Gladbeck. Aus den Trainingsgruppen von Heiner Preute (TV Gladbeck) sind etliche Topsportler hervorgegangen. Was treibt den Coach an, was zeichnet ihn aus?
Er ist der Gladbecker Meistermacher schlechthin. Seit dem 1. September 1991 arbeitet Heiner Preute als Trainer in der Leichtathletikabteilung des TV Gladbeck. Eigentlich jedes Jahr gewinnen seine Athletinnen und Athleten Titel. 2022 toppte aber noch einmal alles. In Hannah Neise wurde nämlich ein Sportlerin aus Heiner Preutes Trainingsgruppe Skeleton-Olympiasiegerin.
Womit schon viel gesagt ist über Heiner Preute. Der Mann kennt sich nicht nur in der Leichtathletik aus. Nein, in seiner inzwischen langen Karriere hat er stets über den Tellerrand hinausgeschaut und sich unter anderem auch im Bob- und Skeletonsport sowie im Handball eingebracht – und auch das stets erfolgreich.
Nachzufragen beispielsweise bei Annika Drazek, die zweimal Bob-Weltmeisterin wurde. Nachzufragen auch bei Michael Hegemann, der als Jungprofi in der 2. Liga mit Preute zusammenarbeitete, es in die Handball-Bundesliga und später in die Nationalmannschaft schaffte sowie in das Aufgebot der DHB-Elite, das 2007 im eigenen Land den WM-Titel holte.
Heiner Preutes größter Coup - Hannah Neise gewinnt Olympia-Gold
Sein größter Coup glückte Heiner Preute indes bei den Winterspielen im vergangenen Februar in Peking, als Hannah Neise Skeletongold gewann. „Ich habe immer davon geträumt, dass für eine meiner Athletinnen oder einen meiner Athleten einmal die Nationalhymne gespielt wird“, sagt der Trainer. „Dieser Traum ist in China in Erfüllung gegangen.“ Am Tag danach hatte er der WAZ verraten: „Ich bin völlig geflasht, völlig überwältigt, und ich habe ein paar Tränen verdrückt.“
Dass Hannah Neise in seiner Trainingsgruppe gelandet ist, war eigentlich ihrer Frau Mama zu verdanken. Die hatte Heiner Preute nämlich in Winterberg einfach angesprochen und gefragt, ob Hannah nicht mal zu einer Einheit vorbeischauen dürfe. Der Gladbecker Trainer hatte nichts dagegen. Dann tat sich erst einmal aber gar nichts.
Irgendwann schnappte sich Heiner Preute sein Handy und rief Hannah Neise an, um nachzuhören, ob sie nun interessiert sei, unter seiner Regie zu trainieren oder nicht. An den folgenden Dialog kann sich Preute nach wie vor Wort für Wort erinnern: „Hannah hat gesagt, dass sie ja noch keine Weltcupathletin sei.“ Antwort Heiner Preute: „Dann müssen wir sehen, dass du eine Weltcupathletin wirst.“
1987 ist Heiner Preute zum TV Gladbeck gewechselt
Inzwischen ist Hannah Neise längst eine feste Größe im Weltcup – und sie ist Olympiasiegerin! „Damit“, gibt ihr Gladbecker Trainer zu, „war nicht zu rechnen. Ich hatte im Stillen gehofft, dass Hannah um die Bronzemedaille mitfahren kann.“
Im Oktober 1987 ist Heiner Preute, damals noch als aktiver Leichtathlet, von Schalke 96 zum TV Gladbeck gewechselt. Vier Jahre später wurde er beim TVG Trainer. Was zeichnet ihn aus, was treibt ihn an? „Ich hatte immer Bock auf Leistungssport“, sagt er, „und ich bin immer meinen Weg gegangen. Es geht nur um die Athleten.“
Der Coach verlangt von seinen Schützlingen viel, weil er weiß, das Talent alleine nicht reicht, um erfolgreich zu sein. Er bringt aber auch selbst viel ein. „Ich mache zwei Wochen im Jahr Urlaub“, sagt er, „und haue mir 40 bis 45 Wochenenden im Jahr in Stadien oder Eisarenen um die Ohren.“ Nachdenken dürfe er darüber eigentlich nicht. „Es ist Leidenschaft“, sagt Heiner Preute.
