Gladbeck. Thomas Seeger hat vom Profifußball die Nase voll. Der Gladbecker hat sich dazu bei Facebook geäußert. Die WAZ hat bei dem 56-Jährigen nachgehakt.

„Ich bin eigentlich keiner, der oft bei Facebook einen Fußabdruck hinterlässt.“ Das sagt Thomas Seeger. Doch in ihm hatte es schon länger gebrodelt. Und deshalb hat der 56-jährige Gladbecker jetzt einen größeren Fußabdruck bei Facebook hinterlassen. Der Fußballfan rechnet in einem längeren Beitrag gnadenlos mit dem Profisystem ab.

Thomas Seeger war früher selbst aktiv, in der Freizeitliga. Außerdem hat er als Jugendtrainer beim SV Horst 08, bei Hessler 08 und der SSV Buer Kindern das Fußballspielen beigebracht. Zudem verfasste der Gladbecker gemeinsam mit Alexander Witt ein Buch mit dem Titel „Mama, wo sind die Fußballschuhe“, das 2009 erschienen ist.

Thomas Seeger war Fußballfan durch und durch

Der Mann war Fußballfan durch und durch. Fußball, das sei für ihn jahrelang das Highlight der Woche gewesen, bekennt Seeger. Doch seit dem Beginn der Corona-Krise hätten die Profiklubs, deren Funktionäre und Spieler mit ihrem Verhalten dazu beigetragen, dass dieses Interesse stark nachgelassen habe.

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Angefangen habe dies, als die Bundesligavereine im vergangenen Jahr ankündigten, in ihrer Existenz bedroht zu sein, falls nicht gespielt werden dürfe. Seeger schreibt: „Ich dachte, ich höre nicht richtig. Was haben die denn gemacht mit all der Kohle und den Einnahmen der fetten Jahre?“

Während Profifußballer kicken, dürfen Kinder nicht trainieren

Und der Gladbecker stellt Fragen, die für seine mittlerweile überaus kritische Haltung verantwortlich sind. Warum dürfen die Profifußballer kicken, während andere Unternehmen, Kulturbetriebe und Amateursportvereine dicht machen müssen? Warum dürfen die Berufskicker spielen, während Kinder und Jugendliche nicht trainieren, geschweige denn zur Schule gehen dürfen? Und warum darf die Fußballelite durch halb Europa jetten, um Spiele auszutragen, während die meisten Menschen abwägen müssen, mit wem sie Ostern oder Weihnachten feiern können?

Seine Antwort auf diese Fragen fällt im Gespräch mit dieser Zeitung kurz und knapp aus: „Es geht wohl um Brot und Spiele.“

Super League und Champions-League-Reform finden nicht Seegers Beifall

Thomas Seeger weiter: „Aber nicht nur das, nein, nein! Die Profis lassen sich fleißig Tattoos stechen, lassen Friseure zur Haarpflege einfliegen, schmeißen Party around the world und werden von den Vereinen nur oberflächig sanktioniert.“ Die Funktionäre - er erwähnt namentlich die Bayern Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß - seien auch nicht besser.

Thomas Seeger, Fußballfan aus Gladbeck, rechnet mit dem Profifußball ab.
Thomas Seeger, Fußballfan aus Gladbeck, rechnet mit dem Profifußball ab. © Seeger

Dass die jüngsten Pläne zur Gründung einer Super League und die beschlossene Reform der Champions League durch die UEFA nicht den Applaus des Gladbeckers finden, versteht sich von selbst. Seeger betont: „Der Zauber ist verloren – zumindest für mich. Ich merke, wie ich von Woche zu Woche meine Leidenschaft für den Profifußball verliere und auch immer weiter von den Angeboten im TV gar keine Notiz mehr nehme.“

Thomas Seeger wird sich Amateurfuballspiele angucken

Fußballfan, das steht fest, wird Thomas Seeger bleiben, auch Schalke-Anhänger („Ich werde weiterhin blau-weiß angehaucht durch die Welt gehen“). Und doch wird er, wenn die Pandemie überstanden ist, sonntags lieber Amateurspiele gucken - „bei SV Hessler 06, BV Rentfort, FC Horst 59, SC Schaffrath und SSV Buer 07/28“.

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Im WAZ-Gespräch betont er: „Diese Vereine habe ich beispielhaft genannt, viele andere leisten ebenso hervorragende Arbeit.“ Seeger: „Hier regieren nicht das Geld, die Gier und die Arroganz der Profis. Hier erlebt man noch leidenschaftlichen Sport, viele Ehrenamtler mit Herz für ihren Verein und ehrliche Spieler.“