Reporter der Ruhrnachrichten aus Castrop-Rauxel, der vor Ort war, schreibt über den Moment nach einem Elfmeterpfiff gegen Herne in der 73. Minute: „Ein Herner stürmte Richtung Linienrichter. Er soll den jungen Schiedsrichterassistenten laut Augenzeugenberichten von Zuschauern, die ganz nah am Geschehen waren, gewürgt und in den Bauch geschlagen haben.“ Die Polizei sprach abends von zwei Leichtverletzten.
Markus Schanz ist der Vorsitzende des Dortmunder Kreis-Schiedsrichterausschusses, für das Gespann verantwortlich. Er will zu den heftigen Vorwürfen nicht viel sagen, außer: „Es ist für mich eine Unvorstellbarkeit. Ohne dabeigewesen zu sein: Ein 16-jähriger Linienrichter soll in aufgeheizter Atmosphäre einen Seniorenspieler geschlagen haben? Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Auch übereinstimmende Berichte von Zuschauern, die der WAZ-Redaktion bekannt sind, sagen: Die Auseinandersetzung ging von RW Türkspor aus. Von der ersten Minute an sei die Stimmung aggressiv gewesen. Er sei „entsetzt“ über das Verhalten der Herner, sagt einer. Die Herner sehen das anders, auch Trainer Serhat Hakan.
RWT Herne fühlt sich vom Schiedsrichter benachteiligt
Im Gespräch mit der WAZ betont Hakan vor allem die Minuten vor dem Spielabbruch: Man habe sich vom Linienrichter benachteiligt gefühlt. Und da bekommt der Fall eine politische Dimension.
Denn Türkspor jubelte nach dem 2:1 mit einem Militärgruß, was Hakan nicht abstreiten, aber auch nicht bestätigen wollte. Er stellt klar, was der Gruß für einen türkischen Spieler bedeutet.
„Da steckt keine politische Absicht hinter. Niemand will ausdrücken, dass er einen Krieg unterstützt. Das war keine organisierte Aktion. Wenn drei oder vier Spieler das gemacht haben, dann wollen sie wahrscheinlich damit zeigen, dass sie an die Menschen denken, an die Soldaten und ihre Familien. Deshalb ist das eine ganz normale Aktion gewesen, ohne politischen Hintergrund.“
Der Militärgruß – nur eine Mode-Erscheinung?
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Über diesen Militärgruß war in den vergangenen Tagen viel zu hören und zu lesen. Türkische Nationalspieler, darunter der Ex-Schalker Kaan Ayhan, feierten so einen Sieg der Nationalmannschaft.
Sie stehen dafür in der Kritik, weil es auf Unbeteiligte wirkt, als würde damit der Krieg, den die Türkei gegen die Kurden in Nordsyrien führt, befürwortet. Muzaffer Oruc, SPD-Ratsherr und Vorsitzender des Herner Integrationsrats ordnet ein: „Das ist mehr eine Mode-Erscheinung. Die meisten wissen im Detail nicht, worum es geht, aber die Nationalspieler machen es eben.“
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Dafür versucht auch Hakan Verständnis zu wecken: „Ich habe von Zuschauern gehört, dass ein paar meiner Spieler den militärischen Gruß gemacht haben – daraufhin soll der Linienrichter etwas Kurdisches dagegen gesagt haben.“ Von diesem Zeitpunkt an soll RW Türkspor massiv benachteiligt worden sei, besonders durch den angeblich kurdischen Linienrichter.
Zwei Spieler von Rot-Weiß Türkspor sehen die Rote Karte
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Einen Elfmeter wollten sie haben, den bekamen die Herner nicht. Als der Schiedsrichter dann beim Stand von 3:2 für Castrop-Rauxel auf Handelfmeter gegen Herne entschied, eskalierte die Situation.
Türkspor protestierte vehement, zwei Spieler sahen Rot. „Senad Lekaj soll den Linienrichter bedroht haben. Senad hat gesagt: Da oben ist ein Gott, der sieht alles“, berichtet Serhat Hakan. Kapitän Anil Yilmaz habe nur versucht, die eigenen Spieler aus dem Rudel zu holen. „Er war außer sich, dass er Rot bekommen hat.“
Hakan wirft Schiedsrichtern provokantes Verhalten vor
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Der Schiedsrichter brach die Partie ab. „Die Ordner haben die Leute weggeholt“, berichtet Hakan. „Die Schiedsrichter haben sich aber auf die Castrop-Rauxeler Bank gesetzt. Das war provokant.“ Laut Ruhrnachrichten haben die Schiedsrichter dort Schutz gesucht.
Nach dem Spiel seien bei den Hernern Tränen geflossen, „ich habe Bauchschmerzen“, sagt Hakan, der die genauen Handgreiflichkeiten nicht kommentieren wollte. „Ich war mittendrin, habe versucht meine Spieler wegzuholen. Ich kann ein Spiel verlieren, aber nicht noch mehr Spieler.“
Deutlich weniger Einsicht ist im Vereins-Statement zu erkennen. RW Türkspor sieht sich einer Verschwörung gegenüber. Das Spiel sei gekauft war schon am Sonntag auf dem Platz mehrfach von Hernern zu hören.
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