Gladbeck. „Ein anderer Weg“ ist eine Biografie von Rudolf Schonhoff und eine Liebeserklärung an Schalke 04 – obwohl er sich einst gegen den Klub entschied.

Stellen Sie sich diese Situation vor: Sie sind Fußballer, Anfang/Mitte 20 Jahre jung und für den FC Schalke 04 bei den Amateuren aktiv. Nach einem Testspiel in Wien in der Bundesligamannschaft bieten Ihnen die Verantwortlichen der Königsblauen einen Profivertrag an. Wie würden Sie sich entscheiden?

Rudolf Schonhoff musste zwischen Profifußball und bürgerlichem Beruf wählen, das war im Jahre 1975. Der in Gladbeck heimisch gewordene Fußballverrückte ist seinerzeit nicht ins Lager der Berufskicker gewechselt. Über diese Entscheidung und über seine sportliche wie berufliche Karriere hat Schonhoff ein Buch mit dem Titel „Ein anderer Weg“ geschrieben, das jetzt im renommierten Frankfurter Verlag edition fischer erschienen ist.

Rudolf Schonhoff und seine Liebeserklärung an den FC Schalke 04

Die 273 Seiten sind allerdings mehr als eine Autobiografie Schonhoffs. Sie sind eine Liebeserklärung an den Fußball und vor allem auch eine Liebeserklärung an den FC Schalke 04, für den der Autor insgesamt 17 Jahre lang aktiv gewesen ist und dem er nach wie vor als treues Mitglied die Daumen drückt.

Rudolf Schonhoff (dritter von links oben) kickte schon in der Jugend im königsblauen Trikot des FC Schalke 04.
Rudolf Schonhoff (dritter von links oben) kickte schon in der Jugend im königsblauen Trikot des FC Schalke 04. © FUNKE Foto Services | Repro: Oliver Mengedoht

Dass er kein Profi geworden ist, sondern seinen zuvor schon eingeschlagenen Weg als Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft weitergegangen ist, bereut Schonhoff nicht. Er schreibt: „Aus heutiger Sicht habe ich mein fußballerisches Talent wohl richtig eingeschätzt und daraus die richtige Entscheidung getroffen. Ich habe mich seinerzeit für einen anderen Lebensweg entschieden und war in einem bürgerlichen Beruf im Rahmen meiner Möglichkeiten durchaus sehr erfolgreich.“

Entdeckt von Meisterspieler Berni Klodt

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Es waren andere Fußballzeiten als heute im Ruhrgebiet der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Statt in Leistungszentren kickten Jungs wie Rudolf Schonhoff in den Hinterhöfen und auf Bolzplätzen, statt Laptoptrainer arbeiteten in den großen Klubs vielfach verdiente Ehemalige als Übungsleiter, beim FC Schalke 04: etwa Berni Klodt.

Berni Klodt, Spieler der legendären Meistermannschaft von 1958 und Mitglied der Nationalmannschaft, die 1954 in der Schweiz Weltmeister geworden ist, erkannte bei einer Art Probetraining das Talent Schonhoffs (und das von drei Freunden) – und so wurde der damals Zehnjährige am 26. September 1962 Mitglied beim FC Schalke 04. Er spielte in den Knaben, bei den Schülern, in der Jugend und schließlich in der 1. Amateurmannschaft der Knappen.

Zwei Bundesligaspiele für die Königsblauen

Immer mal wieder half Schonhoff bei den Profis aus. Dabei machte er seine Sache gut. 1975 etwa schaltete der Abwehrspieler in einem Freundschaftsspiel bei Rapid Wien den österreichischen Torjäger Hans Krankl aus, der drei Jahre später in Argentinien das WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft perfekt machen sollte.

Rudolf Schonhoff spielte mit Stolz für Schalke. Hier ist er als dritter von links im Spiel gegen den MSV Duisburg am 16. August 1975 zu sehen.
Rudolf Schonhoff spielte mit Stolz für Schalke. Hier ist er als dritter von links im Spiel gegen den MSV Duisburg am 16. August 1975 zu sehen. © FUNKE Foto Services | Repro: Oliver Mengedoht

Zweimal durfte Schonhoff in der Bundesliga ran, das war in der Saison 1975/76 zunächst in der Begegnung mit dem MSV Duisburg (5:1), vor der die Bild-Zeitung mit Blick auf Schonhoff getitelt hatte „Ein ‘blutiger Anfänger’ soll Schalke 04 retten“, und schließlich in der Partie bei Eintracht Braunschweig (1:4).

Später kickte Rudolf Schonhoff beim TSV Feldhausen in der Kreisliga B

Diese beiden Spiele sollten die einzigen für Schonhoff in der höchsten deutschen Spielklasse bleiben. Für ihn kein Problem: „Dass ich letztlich die Chance bekam, meinen Idolen so nahe zu sein und sogar neben ihnen auflaufen und mit ihnen um Punkte spielen zu dürfen, ist ein wahr gewordener Traum.“

Weil Rudolf Schonhoff nie die Absicht hatte, Profi zu werden, hatte er später auch überhaupt keine Probleme damit, in unteren Ligen seinem Hobby zu frönen. Nach seiner Schalker Zeit schloss er sich, auch aus beruflichen und familiären Gründen, dem damaligen B-Ligisten TSV Feldhausen an.

Kirchhellen bleibt mehr im Gedächtnis als Barcelona, Wien und Prag

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Es ist bezeichnend für Rudolf Schonhoff, diesen „fußballbegeisterten Jungen“, wie er sich selbst im Untertitel seines Buchs nennt, dass er ein Aufeinandertreffen mit Feldhausen gegen den VfB Kirchhellen im Kreispokal, das der TSV mit 3:0 gewinnen konnte, „sicher mit zu den Highlights meiner Laufbahn als Fußballer“ zählt. Wohlgemerkt: Für Schonhoff stehen zwei Bundesliga-Einsätze zu Buche und beispielsweise auch Spiele mit den Schalker Profis gegen Rapid Wien, Slavia Prag, Athletico Bilbao und Espanyol Barcelona!

Ganz am Ende des detailreichen Buches, in dem er sich auch sehr kritisch über die Entwicklung des Profifußballs äußert, betont Schonhoff: „Die sogenannten ‘alten Zeiten’ waren zwar nicht unbedingt immer besser, wie so oft und gern behauptet wird, derer man sich aber auch nicht zu schämen braucht! Erinnerungen an früher Erlebtes sind einem großen Garten gleich, einem Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann.“

Info: Die Vorworte zu „Ein anderer Weg“ stammen von zwei namhaften Weggefährten Schonhoffs. Zum einen steuerte Bodo Menze, einer der Urväter der Knappenschmiede, nette, aber auch nachdenkliche Worte bei, zum anderen Schalkes Kult-Jugendtrainer Norbert Elgert. Aus dem Eigenerlös des Buchs wird Rudolf Schonhoff übrigens dem Internationalen Hilfsfonds e. V. und der Organisation „Brot für die Welt“ eine Spende zur Verfügung stellen.

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