Sprockhövel. Am 28. Mai vor 20 Jahren jubelte die TSG Sprockhövel im Stadion im Baumhof. Als überraschender Meister stieg sie erstmals in die Oberliga auf.
Das neue Jahrtausend, es hatte direkt einen Meilenstein für die TSG Sprockhövel parat: an diesem Tag vor genau 20 Jahren, 28. Mai, Punkt 16.47 Uhr, als Schiedsrichter Thorsten Perschke seine Pfeife zum Mund führte und zweimal kräftig hineinblies – stieg der Verein erstmals in die Oberliga auf.
Schluss, aus, vorbei, grenzenloser Jubel unter der Mannschaft und vielen Anhängern – die TSG hatte im letzten Spiel einer famosen Verbandsligasaison den STV Horst-Emscher mit 2:0 bezwungen und schrieb damit Geschichte.
Erinnern wir uns.
Uli Meister feiert damals den Aufstieg am 51. Geburtstag
Die Ausgangslage vor der letzten Partie war für die Sprockhöveler hervorragend. Ein Punkt gegen Horst-Emscher reichte schon, um den Aufstieg perfekt zu machen und zudem feierte Vorstandschef Uli Meister an diesem Tag auch noch seinen 51. Geburtstag – an diesem 28. Mai wird er 71.
„Wir haben alles dafür getan, haben hervorragend trainiert und sind topfit. Mehr geht nicht“, sagte Erfolgstrainer Jörg Silberbach, der die Mannschaft im Jahr zuvor übernahm und vor dem Abstieg rettete, damals.
TSG bleibt unbeeindruckt von Sturmtief „Ginger“
Lediglich das Wetter hätte der TSG also noch einen Strich durch die Rechnung machen können, denn Sturm-Tief „Ginger“ hatte sich rechtzeitig zur Sprockhöveler Aufstiegsparty über dem Baumhof eingefunden. Aber die Silberbach-Elf blieb von den Wetterkapriolen unbeeindruckt und hatte das Spiel mit ihrer kontrollierten Offensive und ihrer Abgeklärtheit jederzeit voll im Griff.
Und nach gut 17 Minuten war es dann soweit. Der junge Robert Wasilewski brachte seine Mannschaft durch einen beherzten Flachschuss mit 1:0 in Führung und die knapp 2000 Zuschauer jubelten ihrem „Roberto“ zu.
Kapitän Marco Held macht den Deckel drauf
Neben Wasilewski sorgte damals auch immer wieder sein bester Kumpel Volker Pongratz für Torgefahr. Und wenn die Horster dann doch mal vor dem Sprockhöveler Tor auftauchten, war zumeist Endstation bei TSG-Keeper Björn Visarius.
Es war schon eine richtig gute Truppe, die Jörg Silberbach seinerzeit zur Verfügung hatte. Kapitän Marco Held zum Beispiel, der kurz vor dem Ende mit dem erlösenden 2:0 übrigens den Deckel drauf machte. Aber auch ganz viele junge Leute wie Manndecker Tobias Winterpacht, Libero Lars Möske und Stürmer Olaf Bruchhaus. Oder die beiden Mittelfeld-Strategen Tim Turek und Ingo Kleefeldt.
Und nicht zu vergessen den hoch talentierten Cetin Aydin, den man seinerzeit vom B-Ligisten VfL Winz-Baak verpflichtet hatte. Aydin kam im letzten Saisonspiel zwar nicht zum Einsatz, dafür aber Holger Lemke.
Trikot von Holger Lemke begehrt
Nach dem 2:0 wurde die Sprockhöveler Legende für die letzten zwei Minuten noch einmal für Wasilewski eingewechselt, obwohl der „alte Mann“ vorher nur noch in der Zweiten der TSG aktiv war. Aber Lemke wollte unbedingt seinen vierten Aufstieg im TSG-Trikot perfekt machen und freute sich tierisch, noch einmal dabei sein zu dürfen. Entsprechend groß war nach dem Schlusspfiff dann auch die Begierde nach seinem Trikot mit der Nummer 15.
