Hattingen. Der Hattinger Fußballer Wolfram Modest ist im Alter von 62 Jahren verstorben. Seine unorthodoxe Spielweise machte ihn bekannt – und viele Tore.

Er hat früher jahrelang oft Unruhe in den gegnerischen Strafraum gebracht und einen Ball nach dem anderen eingenetzt. Die gesamte Fußballszene in Hattingen kannte ihn, die Gegner fürchteten ihn. Denn er war kaum zu stoppen. Nun trauert die Szene um Wolfram „Eumel“ Modest, der den Kampf gegen eine schwere Krankheit verloren hat und am 19. Juni im Alter von 62 Jahren verstorben ist.

Er gehört definitiv zu Hattingens Fußball-Legenden, ist vielleicht gar die Legende unter ihnen. Denn seine Heimat verließ er trotz seiner Qualitäten nie so wirklich, auch wenn es einen kurzen Abstecher gab.

Als Kind bereits im Nachwuchs des VfL Winz-Baak

Als Kind begann er beim Nachwuchs des VfL Winz-Baak, wo er bis zur A-Jugend blieb. Ein Jahr war er dann für den DSC Wanne-Eickel in der Westfalenliga (damals die höchste Jugendspielklasse) aktiv. Doch es zog ihn schnell zurück, die etwas professionelleren Bedingungen waren gar nicht sein Ding – Fahrdienst kurz nach der Schicht in der Lehre und „nur Limonade nach den Spielen“, wie er mal verriet.

Es ging also zurück in die Hattinger Nordstadt. Später spielte Modest ein Jahr beim TuS Bredenscheid und zum Abschluss zwei Spielzeiten beim PSV Ennepe. Egal, wo er auflief, er traf und traf und traf. Bei der Stadtmeisterschaft, bei der er insgesamt neun Titel holte (acht mit dem VfL, einen mit dem PSV), hält er gemeinsam mit Uwe Weiß den Rekord von 14 Treffern. 1983 war das, als er auch in der Partie gegen O’Lar Hattingen neun Tore auf einmal schoss.

Wolfram Modest gilt als Koryphäe in Hattingen

“Eumel“ traf unzählige Male das gegnerische Tor und war von den Kontrahenten gefürchtet.
“Eumel“ traf unzählige Male das gegnerische Tor und war von den Kontrahenten gefürchtet. © WAZ | Hans-Peter Schuffert

Modest gilt als Koryphäe in Hattingen. Seine Spielweise auf dem Platz stand wohl in keinem Lehrbuch. Viel gelaufen ist er nicht, erzählen seine ehemaligen Mitspieler und Freunde. Er war eher der Strafraumstürmer, aber auch nicht der typische. Seine Waffe war sein linker Fuß. Kunstschüsse konnte er damit allerdings nicht.

„Ich habe keinen festen Schuss“, sagte er zum Ende seiner Karriere mal gegenüber der Hattinger Zeitung. Mit Gefühl überwand er damit die gegnerischen Torhüter, wenn er sich durch die Abwehr vor sie gewuselt hatte. „Vor dem Tor war er dann unberechenbar. Er war nicht der größte Kämpfer, aber listig. Alle wussten eigentlich auch, welchen Trick er macht. Damit ist er aber immer wieder durchgekommen“, weiß Ralf Weber, einer seiner Weggefährten und bis zuletzt guter Freund und direkter Nachbar. Der Kontakt bestand längst nicht nur zu den Glanzzeiten des VfL Winz-Baak in den 1980er-Jahren mit fünf Saisons in der Landesliga.

Spitzname „Eumel“ trägt er schon seit Schulzeiten

Da hatte Modest übrigens schon längst seinen Spitznamen „Eumel“. In der Schule wurde er so genannt, erst von einem, dann von allen. Und die Legende selbst soll mal gesagt haben: „Ich eumel die Bälle immer so rein.“ Ein Beleg für seine unorthodoxe Spielweise eben. Sein Markenzeichen sonst: der Vollbart.

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Trotzdem haben ihn die Gegner aus den Nachbarstädten nicht direkt wahrgenommen, wenn der VfL auswärts die Anlage betrat. „Er war eher unscheinbar. Jeder wusste, da ist ein ganz gefährlicher im Team. Aber erst im Spiel selbst wurde sichtbar, wer das ist. Eumel war zudem nicht eingebildet. Auch, wenn viele stolz darauf waren, ihn zu kennen und auf dem Platz mit ihm zu sprechen“, erinnert sich Bernd Aust, der zu den Landesliga-Zeiten mit ihm gemeinsam auflief.

Weggefährten des Hattingers auch neben dem Platz lange mit Modest in Kontakt

Laut Aust war „Eumel“ aber auch ein Typ mit Ecken und Kanten, geradeheraus. „Viel drum herum zu reden war nicht seine Art“, so Aust, der ihn als Freund kennengelernt und geschätzt hat, als verlässliche Person. Ein Kreis von Spielern, die damals in den 80ern für Winz-Baak kickten, war auch Jahre später noch in engem Kontakt.

Ralf Weber begleitete ihn auf seinem Weg bis zuletzt, auch als er bereits in den vergangenen Jahren gesundheitlich angeschlagen war. „Er hat sich aber damit abgefunden und noch mal zurückgekämpft“, erzählt Weber, der häufig noch mit ihm Kegeln war. In vielen gemeinsamen Jahren haben die beiden viele Erfolge gefeiert, von der E-Jugend bis zur Altliga. Egal, ob auf dem Feld oder in der Halle – immer vor vielen Zuschauern. Beide wurde als Altherren sogar noch einmal beim VfL reaktiviert.

Äußerlich als Fußballer eher unscheinbar

Der Fußballer Wolfram
Der Fußballer Wolfram "Eumel" Modest (r.) ist eine Legende im Hattinger Lokalsport. © WAZ | Hans-Peter Schuffert

Über die fußballerischen Qualitäten sind sich alle einig: sie waren herausragend. Auch, wenn man dies von der äußeren Erscheinung des eher kleineren Fußballers nicht unbedingt erwartet hätte. Er wirkte nicht so wie der Stürmer, der überall durchbricht. Und doch ist es ihm immer wieder gelungen.

Uwe Weiß, der Modest rund 55 Jahre lang kannte und schon früher im Rauendahl auf der Straße mit ihm gekickt hat, fasst seine Fähigkeiten zusammen: „Er war schnell, artistisch und eine Augenweide. Einer von wenigen Fußballern, die wir in Hattingen nicht oft haben.“

Trainer-Legende Hansi Wagner hatte „Eumel“ im Team

Trainer-Legende Hansi Wagner hatte Modest auch unter sich beim VfL. „Die Truppe damals war richtig klasse, Modest stach mit seinem Können daraus noch mal hervor. Er hatte aber auch seine Launen auf dem Platz“, sagt Wagner.

Er erinnert sich an ein Spiel gegen die SG Werne auf ganz tiefem Ascheplatz bei heftigem Regen. Modest hatte glatte Sambas an, Wagner schüttelte den Kopf, konnte ihn aber nicht überreden. „Und wer war am Ende der Mann auf dem Platz? Eumel.“