Essen. Essener können sich zu Weihnachten mit der Tabellenführung beschenken. Vor Spitzenspiel gegen die Scorpions spricht Moskitos-Trainer Albrecht.
Weihnachten steht vor der Tür, am Essener Westbahnhof herrscht aber schon seit knapp drei Monaten Festtagsstimmung. Bevor die Spieler der Moskitos Essen nach der bislang überzeugenden Saison zwei freie Tage genießen dürfen, kann sich der Eishockey-Oberligist im Heimspiel am Freitag (20 Uhr) gegen den punktgleichen Spitzenreiter Hannover Scorpions selbst mit der Tabellenführung beschenken. Vor dem Spitzenspiel spricht Danny Albrecht, der vor knapp einem Jahr den Trainerjob in Essen übernommen hat, im Interview über sein erstes Jahr als Moskitos-Trainer, seine Zukunft in Essen – und Weihnachten im Hause Albrecht. Bereits am zweiten Weihnachtstag (Di., 19 Uhr) geht es für die „Mücken“ bei den Tilburg Trappers weiter.
Herr Albrecht, als Sie vor einem Jahr den Trainerjob am Westbahnhof übernommen haben, hätten Sie es damals für möglich gehalten, dass der Verein heute da steht, wo er jetzt steht?
Albrecht: Ich hatte die Erwartungshaltung, dass wir im oberen Feld mitspielen können. Die Top-Sechs waren immer meine Vorstellung im zweiten Jahr. Dass es so gut läuft, kann man manchmal nicht voraussehen. Es sind viele Faktoren, die eine Rolle spielen – ob Verletzungen oder Chemie. Für möglich hätte ich es schon gehalten, erwartet habe ich es aber nicht.
Moskitos: Derbyniederlage gegen Herne einer der bittersten Momente
Was war der bitterste Moment für Sie in diesem Jahr?
Das war die 4:6-Niederlage Ende Januar in Erfurt in der vergangenen Saison. Mit einem Sieg wären wir bis auf drei Punkte an Erfurt und bis auf fünf Punkte an Rang zehn dran gewesen, nach der Niederlage ist der Rückstand auf den ersten Pre-Playoff-Platz auf neun Punkte angewachsen. Das war mental der Punkt, an dem wir wussten, dass wir es nicht mehr schaffen werden. Die Derbyniederlage gegen Herne vor zwei Wochen würde ich auch noch mit dazuzählen.
Und der schönste Moment in diesem Jahr?
Es gab viele schöne Momente in diesem Jahr. Der schönste war für mich das erste Vorbereitungsspiel im August hier gegen Selb, weil ich ab dem Tag ganz klar eine neue Euphorie gespürt habe.
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Was ist die größte Lehre, die Sie aus diesem Jahr gezogen haben?
Dass ich in einer Situation, in der ich hier übernommen habe, wenn nicht die finanziellen Möglichkeiten da sind, um wirklich einen „Switch“ reinzubekommen, um einen Top-Ausländer und einen Top-Deutschen zu holen, ich so eine Aufgabe in Zukunft nicht mehr annehmen würde, glaube ich.
Warum gab es in dieser Saison noch keine richtige Schwächephase?
Meiner Ansicht nach hatten wir schon eine Schwächephase, in der wir nicht mehr ganz so gutes Hockey gespielt haben. Da haben unter anderem zuletzt die beiden Niederlagen dazugezählt. Kurz vor der Deutschland-Cup-Pause war auch ein bisschen die Luft raus. Wir haben aber keine Einbrüche, weil wir oft einen vollen Kader haben, gesund sind (klopft auf den Tisch) und dadurch auch jedes Spiel kraftmäßig gut einteilen können.
In welchen Punkten herrscht trotzdem noch Verbesserungspotenzial in den nächsten Monaten?
