Gelsenkirchen. Vor wenigen Monaten sorgten die Leichtathleten national für Furore, die Handballer waren ambitioniert und die Basketballer sogar Zweitligist.

Es ist genau sieben Monate her, da sorgten Lilly Kaden und Mateusz Lewandowski für Glücksgefühle im Trikot des FC Schalke 04.

Deutsche Meisterin über 100 Meter

Die Sprinterin wurde in Heilbronn in 11,32 Sekunden Deutsche U20-Meisterin über 100 Meter. Auch Mateusz Lewandowski setzte in Heilbronn im S04-Dress ein dickes Ausrufezeichen: Das Talent wurde über 400 Meter Hürden in 53,44 Sekunden Deutscher U18-Champion.

Mittlerweile sprintet Lilly Kaden für die LG Olympia Dortmund. Mateusz Lewandowski trägt jetzt das Trikot des TV Wattenscheid 01. Mehrkämpfer Lennart Ogaza ist ebenfalls ins benachbarte Wattenscheid gewechselt.

S04-Trainingsgruppe existiert nicht mehr

Alle drei zählten zur Trainingsgruppe des langjährigen S04-Coaches Timo Krampen, der sich aus beruflichen und privaten Gründen Richtung Kreis Heinsberg verändert hat. Die Trainingsgruppe existiert nicht mehr.

Krampen sagt im Gespräch mit der WAZ: „Es war meine eigene Entscheidung, bei Schalke aufzuhören. Für den Verein tut mir die Entwicklung unheimlich leid, aber ich bin mit mir im Reinen. Jeden, der mal mit Schalke zu tun hatte oder für den Verein gearbeitet hat, schmerzt das, was jetzt gerade passiert.“

Strikter Sparkurs auf Schalke


Bei Schalke wird in nahezu allen Bereichen der Rotstift angesetzt. Gerade wurde den Oberliga-Handballern mitgeteilt, dass ihnen für Spieler ab sofort kein Cent mehr zur Verfügung steht und man die Ressourcen verstärkt für den Breitensport verwenden will.

Mehrere hoffnungsvolle Handball-Talente werden den Schalkern durch den neuen Sparkurs von der Fahne gehen. Die sportliche Liga-Zugehörigkeit der S04-Handballer ist ungewiss.

Vor einem Jahr hatte Schalke 04 auch bei seinen Profi-Basketballern einen Cut gemacht und keine Lizenz mehr für die 2. Liga beantragt. Auch hier wird jetzt nur noch auf kleiner Flamme Basketball angeboten.

Steinert sieht traurige Entwicklung

Tobias Steinert, langjähriger Chef der S04-Korbjäger, stellt fest: „Die Entwicklung bei den Schalker Sportarten außerhalb des Fußballs stimmt einen schon traurig."

Steinert fasst zusammen: "Die Handballer haben es in den letzten Jahren gut gemacht. Wir sind mit den Basketballern innerhalb von vier Jahren von der Regionalliga in die 2. Basketball Bundesliga ProA aufgestiegen. Die S04-Leichtathleten haben tolle Erfolge erzielt. All das ist jetzt nicht mehr vorhanden.“

Oder anders formuliert: Bei Schalke steckt Sand im Getriebe.

„Es ist schwierig, etwas Nachhaltiges zu entwickeln“, sag Steinert, „ der Fußball ist sicher das Schalker Zugpferd, aber es gibt in dem Verein auch noch mehr.“

Erst Fußball, dann lange nichts

Timo Krampen schlägt in die gleiche Kerbe: „Gelsenkirchen verbindet man in erster Linie mit Fußball. Dann kommt sehr lange nichts.“

Höherklassige sportliche Vielfalt fehlt in Gelsenkirchen

Für die Sportstadt Gelsenkirchen ist die Entwicklung Gift. „Hier fehlt die Sportvielfalt im höherklassigen Bereich. Es gibt fast nur noch Breitensport. Das ist schon hart für eine solche Großstadt“, bilanziert Tobias Steinert.

Aufreger-Thema S04-Sparkurs

Auch bei den Bürgern ist der S04- Sparkurs ein Aufreger-Thema. Schalke-Fan Detlef Jansen (51) wandte sich in einem Schreiben an die Redaktion. Jansen bezeichnet das Zudrehen des Geldhahns bei den Handballern als „erbärmliches Armutszeugnis“ und kommt zu der Feststellung: „Der ach so tolle Slogan „Wir leben dich“ sollte sofort umbenannt werden in „Fußball-Profi- Abteilung wir leben dich.“