Gelsenkirchen. Fußball-Schiedsrichter sollen bei soften Vergehen härter vorgehen. Droht jetzt eine Kartenflut in den Kreisligen? Das sagen sie in Gelsenkirchen.

Reklamieren und Rudelbildungen werden in der Bundesliga deutlich härter bestraft. Das soll Vorbild für den Amateurbereich sein. Was bedeutet das für die Amateure?

Wir haben bei Aktiven und Funktionären aus Gelsenkirchen nachgefragt, wie sie die neue Regelauslegung bewerten.

Harelik: „Profifußball ist häufig ein schlechtes Vorbild“

Ludwik Harelik, Trainer des Gelsenkirchener B-Ligisten Viktoria Resse II: „Die neuen Regeln sind ein Schritt in die richtige Richtung. Das zeigt, dass Tugenden wie Respekt und Disziplin im Fußball wichtig sind. In diesen Dingen ist der Profifußball zuletzt angesichts der Theatralik, die manche Spieler vorleben, immer häufiger ein schlechtes Vorbild für die Amateure gewesen.

Aber diese Regeln dürfen nicht dazu führen, dass nun jede Handbewegung bestraft wird. Fußball ist ein Sport, der über Leidenschaft und Emotionen kommt. Schiedsrichter sollten deshalb Gespür zeigen. Ob das dann auch wirklich zu einem besseren Umgang im Amateurfußball führt, müssen wir abwarten.

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Meiner Meinung nach braucht es längere Sperren gegen Spieler, die Unparteiische oder andere tätlich angehen. Die sollten komplett aus dem Verkehr gezogen werden und nicht nach drei, vier Monaten wieder auf dem Platz stehen dürfen.“

Krakala: „Spieler sollten den Schiedsrichtern Spielraum einräumen“

Michael Krakala, Torjäger des Gelsenkirchener A-Ligisten SV Hessler 06: „Grundsätzlich finde ich es gut, dass Schiedsrichter durch die neuen Regeln in gewissen Situationen die Hitzigkeit herausnehmen können. Allerdings sollten sie dem Fußball nicht die Emotionen nehmen.

Der Fußball lebt davon und so soll es auch bleiben. Deshalb wünsche ich mir von den Unparteiischen Fingerspitzengefühl, um zu entscheiden, wann sie reagieren müssen und wann solche Sanktionen übertrieben sind. Trotzdem sollten auch wir Spieler uns an die eigene Nase fassen und nicht jede Entscheidung anzweifeln. Schiedsrichter sind auch nur Menschen, die nun mal Fehler machen.

Im Amateurbereich haben sie im Gegensatz zum Profifußball keine Hilfsmittel zur Verfügung und müssen Szenen allein bewerten. Deswegen sollten wir Spieler ihnen ebenfalls einen Spielraum einräumen.“

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Imort: Emotionen sind keine Ausrede

Jörn Imort, Schiedsrichter und Torwart des Bezirksligisten Westfalia 04: „Die neuen Regeln sind ein Schritt in die richtige Richtung. Ich weiß nicht, ob sie die Gewalt auf Fußballplätzen eliminieren können, aber sie tragen hoffentlich dazu bei, dass weniger gemeckert wird.

Da haben andere Sportarten wie Handball dem Fußball etwas voraus. Ich persönlich bin nur mal von einem Spieler geschubst worden, die gegnerische Mannschaft ist dann direkt dazwischengegangen. Einige Kollegen haben aber schon erzählt, dass sie getreten und gewürgt wurden. Emotionen sind dafür keine Ausrede.

Wir müssen deshalb härter durchgreifen. Dabei ist es allerdings wichtig, dass wir nicht alles sanktionieren, sondern einen gesunden Mittelweg finden.“

Strengere Regelauslegung: Unsere Berichterstattung zum Thema

Strengere Regelauslegung: Kartenflut auch in der Kreisliga? An dieser Stelle listen wir weitere Beiträge aus unseren Lokalsportredaktionen auf:

Inal: „Im Endeffekt wieder der Unparteiische zum Buhmann“

Ahmet Inal, Trainer des Westfalenligisten YEG Hassel: „Grundsätzlich finde ich es richtig, gegen Schwalben und Zeitspiel härter vorzugehen, weil das einfach unsportlich ist. Ich bin aber kein Freund davon, nun für jeden Protest eine Gelbe Karte zu zeigen. Der Fußball lebt von Emotionen.

Du bist im Spiel hochmotiviert, weil du dich eine Woche darauf vorbereitest hast und nun unbedingt gewinnen willst. Da kochen die Emotionen schon mal hoch. Das muss in einem kontrollierten Rahmen bleiben, aber die Schiedsrichter dürfen auch nicht so kleinlich pfeifen, dass sie dem Fußball die Emotionen nehmen.

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Im Endeffekt wird der Unparteiische zum Buhmann beider Teams und der Zuschauer, wenn er die Regeln konsequent durchzieht und für jede Geste eine Gelbe Karte zeigt.“