Günter Pruin, der ehemalige Geschäftsführer von Gelsensport, schreibt Oma Hagel und nimmt in Sachen Kunstrasen den Fußballkreis in die Pflicht.

Liebe Oma Hagel,

zunächst möchte ich mich bei Ihnen dafür entschuldigen, dass ich Ihnen fast ein Jahr nicht geschrieben habe.

Aber Ihr Enkel Andree hat mir zwischendurch immer über Ihren Gesundheitszustand berichtet, und ich weiß, dass es Ihnen gutgeht. Darüber freue ich mich sehr, denn Sie leben ja mittlerweile in einem Altenheim und gehören in dieser Corona-Zeit zur sogenannten Risikogruppe. Das ist für Sie sicher alles nur sehr schwer zu ertragen; aber Sie haben ja Andree, der sich, so weit es geht, um Sie kümmert.

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Unter den Vorzeichen der Pandemie war es für uns alle ein Jahr, das wir so schnell wie möglich vergessen möchten. Aber es gibt ja nun die ersten Möglichkeiten, sich impfen zu lassen, und da sind Sie dann schnell dabei. Das schafft hoffentlich die Motivation, weiter durchzuhalten.

Bewährungsprobe für Gelsensport-Geschäftsführer Marco Baron

Nun aber komme ich zu Ihrem Lieblingsthema, und das ist der Sport in Gelsenkirchen. Andree hat mir gesagt, dass Ihr Interesse daran nach wie vor groß ist.

Marco Baron ist seit Februar Gelsensport-Geschäftsführer und Nachfolger von Günter Pruin.
Marco Baron ist seit Februar Gelsensport-Geschäftsführer und Nachfolger von Günter Pruin. © Lutz von Staegmann

Für mich persönlich hat es auch große Veränderungen gegeben. Seit zehn Monaten bin ich nicht mehr Geschäftsführer von Gelsensport, aber immer noch sehr intensiv bei der Sportentwicklung mit dabei. Auch hier im Gelsenkirchener Sport kommen wir an Corona nicht vorbei. Was die Vereine und die Sport-treibenden Menschen an Einschränkungen und Belastungen ertragen müssen, ist schon sehr außergewöhnlich. Ich denke, dass Sie sofort damit einverstanden sind, wenn ich schreibe, dass die Vereine sehr diszipliniert und verantwortungsvoll damit umgegangen sind.

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Da gab es sehr viele Entscheidungen, die nur schwer zu erklären waren und die Geduld oftmals strapaziert haben. Auch für den neuen Geschäftsführer, Marco Baron, war es eine große Bewährungsprobe, dies alles zusammen mit der Stadt zu organisieren. Aber mal unter uns: Das hat er sehr gut hinbekommen. Nun haben wir den zweiten Lockdown, und es bleibt die Hoffnung, dass es im nächsten Jahr Schritt für Schritt wieder zurück zur Normalität geht. Das wird weiterhin große Geduld erfordern, aber es muss alles getan werden (auch finanziell), um den Vereinen das Überleben zu sichern.

800.000 Euro stehen jährlich für den gesamten Gelsenkirchener Sport zur Verfügung

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Liebe Oma Hagel, da kommt mir sofort der FC Schalke 04 in den Kopf. Das hätten wir uns auch nicht träumen lassen, wie schnell es gehen kann, dass der Verein sportlich und finanziell ums Überleben kämpft. An dieser Stelle will ich mich zu den Rahmenbedingungen, die zu dieser Krise geführt haben, nicht weiter äußern. Es bleibt – denke ich – unser beider Wunsch, dass der Verein die Kurve bekommt, und zwar sowohl sportlich als auch finanziell. Der Abstieg muss unbedingt verhindert werden, denn das wäre eine Katastrophe für den Verein, die Fans und auch für die Stadt Gelsenkirchen.

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Damit ist auch Andrees Lieblingsprojekt einer großen Sporthalle für Basketball und Handball zumindest auf längere Zeit nicht realisierbar. Die Stadt kann dieses Projekt unmöglich allein auf den Weg bringen, und Schalke 04 hat da aktuell andere Schwerpunkte. Sie wissen: Es stehen der Stadt Gelsenkirchen jährlich nur zirka 800.000 Euro für Investitionen zur Verfügung, und zwar für den gesamten Sport.

Kunstrasenplätze in Gelsenkirchen: Öffentliche Darstellung ärgert Günter Pruin

Günter Pruin sorgt sich um den FC Schalke 04. „Der Abstieg“, sagt der ehemalige Gelsensport-Geschäftsführer, „wäre eine Katastrophe für den Verein, die Fans und auch die Stadt Gelsenkirchen.“
Günter Pruin sorgt sich um den FC Schalke 04. „Der Abstieg“, sagt der ehemalige Gelsensport-Geschäftsführer, „wäre eine Katastrophe für den Verein, die Fans und auch die Stadt Gelsenkirchen.“ © Martin Möller

Ein ganz anderes Thema: Im September waren Kommunalwahlen in Gelsenkirchen, und die haben dazu geführt, dass SPD und CDU im Rahmen einer Koalitionsvereinbarung gemeinsame Ziele abgesteckt haben. Aus Sicht des Sports ist deren eindeutiges Bekenntnis zu Gelsensport besonders wichtig. Zum einen spart die Stadt seit vielen Jahren Millionen Euro durch den Vertrag mit Gelsensport, und zum anderen müssen die Sportvereine keine Betriebskosten zahlen. Wirtschaftlich nennt man das heute eine Win-win-Situation. Die Garantie für den Fortbestand von Gelsensport freut Sie bestimmt, denn Sie sind ja ein bekennender Fan unserer Organisation.

