Essen. RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig im dritten Teil des Interviews über die Pläne bei einem Aufstieg und über das Nachwuchsleistungszentrum.
Sollten die Fans am Ende belohnt werden, dann geht es in die Dritte Liga. Ist diese lukrativ für Rot-Weiss Essen?
Lukrativ ist eigentlich die falsche Vokabel. Ein Fußballverein ist ja vordringlich nicht auf eine Gewinnerzielungs-Absicht ausgerichtet. Konstatieren wir mal, dass Corona bis dahin besiegt sein wird, dann glaube ich, dass die Dritte Liga für RWE extrem interessant ist. Sie wird ja allgemein als sehr schwierige, als riskante Liga bezeichnet, manchmal auch nicht zu Unrecht. Aber wenn du Rot-Weiss Essen heißt und von unten in diese Dritte Liga kommst, die Dynamik und den Schwung des Aufstiegs mitnimmst - Stichwort: Dauerkarten, Sponsoren, die darauf warten, dass es endlich in den Profifußball geht - dann kann die Dritte Liga für RWE sehr wohl auch in wirtschaftlicher Hinsicht funktionieren. Ob das dann für zehn Jahre gilt, steht auf einem anderen Blatt. Ich sehe bei einem Aufstieg aber erst einmal nur Chancen und keine Risiken.
Die Dritte Liga wird für alle etwas teurer
Wird denn vielleicht auch einiges wieder leichter? Wir denken da an große Sponsoren, die früher abgesprungen sind und dann wieder zurückkehren wollen?
Ja, das glaube ich auch. Es werden etliche zurückkommen, es werden aber auch einige nicht bleiben können, weil die Dinge auch teurer werden, das muss man auch sagen. Dann wird es sicherlich Stimmen geben wie „jetzt haben wir euch jahrelang die Stange gehalten - und jetzt erhöht ihr die Preise“. Ja, die Dritte Liga wird für alle etwas teurer. Aber wie bereits mehrfach gesagt: Ich möchte eigentlich gar nicht über die Dritte Liga sprechen, solange es nicht soweit ist. Und bis dahin haben wir ja auch noch viele Dinge zu erledigen.
Beispiele?
Wir müssen schleunigst mit der Stadt über den Rasen hier sprechen, der ist unserer Meinung nach seit Sommer mehr oder weniger "verschlimmbessert" worden. Wir haben gerade keine adäquaten Spielflächen für die erste Mannschaft, da müssen wir ran. Sowohl an den Trainingsplatz als auch an den Stadionrasen. Ich weiß, dass seitens der Stadt enormer Aufwand betrieben wird. Aber bevor wir bei Rot-Weiss Essen über Wintertransfers sprechen: Das wäre der wichtigste Transfer, dass wir schnell eine konstant vernünftige Platzqualität bekommen. Gerade für die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, ist das Geläuf sehr wichtig.
Von einem großen Umbruch muss man nicht ausgehen
Wenn es denn hoch gehen sollte: Es sind ja noch nicht viele Verträge für die nächste Saison unter Dach und Fach, sehen Sie große Veränderungen im Kader im Aufstiegsfall?
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So war die Kaderplanung von vornherein ausgerichtet. Sie ist immer ein schwingendes System. Wir sehen einerseits genügend Gestaltungsmöglichkeiten, andererseits durch die Qualität der jetzigen Spieler eine sehr vernünftige und aussichtsreiche Basis, dass man hier nicht von einem großen Umbruch ausgehen muss. Mit den Laufzeiten, den Optionen und der Kaderstruktur haben wir jetzt schon eine gute Gewichtung, verbunden mit punktuellen Verstärkungen, mit denen wir eine konkurrenzfähige Drittliga-Mannschaft bauen können.
Macht das Beispiel SC Verl da auch ein bisschen Mut?
Genau darum geht’s ja: alles so aufzustellen, dass man nicht dauernd mit großen Umbrüchen arbeiten muss. Verl hat die Mannschaft über Jahre sukzessive weiterentwickelt, Saarbrücken übrigens ganz ähnlich. Und siehe da: es funktioniert hervorragend. Genau das ist der Weg.
Die RWE-DNA soll weiter implementiert werden
Bei aller Euphorie um die erste Mannschaft kommt die Jugend in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht mehr vor.
