Der Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen profitiert bei den jüngeren Jahrgängen finanziell von der Arbeit. In der U17 und U19 gibt es Probleme.
Es klingt grotesk, aber selbst der größte Erfolg der Nachwuchsfußballer von Rot-Weiss Essen in der abgelaufenen Saison war eine Niederlage. Die U15 verlor am letzten Spieltag 2:3 gegen Mönchengladbach, hielt aber dank Hilfe aus Bochum die Klasse – als einziges Leistungsteam der Rot-Weissen. Zuvor waren die U17 und U19 zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren aus der Bundesliga abgestiegen. Beide Teams müssen sich nun in der Niederrheinliga behaupten. Die U19 beginnt am Montag unter Trainer Damian Apfeld mit der Vorbereitung auf eine Saison, die mit dem Wiederaufstieg enden soll.
Ein zweite Sicht auf die Spielzeit
Es gibt eine zweite Sicht auf die Spielzeit. Die U13 gewann den Nachwuchscup vor Schalke, Gladbach und Dortmund, die U14 wurde im gleichen Wettbewerb Sechster vor Gladbach und Köln. Und etliche ehemalige RWE-Talente erreichten bei der A- und B-Jugend das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft.
Die Arbeit an der Seumannstraße bewegt sich in einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite steht die gute, aber zumeist unbemerkte Arbeit im frühen Jugendbereich, auf der anderen die schwachen Ergebnisse der U19 und U17, die sich auch darin äußern, dass sich aus den vergangenen drei Jahrgängen nur Timo Becker in die Stammelf der ersten Mannschaft spielen konnte. Aus der U19 der Vorsaison fanden nur Torwart Jonas Kersken (Bor. Mönchengladbach U23) und Maxi Dagott (Altona 93) einen Platz in der Regionalliga.
Prioritäten im Nachwuchsbereich
Das sagt viel über die Prioritäten aus, die RWE bei der Nachwuchsarbeit setzte. Geld wurde vor allem in das Drumherum investiert, um als NLZ einen Stern vom DFB zu erhalten. Mittlerweile gibt es an der Seumannstraße einen Arzt, Physiotherapeuten, Reha- und Fitnesstrainer, einen Sportpsychologen und einen Sozialpädagogen. Zwar fängt RWE vieles über Teilzeitstellen auf, aber trotzdem landet ein Großteil des Etats nicht direkt in den Mannschaften.
Es mag seltsam klingen, aber das NLZ lohnt sich für RWE – denn für jeden Spieler, der den Verein zu einem anderen NLZ verlässt, gibt es eine Ausbildungsentschädigung. Seitdem das NLZ mit einem Stern zertifiziert worden ist, gibt es noch mehr Geld: mindestens einen vierstelligen Betrag. Je länger der Spieler für RWE kickte, desto teurer wird‘s.
Trotz finanziellen Vorteils blutet RWE qualitativ aus
Rund 50 Spieler wechselten in den vergangenen drei Jahren von RWE zu einem anderen NLZ. Das hat sich finanziell gelohnt, aber gleichzeitig bluten die Jahrgänge von Saison zu Saison qualitativ aus – vor allem offensiv. In dieser Saison erzielten U19, U17 und U15 zusammen in 76 Ligaspielen nur 66 Tore.
Um das aufzufangen, müsste RWE neue Spieler holen. Doch hier befindet sich der Verein unter anderem im Zweikampf mit MSV Duisburg und Rot-Weiß Oberhausen, die aktuell für die Spieler ein finanziell attraktiveres Gesamtpaket schnüren können. Das liegt auch daran, dass RWO als es seine U23 abmeldete, den Etat des NLZs entsprechend erhöhte. Als RWE selbiges mit seiner U23 tat, wurde das Geld vor allem in die erste Mannschaft gesteckt.
Chefetage muss die Richtung vorgeben
Auch als sich Sponsor Innogy bei Rot-Weiss zurückzog, bekam das die Jugend zu spüren. Zuletzt kündigte RWE an, sein Scoutingsystem zu überdenken. Potenzielle Verstärkungen sollen schneller identifiziert und verpflichtet werden. Aber will RWE die Ergebnisse in U19 und U17 verbessern und die Durchlässigkeit zur ersten Mannschaft erhöhen, ist weniger die Nachwuchsabteilung, sondern mehr die Chefetage gefragt.