Schalke. Wegen des Absturzes der Profi-Fußballer stehen die Schalker Handballer vor einer ungewissen Zukunft. Leistungs- oder Breitensport? Eine Analyse.
In einigen Nachbarstädten ist es längst ein Thema. In Gladbeck fragen sie sich zum Beispiel beim VfL, in Witten beim TuS Bommern: Wie geht es bei den Handballern des FC Schalke 04 angesichts der dramatischen Situation der Fußball-Profis, die schnurstracks Richtung 2. Bundesliga steuern, weiter? Wird es vom Hauptverein, der sowieso erheblich verschuldet ist und nach einem Abstieg aus der Beletage des deutschen Fußballs die berühmten Brötchen um ein weiteres Maß kleiner backen müsste, noch genügend Geld geben, um weiterhin eine Mannschaft in der Handball-Oberliga stellen zu können? Eine, die auch noch wettbewerbsfähig wäre? Es herrscht Ungewissheit.
Rückblick
Im April des vergangenen Jahres kam das für die Profi-Basketballer des FC Schalke 04 sehr schockierende Aus, als sie gerade neue Hoffnung im Kampf um den Klassenerhalt in der Pro-A-Liga der 2. Bundesliga geschöpft hatten, der damalige Finanzvorstand Peter Peters dieses Kapitel aber vor laufenden Kameras für beendet erklärte: kein Lizenzantrag für 2020/21. Seine Worte als zusammengefasste Kurzversion: Das lohnt sich nicht, weil es dem Verein keine Gewinne, sondern nur Verluste bringt.
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Wegen der von Peter Peters seinerzeit angesprochenen Ausrichtung auf den Breitensport – „ein Angebot für die Bürger in Gelsenkirchen“, sagte er im April 2020 – kam schon vor einem Jahr die Frage auf, ob die Handballer des Klubs denn 2020/21 noch Oberligist sein könnten. Konnten sie – wenn auch mit finanziellen Abstrichen, aber mit einer Mannschaft, die mindestens das Potenzial zum Klassenerhalt hat.
Ist-Stand
Der Handballverband Westfalen hat die Saison wegen der Corona-Pandemie abgebrochen. Es soll allerdings, sofern möglich, für interessierte Vereine – wie etwa den VfL Gladbeck – eine Aufstiegsrunde sowie für andere einen Ligapokal geben. Für jene Aufstiegsrunde hat der FC Schalke 04 nicht gemeldet. „Wir haben eine junge Mannschaft, die im Umbruch steckt, und sind sportlich im Moment nicht so ambitioniert, in die 3. Liga zu wechseln“, hat Abteilungsleiter Daniel Nienhaus im Februar gesagt.
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Weil es keine Absteiger geben wird, haben die Schalker, die nur ein Saisonspiel bestritten haben – das Team von Trainer Daniel van den Boom besiegte am 3. Oktober in der Schürenkamp-Halle den HTV Hemer mit 26:23 –, ihren Oberliga-Platz sicher. Eigentlich. Das Problem: Weil die Ausrichtung beim Hauptverein noch nicht geklärt zu sein scheint und es auch noch keine Gespräche gegeben hat, ist die Handball-Abteilung momentan handlungsunfähig.
Im Klartext: Aktuell gibt es für die Saison 2021/22 noch keinen einzigen Spieler, weil völlig offen ist, mit welchen Summen verhandelt werden darf – mit den Handballern, die bleiben sollen, aber auch mit denen, die vielleicht kommen könnten. Und es ist kein Geheimnis, dass es Konkurrenten gibt, die den einen oder anderen Schalker allzu gerne in ihrem Trikot sähen.
Ausblick
Nach WAZ-Informationen wird wohl nicht das eintreten, was viele Insider schon befürchten, nämlich dass der Hauptverein FC Schalke 04 seiner Handball-Abteilung den Geldhahn komplett zudrehen wird. Es scheint aber so zu sein, dass das Team um Abteilungsleiter Daniel Nienhaus auf jeden Fall mit weniger Euros auskommen muss als 2020/21 und dem Absturz der Fußballer Tribut zollen muss. Erst recht, wenn der wahrscheinliche Fall eintreten wird, dass die Mannschaft von Trainer Dimitrios Grammozis in die 2. Bundesliga purzeln wird.
Allerdings wird die Zeit, um eine Mannschaft für die neue Saison zusammenzustellen, immer knapper. Fast alle Konkurrenten sind den Schalker Handballern in diesem Punkt schon enteilt, manche sogar weit.
Vermutung
Weil das Beispiel der Basketballer bewiesen hat, dass die Ligazugehörigkeit der Randsport-Abteilungen für den FC Schalke 04 nicht entscheidend zu sein scheint und diese vor allem nichts kosten sollen beziehungsweise dürfen, fällt es nicht leicht, weiterhin an Oberliga-Handball in Gelsenkirchen zu glauben.
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Zumal anzunehmen ist, dass sich der Hauptverein nach dem Abstieg außerhalb des Fußball-Geschäfts auch mit seiner aktuellen Finanzchefin Christina Rühl-Hamers noch intensiver auf den günstigen Peter-Peters-Breitensport besinnen wird. Das hieße vielleicht noch Landesliga-Handball, aber niemals Handball in der Oberliga. Das ist nämlich die 4. Liga in Deutschland, und dort gibt es keine kostenlosen Breitensportler.
Bemerkung
Der FC Schalke 04 will sich momentan zu diesen Spekulationen nicht äußern.