Ich glaube, dass wir uns in unserer mentalen Stärke, Tore zu erzielen, noch verbessern und da vielleicht ein bisschen geradliniger werden können. Durch das schnelle Umschaltspiel sind wir zu der Mannschaft geworden und müssen lernen, das auch in jedem Spiel beizubehalten. Dann fällt es vielen Teams sehr schwer gegen uns, weil wir läuferisch und konditionell einfach stark sind.
Wie muss die Antwort auf das 2:7-Debakel in Hannover vor drei Wochen aussehen?
Ich glaube, wir haben bei den Scorpions eines unserer schlechtesten Spiele in dieser Saison gemacht. Zusätzlich war der Gegner an diesem Tag sehr, sehr gut. Wir müssen körperlich so präsent sein, wie es Halle zuletzt beim 5:3-Sieg gegen die Scorpions war. Es muss unser Ziel sein, unter die Haut zu kommen.
Moskitos-Trainer Albrecht: „Jeder möchte gerne glücklich am Weihnachtsbaum sitzen“
Scorpions-Trainer Kevin Gaudet hat in Bezug auf das Spitzenspiel am Freitag vom „größten Spiel des Jahres“ gesprochen. Stimmen Sie zu?
Ja, es ist Weihnachten und jeder möchte gerne glücklich am Weihnachtsbaum sitzen. Für uns ist es vielleicht nicht so sehr das Spiel des Jahres wie für die Scorpions, weil bei ihnen ein bisschen mehr auf der Fahne steht. Aber natürlich freuen wir uns auf das Spiel. Wir sehen es auch als unseren absoluten Härtetest. Es geht ja eben um Platz eins am Freitag. Egal, in welche Richtung das Ergebnis ausschlägt: Es wird für den Rest der Saison nichts an unserer Erwartungshaltung verändern.
Vor einem Jahr: Das große Interview mit Moskitos-Coach Danny Albrecht vor seinem ersten Heimspiel.
Warum formuliert der Verein öffentlich keine offensiveren Ziele als das Erreichen der Playoffs?
Ich bin der Meinung, dass wir mit einem sehr jungen Team die Erwartungshaltung nicht zu hoch setzen sollten, weil dadurch ein gewisser Druckfaktor entstünde. Klar, sprechen wir intern auch über solche Punkte. Das müssen wir und gehört auch dazu. Ich denke aber, dass wir das genießen sollten. Es kommt immer noch ein Jahr nach dem guten Jahr, für das dann die Erwartungshaltung wirklich nach oben geschraubt wird. Man wächst nicht von einem Tag auf den anderen, es geht Schritt für Schritt. Hier geht es um Wachstum – nicht nur um den Enderfolg, sondern auch darum, wie die Organisation für die Zukunft aufgebaut werden kann.
Moskitos: Albrecht macht Zukunft nicht von aktueller Situation abhängig
Das lettische Sturmduo – Sandis Zolmanis und Elvijs Biezais – hat seinen Vertrag am ersten Advent um zwei Jahre verlängert und ist damit ein Jahr länger an den Verein gebunden als Sie. Bedeutet das, dass Sie auch automatisch bis zum Ende der Saison 2025/26 am Westbahnhof bleiben?
Die Frage ist, welchen Weg wir bis dahin schaffen, zu gehen. Ich mache das nicht von der jetzigen Situation abhängig, sondern von der Zukunft. Ich bin auch ein Trainer mit der Ambition, höherklassig zu coachen. Solange ich das Gefühl habe, dass wir das irgendwann hier erreichen können, bin ich dem Projekt gegenüber positiv gestimmt.
Wie läuft Weihnachten bei der Familie Albrecht ab?
Ich bin für den Braten zuständig, die Kinder spielen. Und am Abend gönne ich mir ein Glas Wein und wir essen alle zusammen den selbstgemachten Braten. Es geht bei uns um die Kinder. Für mich ist Weihnachten die Freude, die Kinder dabei zu beobachten, wie sie ihre Geschenke auspacken und glücklich sind.
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