Heiner Preute und Christopher Hallmann feiern tolle Erfolge
Fest steht: Sein Weg war und ist erfolgreich. Anno 2000 feierte er seinen ersten nationalen Titel. Seinerzeit wurde Christopher Hallmann über 400 Meter Deutscher B-Jugendmeister. Es war nicht der einzige Triumph des Gespanns Hallmann/Preute. 2004 gewann der aus Essen stammende Sportler mit 8045 Punkten den DM-Titel im Zehnkampf.
Und so ging es weiter in der Trainerkarriere von Heiner Preute. Unter seiner Regie und unter der des damaligen Leiters der Leichtathletik-Abteilung, Jürgen Schlebach, machte der TVG sich insbesondere einen Namen als Staffelhochburg. Die Bos-Brüder Matthias und Christian, Florian Lamers, Kevin Sellke, Sebastian Fricke und Peter Pyzera lieferten sich seinerzeit so manchen heißen Fight mit den Staffeln des TV Wattenscheid.
Apropos Bos, Matthias Bos, um genau zu sein. Der 400-Meter-Mann erzielte mit dem Europacupsieg Deutschlands anno 2007 in München das nominell beste Resultat in der Vereinsgeschichte des TV Gladbeck Leichtathletik.
Zusammenarbeit mit René Spies in Winterberg
Heiner Preute ist im Grunde seines Herzens Leichtathlet. Ihn fasziniert daran die „Vielfalt der Disziplinen“ und die Tatsache, dass man sich nicht verstecken kann. „Die Leichtathletik“, hat er mal in einem Interview aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des TV Gladbeck gesagt, „ist eine Sportart, in der man für seine Leistung allein verantwortlich ist. Stoppuhr und Maßband sind nicht zu betrügen, und man ist nicht von zehn Mannschaftsmitgliedern abhängig, die möglicherweise nicht dasselbe Ziel verfolgen wie man selbst.“
Ungeachtet dessen ist Heiner Preute inzwischen auch – oder vielmehr ja wieder – im Bob- sowie im Skeletonsport tätig. Zwischen 1988 und 1991 war er selbst aktiver Bobfahrer. Ab Ende der 90er Jahre war er zudem in Winterberg als Athletiktrainer beim Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverband beschäftigt.
Unter anderem bereitete der Gladbecker René Spies, der seit 2016 Bundestrainer ist, auf die Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City vor. Außerdem arbeitete er seinerzeit mit der jungen Sandra Kiriasis zusammen, die zu den besten deutschen Bobpilotinnen avancierte.
Bobanschieberin Annika Drazek gewinnt zweimal WM-Gold
„Mein leichtathletischer Trainingsansatz ist zunächst belächelt worden“, hat Preute einmal der WAZ erzählt. „Als René aber einen Weltcup in Altenberg gewonnen hat, hat niemand mehr gelächelt.“
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Den Kontakt zu René Spies & Co. hat Heiner Preute immer gehalten. Und so stieß er, acht Jahre ist das mittlerweile her, bei den Verantwortlichen in Winterberg auch sofort auf offene Ohren, als er von einer jungen Sprinterin aus Gladbeck berichtete, die sich als Bobanschieberin versuchen wollte.
Der Ausgang dieser Geschichte ist bekannt, Annika Drazek, so der Name der jungen Sprinterin, wurde nur zwei Jahre später mit Pilotin Anja Schneiderheinze und 2019 mit Mariama Jamanka jeweils Weltmeisterin im Zweierbob. „Annika“, sagt Heiner Preute, „hat den deutschen Frauenbobsport auf ein neues Niveau gehoben.“
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