Essen. Ärger beim Oberliga-Spiel zwischen dem VfB Hilden und der SpVg Schonnebeck: Nach einer Warnung schmeißen die Gastgeber zwei Männer vom Platz. Was steckt dahinter?

Oberliga Niederrhein, Top-Spiel am Donnerstagabend, der VfB Hilden empfängt die SpVg Schonnebeck. Am Ende sichern sich die Essener durch ein ganz spätes Tor den 3:2-Sieg und somit die drei Punkte. Für Maximilian Kulesza, den Vorsitzenden des VfB Hilden, war dies allerdings nach der Partie nun wirklich nicht das bestimmende Thema.

Denn in der Halbzeitpause führte er gemeinsam mit einem Vereinsmitglied, welches bei der Kriminalpolizei arbeitet und sich dort um illegales Glücksspiel kümmert, zwei Männer von der Sportanlage und verteilte lebenslanges Platzverbot. Der Grund: Beide hatten Live-Daten über das Spiel gegen Schonnebeck auf Smartphones geteilt, die wiederum mutmaßlich an Wettanbieter aus dem Ausland weitergegeben wurden.

Dies ist in Deutschland laut Glücksspielstaatsvertrag verboten. Eine WAZ-Recherche belegte aber erst kürzlich, dass auch Spiele der Oberliga Niederrhein und der Oberliga Westfalen immer wieder auf den Wettportalen mit Sitz in Costa Rica oder Curacao auftauchen. So auch die Partie zwischen dem VfB Hilden und der SpVg Schonnebeck.

VfB Hilden bekam vor dem Spiel gegen die SpVg Schonnebeck einen Hinweis per E-Mail

Vor der Partie wurde der VfB von Thomas Melchior vom Präventionsprojekt „Mein Leben ist kein Spiel“ per E-Mail kontaktiert. „Er sagte mir, ich solle auf jemanden schauen, der ein Handy hat und die ganze Zeit tickert. Ich kenne unsere Anlage in- und auswendig und wir hatten nur 150 Zuschauer. Wir haben die beiden schnell gesehen“, so Kulesza, der daraufhin das Vereinsmitglied, welches bei der Kriminalpolizei arbeitet, ansprach und um Hilfe bat.

„Daraufhin sind wir hingegangen und haben die beiden gefragt, was sie da machen. Die beiden sagten, sie würden für ein Statistikunternehmen arbeiten. Die Personalien wurden aufgenommen. Daraufhin haben wir die beiden vom Platz begleitet und ein Platzverbot für ewig ausgesprochen“, sagt Kulesza. Danach sei der Liveticker auf den Wettportalen gestoppt worden.

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Einen offiziellen Einsatz der Polizei habe es aber nicht gegeben. Dies bestätigt auch die Pressestelle der Kreispolizeibehörde Mettmann auf Anfrage dieser Redaktion. Ob die Personalien innerhalb der Kriminalpolizei weitergegeben wurden, ist zum aktuellen Stand noch nicht zu verifizieren.

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Thomas Melchior führten die Sportwetten ins Gefängnis

Thomas Melchior setzt sich aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit gegen Glücksspiel ein. Der gebürtige Görlitzer war früher Amateursportler und Bankkaufmann, als er seine erste Sportwette platzierte. „Mein erstes Spiel war eins von Bayern München gegen Rapid Wien. Ich habe eine Werbung eines Wettanbieters gesehen und in der Halbzeit zehn Euro auf eine Handicap-Wette mit einer Quote von 1,10 eingezahlt. Am Ende habe ich elf Euro zurückbekommen. Das ist zwar nur ein Euro, für mich als Bankkaufmann waren es aber zehn Prozent Rendite in 45 Minuten. Am nächsten Tag habe ich dann 100 Euro eingezahlt“, sagt Melchior. Woche für Woche ging es für ihn tiefer in den Wett-Sumpf. Er verlor seine Familie, seinen Job und sein Geld und versuchte dies durch Beschaffungskriminalität auszugleichen. Doch all das führte ins Gefängnis.

Melchior wurde zu fünfeinhalb Jahren verurteilt. „In dem Moment, in dem die Handschellen klickten, hat es auch in meinem Kopf Klick gemacht. Da habe ich mich das erste Mal wieder frei gefühlt, weil ich wusste, dass ich danach wieder mein Leben in der eigenen Hand hatte“, so Melchior, der im Gefängnis ein Buch schrieb und nach seiner Entlassung 2022 Vorträge über das Thema der Wettsucht hält. „Ich versuche den Leuten anhand meines Beispiels die Augen zu öffnen, dass Sportwetten nicht so harmlos sind, wie sie oft dargestellt werden. Ich möchte meinen Beitrag zur Prävention leisten“, sagt Melchior zu seiner eigenen Motivation.