Apropos Schlusspfiff: Klar gab es danach erst mal kein Halten mehr. Der gesperrte Stürmer Bruchhaus zauberte ein riesen „Oberliga – wir kommen!“-Banner aus der Tasche, der Sekt spritzte und Spieler, Fans und Verantwortliche lagen sich – wild singend zu „Anton aus Tirol“ und „Hände zum Himmel“-- in den Armen.
Eine „rauschende Festwoche“
André Meister, der damals schon Stadionsprecher war, aber noch aus einer alten Blechhütte heraus fungierte, erinnert sich: „Wir haben gegen Ende dem Abpfiff entgegengezittert. Und als es dann so weit war, sind alle Dämme gebrochen. Das war damals ein Highlight für ganz Sprockhövel und wir hatten eine rauschende Festwoche.“
Und als bereits einige Momente der Glückseligkeit vergangen waren, fielen sich dann auch Jörg Silberbach und Uli Meister glücklich in die Arme. Kein Wort, kein Gebrüll, nur ein lockeres gelöstes Lachen huschte über die beiden Gesichter. Sie hatten es einfach nur geschafft und genossen den eigentlich völlig unerwarteten Triumph, den sie sich gemeinsam, in einigen „Sitzungen“ in Uli Meisters Garten erarbeitet hatten. Dort hatten sie die Aufstiegspläne geschmiedet.
Und eben da, in Meisters Garten, hätte heute auch die große Wiedersehensparty steigen sollen. Gemeinsam wollten sich die Helden von einst das Champions-League-Finale ansehen und den 71. Geburtstag von Uli Meister feiern, aber die Corona-Pandemie hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Aber das werden wir definitiv nachholen“, so André Meister.
Eine rasante Entwicklung
Die TSG Sprockhövel legte damals eine rasante Entwicklung hin. Anfang der 1990er-Jahre dümpelte die Baumhof-Elf noch in den Niederungen der Bezirksliga umher. Doch mit dem Bau des Kunstrasens in 1992 nutzten die TSG-Verantwortlichen ihre neuen Chancen. Und sicherlich profitierte der Verein auch davon, dass der Vorstand über zahlreiche gute Kontakte in der Szene verfügte.
Mit der Verpflichtung von Trainer Friedhelm Schulte, der von den Amateuren des VfL Bochum kam, gelang den Verantwortlichen der große Wurf. Er war es, der die TSG innerhalb kürzester Zeit in die Verbandsliga führte, 1997 stieg Sprockhövel auf. Aber es gehörte sicherlich auch eine gehörige Portion Glück dazu.
Jörg Silberbach als Trainer-Neuling verpflichtet
Als Schulte aufhörte, setzte der Vorstand auf Risiko und verpflichtete mit Jörg Silberbach einen absoluten Trainer-Neuling, der sich schnell freischwamm und das Team als Spielertrainer aus dem Verbandsliga-Abstiegskampf in die Oberliga führte, der damals höchsten deutschen Amateurklasse.
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Und nachdem man in der ersten Oberliga-Saison die Klasse nicht halten konnte, gelang mit Silberbach im Jahr 2002 direkt der Wiederaufstieg. Dann gab es allerdings einen gewaltigen Umbruch. Einige Leistungsträger hörten auf oder waren schlichtweg nicht mehr zu halten. Aber den Verantwortlichen gelang es schließlich – durch weiterhin solide Arbeit und ein ausgereiftes Jugendkonzept – immer wieder talentierten Nachwuchs in den Seniorenbereich zu integrieren.
Ergebnis: Auch heute spielt die TSG noch in der Oberliga und zwischenzeitlich konnte sie sogar ein Jahr Regionalliga-Luft schnuppern.