Duisburg. . Jagdszenen, Morddrohungen und Spielabbrüche - die Horrormeldungen aus den Fußball-Kreisligen nehmen rasant zu. Die Schiris im Kreis Duisburg/Mülheim/Dinslaken haben jetzt die Notbremse gezogen. Einige Teams werden boykottiert. Die Spiele fallen aus.

18 Jahre ist er alt. Ein großes Talent als Schiedsrichter wird ihm bescheinigt. Die Belohnung: die Berufung in den Verbandskader des Fußballverbandes Niederrhein. Dann fällt dieser Satz von einem Amateur-Kicker gegenüber dem 18-jährigen Schiri: „Ich schlitz dich nach dem Spielende auf“.

Für Volkan Alan, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses für Duisburg/Mülheim/Dinslaken, ein Höhepunkt in der ständig wachsenden Gewaltbereitschaft im Amateurfußball gegenüber den Schiedsrichtern: „Was soll ein junger Mensch nach so einer Drohung denken? Da darf sich keiner wundern, wenn wir demnächst keinen Schiedsrichter-Nachwuchs mehr haben“, schimpft Alan im DerWesten-Gespräch.

Sechs Spielabbrüche nach zehn Spieltagen

Beleidigungen, Schlägereien, Jagdszenen, Spielabbrüche und tätliche Angriffe auf Schiedsrichter – die Horror-Meldungen aus den unteren Amateurligen haben in den vergangenen Monaten rasant zugenommen. Besonders betroffen ist der Kreis Duisburg/Mülheim/Dinslaken. Bis zum 10. Spieltag hat es hier bereits sechs Spielabbrüche gegeben, weil ein Schiedsrichter bedroht oder sogar tätlich angegriffen wurde.

„Das hat so massiv zugenommen, dass wir nun die Notbremse gezogen haben“, sagt Volkan Alan. Bei Spielen von fünf Mannschaften werde in nächster Zeit kein Schiedsrichter mehr gestellt. Betroffen sind Croatia Mülheim, TB Heißen (beide Kreisliga A) sowie Hertha Hamborn II und Hamborn 90 II (beide Kreisliga B) und Yesilyurt Möllen (Kreisliga C).

Tätliche Angriffe im Jugendbereich

Ob diese Warnung fruchtet? An diesem Wochenende ist ein weiteres Team hinzugekommen: Nach dem Kreisligaspiel zwischen PSV Duisburg und dem SV Raadt wurde der Schiedsrichter von einem Radter Zuschauer so heftig attackiert, dass die Polizei gerufen werden musste. Die Konsequenz: Auch die Radter werden vorerst keinen Schiedsrichter für ihre Spiele in der Kreisliga A gestellt bekommen.

„Damit wollen wir ein Zeichen setzen und die Öffentlichkeit für die dramatische Entwicklung sensibilisieren“, so Alan. Anfang November sollen alle Schiedsrichter des Kreises zum weiteren Vorgehen befragt werden. Dann wird es wohl auch um die tätlichen Angriffe gegen Referees im Jugendbereich gehen. „Selbst dort werden die Schiedsrichter bespuckt und bedrängt“, schimpft Alan.

Assistent mit Becher Bier beworfen

„Die Hemmschwelle ist extrem niedrig geworden“, bedauert Andreas Thiemann, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses des Fußballverbandes Niederrhein. So stand selbst ein Niederrheinliga-Spiel am Sonntag kurz vor dem Abbruch. Bei der Partie SV Sonsbeck gegen den FC Kray wurde ein Schiedsrichterassistent von einem Krayer Zuschauer mit einem Becher Bier beworfen.

Sogar außerhalb des Platzes werden die Spielleiter angegangen. „Jüngst hat ein erwachsener Kicker einen 16-jährigen Schiedsrichter über Facebook bedroht und beschimpft“, berichtet Thiemann, der selbst schon einmal als Referee geschlagen wurde: „Wir haben sowieso schon sehr wenig Schiedsrichter und können uns dieses negative Bild in der Öffentlichkeit gar nicht leisten“.

Harte Strafen gegen Übeltäter

Die Suche nach Lösungen wird sich allerdings schwierig gestalten. „Die Kreisspruchkammer leistet sehr gute Arbeit und verhängt harte Strafen für alle Übeltäter“, betont Alan. So wurde jüngst ein Spieler des Mülheimer Vereins TB Heißen für 14 Monate gesperrt, weil er einen Schiedsrichter tätlich angegriffen hatte. Dazu kommen ein Ordnungsgeld und Verfahrenskosten von mehreren hundert Euro.

Was wäre der nächste Schritt? „In der Niederlanden gilt jede Mannschaft, die einen Schiedsrichter tätlich angreift, automatisch als Absteiger am Ende der Saison“, bemerkt Volkan Alan. Da könnte der Auf- und Abstiegskampf in einigen Kreisligen im Revier frühzeitig entschieden sein…