Es gibt aber, liebe Oma Hagel, noch ein weiteres großes Thema im Sport, und das ist die Diskussion um Kunstrasenplätze. Mich ärgert, wenn es immer so dargestellt wird, dass Gelsensport dafür verantwortlich ist, dass aktuell keine weiteren Kunstrasenspielfelder mehr gebaut werden.

Fußballvereine haben den Löwenanteil der Sportpauschale erhalten

Sagen Sie dem Andree mal, dass der Sportausschuss beschlossen hatte, nur kleine Spielfelder zu bauen, und über neue große Spielfelder erst nach der Wahl entschieden werden soll. Es ist doch klar: Alle Vereine wollen ein großes Spielfeld mit Kunstrasen, und das möglichst sofort. Das ist nicht finanzierbar, und es kommt hinzu, dass die Fußballvereine sowieso schon den Löwenanteil der Sportpauschale in den zurückliegenden Jahren erhalten haben.

Hier ist der Fußballkreis gefordert, endlich einmal ein Konzept vorzulegen, wie es weitergehen könnte, indem er zum Beispiel bezirksbezogene Konzepte entwickelt. Der Kreis macht sich da einen schlanken Fuß – so sagte man früher. Er vergisst auch immer zu erwähnen, dass er alle bisherigen politischen Entscheidungen mitgetragen hat. Gelsensport und auch die Politik wären da sicher dankbar, wenn hier mal konstruktive Vorschläge kämen. Na ja, Oma Hagel, mal sehen, was 2021 passiert.

Gelsensport wird sicher seine Projekte der sozialen Teilhabe und auch die gute Arbeit im Bereich der Geflüchteten und des Zuzugs Südost fortsetzen. Hier wird ein großer Beitrag zur Integration geleistet.

Immer mehr Menschen betreiben ihren Sport außerhalb der Vereine

Was Sie sicher nicht wissen, ist, dass Gelsensport schon mehr als zehn Jahre auf dem sozialen Arbeitsmarkt unterwegs ist. Im Durchschnitt sind zirka 50 Menschen bei uns beschäftigt, die die Vereine vor Ort unterstützen. Das schafft zumindest Arbeitsplätze für mehrere Jahre, und das ist ein wichtiges Anliegen einer Sportorganisation wie Gelsensport. Hier wird es auch in Zukunft weitere Anstrengungen geben.

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Auch über die Zukunft wird bei Gelsensport diskutiert. Es ist nicht zu übersehen, dass immer mehr Menschen ihren Sport außerhalb der Vereine betreiben. Auch darum muss Gelsensport sich kümmern. In Hassel läuft ein großes Projekt mit Namen „Bewegtes Hassel“, und es wird neue Trendsportangebote geben, wie zum Beispiel „Sport im Park“. Der Erfolg in der Anfangsphase ist groß. Aktuell arbeitet Gelsensport an einem Bewegungsraumkonzept für die ganze Stadt.

Gelsensport erhält einen neuen Internet-Auftritt und arbeitet an einer App

Aber auch für Seniorinnen und Senioren gibt es Angebote. Wäre vielleicht auch etwas für Sie dabei? Da ich ja mittlerweile auch schon 70 Jahre alt bin, könnten wir doch auch mal zusammen in einer Turnhalle auftauchen. Das wäre doch ein großer Spaß.

Nicht zuletzt will ich auch noch unsere Anstrengungen in Richtung Digitalisierung erwähnen. Wir haben einen neuen Internet-Auftritt bekommen und arbeiten an einer App, die so etwas wie eine Plattform für den Gelsenkirchener Sport werden soll. Das kann Ihnen der Andree mal im Detail erklären.

Gelsenkirchen hat eine neue Sportdezernentin: Anne Heselhaus

Anne Heselhaus ist seit Oktober Gelsenkirchens Sportdezernentin. Sie hat die Nachfolge von Annette Berg angetreten.
Anne Heselhaus ist seit Oktober Gelsenkirchens Sportdezernentin. Sie hat die Nachfolge von Annette Berg angetreten. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Liebe Oma Hagel, Sie sehen, es läuft eine ganze Menge – und fast hätte ich es vergessen: Wir haben in Gelsenkirchen eine neue Sportdezernentin: Anne Heselhaus. Da wird es bestimmt auch spannende Diskussionen geben. Darauf freuen wir uns. Also bleiben Sie gesund und trotzen Corona, Sie kennen ja die AHA+L-Regel. Aber Sie werden Ihr Altenheim schon aufmischen, wenn es da Probleme geben sollte.

Ich wünsche Ihnen ein gesundes neues Jahr und einen Enkel, der weiterhin so intensiv für Sie da ist.

Ihr Günter Pruin

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