Ganz im Gegenteil. Der Spielbetrieb liegt derzeit zwar auf Eis, dadurch ist das Nachwuchs-Leistungszentrum momentan ein Stückchen unterm Radar. Dabei sind wir gerade dabei, unser NLZ weiter zu optimieren und personell nach dem überraschenden Weggang von Enrico Schleinitz in der Führung neu auszurichten. Und auch inhaltlich wollen wir in den nächsten Monaten einiges Neue auf den Weg bringen.
Mit welchem Ziel?
Wir glauben, dass wir im NLZ noch nicht am Ende der Fahnenstange sind. Mit dem Geist, der dort herrscht und der tollen Anlage an der Seumannstraße können wir noch mehr erreichen. Wir wollen zukünftig mehr Talente bis nach oben durchbringen. Wir möchten die Talente länger bei Rot-Weiss Essen halten, die Ausbildung noch weiter optimieren. Jedes Jahr, welches ein Spieler länger bei RWE verbringt, bringt am Ende des Tages auch mehr Geld, wenn er dann doch irgendwann zu einem anderen NLZ wechselt. Diese RWE-DNA, diesen Geist, wollen wir noch mehr implementieren, damit wir nicht irgendein x-beliebiges NLZ sind, welches wir in der Vergangenheit vielleicht auch zu sehr waren. Das gilt im übrigen aufstiegsunabhängig.
Kleines Amateur- und Jugendstadion ist im Plan
Was wird noch konkret anders?
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Wir sind gerade dabei, Pläne zu entwickeln, wie wir die Anlage an der Seumannstraße in den nächsten Jahren verändern können. Wir müssen an das Warm-Gebäude ran, wir brauchen mehr Räumlichkeiten, mehr Trainerkabinen, vernünftigere Duschen, bessere Sanitär-Anlagen. Außerdem müssen wir dringend den defekten Rasenplatz austauschen. Hier möchten wir das riesige Gelände nutzen, um dort perspektivisch zwei Naturrasenfelder zu errichten. Im besten Fall wird einer dieser Plätze ein kleines Amateur- und Jugendstadion. Unsere U19 tingelt gerade durch ganz Essen, wenn sie Bundesliga spielt, unsere U17 ebenso. Alle Mannschaften auf einer Anlage zu vereinen, das ist unser Ziel. Parallel soll sich unsere zweite Mannschaft weiter entwickeln und irgendwann in der Landesliga spielen. Das könnte dann der Wechsel-Punkt vom Breitensport hin zum Leistungssport sein.
Die Stadt Essen weiß, dass da was kommt
Alles auf Vereinskosten - oder wird da die Stadt mit ins Boot geholt?
Das ist ein Prozess. Wir müssen uns erst mal klar werden, was wir ganz genau wollen. Und da sind wir gerade dabei. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, müssen wir das Ganze zu Papier bringen und dann geht es in die Gespräche. Die Stadt weiß, dass da was kommen wird. Da müssen wir alle relevanten Sportpolitiker mit ins Boot nehmen, das können wir aber erst machen, wenn wir genau wissen, worüber wir reden. Am Ende des Tages brauchen wir auf jeden Fall die städtische Unterstützung. Ich glaube, dass wir da wirklich nachhaltig etwas anfassen – nicht nur für den Verein, sondern auch für die Stadt Essen. Aber uns ist natürlich klar, dass wir das Ganze nicht ohne eine adäquate Eigenleistung umgesetzt bekommen. Die Weiterentwicklung unseres NLZ ist sicher kein kurzfristig umsetzbares Projekt.
Und als Drittligist kann man es der Stadt sicherlich besser verkaufen, oder?
Ja, ich glaube irgendwann sind wir als Rot-Weiss Essen auch soweit, dass wir das Signal in die Stadt senden müssen: Seht her, wir haben hier nicht nur jahrelang rumgequatscht, sondern Wort gehalten. Wir kommen von der Stelle. Und, ja, ein Drittligist ist für die Stadt Essen ungleich attraktiver und wertvoller als ein Viertligist.
Zum ersten Teil des Interviews geht es hier.
Zum zweiten Teil des Interviews geht es hier.
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