Gelsenkirchen. Stadträtin Anne Heselhaus ist erst seit Oktober im Dienst, aber längst angekommen. Wie sie langfristigeres Denken angeht, lesen Sie hier.
Am 1. Oktober hat Anne Heselhaus ihren Dienst als Stadträtin im Bereich Kultur, Bildung, Jugend, Sport und Integration angetreten. Dass die Juristin und ehemalige Polizeipräsidentin Gelsenkirchens nicht einmal die üblichen ersten 100 Tage abwartet, bevor sie ihr erstes Interview zum Stand der Dinge in ihrem großen Aufgabenbereich gibt, ist kein Zufall. Das Arbeitstempo der 57-Jährigen ist hoch.
WAZ: Frau Heselhaus, wie zufrieden sind Sie mit den jüngsten Informationen aus Düsseldorf zum Schulunterricht ab 11. Januar?
Anne Heselhaus: Für mich war da nichts Neues drin, die Schulleitungen wissen nach wie vor nicht, wie es am 11. Januar weitergeht. Ich habe als Schulträger für den 6. Januar die Schulformsprecher, die Schulaufsicht inklusive der oberen Schulaufsichtsbehörde zu einer gemeinsamen Telefonschaltkonferenz eingeladen. Auf der Tagesordnung werden die Auswirkungen der Gespräche von Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten auf uns stehen, die Staffelung der Unterrichts-Anfangszeiten, aber auch unsere Möglichkeiten als Schulträger, weitere geeignete Räume für den Schulunterricht zur Verfügung zu stellen. Wir haben Räume im Blick, die Eignung wird geprüft. Gleiches gilt für digitale Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer, die wir als Schulträger noch anbieten können. Thema werden auch die Anmeldeverfahren für weiterführende Schulen sein, die im Februar laufen müssen. Ich nehme das alles mit in die Ferien.
Die Frage, wie weit sie schon angekommen sind, stellt sich ganz offensichtlich nicht. Was treibt Sie an?
Es gibt viele Faktoren, die ich aktuell nicht vorhersehen kann, vor allem natürlich die Entwicklung der Inzidenzzahlen. Ich rechne eher nicht mit einem Absinken nach Weihnachten. Meiner Meinung nach müssen wir bei der Schulplanung bis Ostern denken. Um handlungsfähig zu sein, müssen wir langfristiger denken. Deshalb plane ich voraus, soweit möglich. Ich sehe uns in der Verantwortung und der möchte ich gerecht werden. Ich arbeite sehr viel, aber ich freue mich, dass ich soviel Gestaltungsmöglichkeiten habe. Ich möchte etwas tun für die Stadt und die Menschen hier.
Welches Unterrichtsmodell würden Sie bevorzugen?
Trotz alle damit verbundenen Schwierigkeiten für die Eltern im Hinblick auf die Betreuung: Täglichen Wechselunterricht. Damit wir die Kinder und das Kindeswohl im Blick behalten. Das ist wichtig, das meldet mir auch das Jugendamt. Zum Thema Kinderschutz plane ich eine Intensivierung der Vernetzung, mit den Familienrichtern, Polizei und anderen. Ich habe selbst am Oberlandesgericht im Familiensenat gearbeitet, von daher bin ich im Thema. Gelsenkirchen ist schon sehr weit in der Präventionsarbeit. Ich bedaure sehr, dass ich coronabedingt noch keine Gelegenheit hatte, auch Mitarbeiter des allgemeinen sozialen Dienstes zu begleiten.
Wie geht es mit den digitalen Endgeräten weiter?
Allen Schulen im Stadtbezirk West haben wir noch vor den Ferien die auf sie zu verteilenden IPads komplett ausgeliefert. Die übrigen Schulen werden jetzt sukzessive und schnellstmöglich ausgestattet. Die Installation der Lehrerlaptops ist ebenfalls abgeschlossen. Auch diese Geräte werden wir nun umgehend an die Schulen verteilen. Wir prüfen auch, ob wir für Schüler, die zuhause kein WLAN haben, Lösungen bieten können.
Was steht sonst noch auf Ihrer To-Do-Liste?
Ich kenne Gelsenkirchen zwar recht gut, lebe seit 2014 hier, bin regelmäßige Besucherin des Musiktheaters. Aber ich möchte ganzheitlich für die Stadt arbeiten, die Bereiche meines Dezernats mit Bildung, Kultur, Jugend, Sport und Integration zusammen denken und deshalb auch die Stadt insoweit noch besser kennenlernen. Um die Menschen mitzunehmen und der Stadt dadurch am Ende auch eine Wertschöpfung zu ermöglichen. Aber ein Neubeginn ist in Zeiten von Corona schwer. Das betrifft schon das persönliche Kennenlernen. Meine Kommunikation lebt auch von Mimik und Gestik, das ist in Videokonferenzen schwer einsetzbar, das emotional-soziale Andocken ist schwerer damit, wenn man Menschen neu kennenlernt. Was ich aber sagen muss: Ich bin sehr beeindruckt, wie engagiert hier alle – Lehrer, Erzieher, alle Mitarbeiter meines Verwaltungsbereichs – trotz Corona unterwegs sind, um Kinder, Familien und Jugendliche zu unterstützen. Das muss man einfach wertschätzen. Das kommt leider an manchen Stellen ein wenig zu kurz.
Was möchten Sie bis Ende 2021 in jedem Fall erledigt haben?
Die Schulentwicklungsplanung, die soll auch laut Koalitionsvertrag bis zum Sommer stehen. Und ich möchte so schnell wie möglich auch die Entwicklungsplanung für Berufskollegs und Förderschulen angehen.
Was sind kulturell Ihre Vorlieben?
Ich mag den Bildhauer Auguste Rodin, aber auch vieles andere aus der Zeit. Für Gelsenkirchen ist die Entwicklung in Ückendorf mit dem Kreativquartier und der Heilig Kreuz Kirche wichtig. Ich möchte die kulturelle Bildung allgemein hier weiter fördern, um allen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit der Teilhabe zu geben.
Und der Sport?
Ich selbst jogge und walke gern, bin viel in der Natur unterwegs, das hilft mir auch am besten, den Kopf frei zu bekommen. Mein Mann und ich wandern gern, wir haben schon die Alpen überquert. In Gelsenkirchen ist natürlich der Fußball ein bestimmender Faktor, und es ist mir ein Anliegen, gerade den Breitensport in der Stadt zu fördern. Das ist auch der Anspruch von Gelsensport. Sport ist wichtig für die Integration und das allgemeine Miteinander. Wir schauen, wo wir die Vereine unterstützen können.