Ratingen. . Pfefferspray, Reizgas, Hundebisse. Was beim Niederrheinliga-Spiel des KFC Uerdingen in Ratingen passierte, hatte nichts mit Fußball zu tun. Nun zeigt der KFC-Vereinsboss einen Polizisten an, der Fußballverband denkt über Stadionverbote nach.
Mit Fußball hatte das alles nichts mehr zu tun. Holzstangen flogen durch die Luft, die Polizei setzte Pfefferspray gegen Zuschauer ein, ein Hund biss im Gedränge einen Beamten. Der Abbruch der Niederrheinliga-Partie der Spielvereinigung Ratingen 04/19 gegen den KFC Uerdingen am Samstag schlägt auch zwei Tage später noch hohe Wellen.
Gestern bestätigte KFC-Präsident Lakis Kourkoudialos im Gespräch mit DerWesten.de, dass er Strafanzeige gegen einen Polizeibeamten stellen wird. Dieser hatte ihm aus der Nähe Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, obwohl der Klubchef die Situation nur beruhigen wollte. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt der Vereinsboss, der den Klub wieder in den bezahlten Fußball zurückführen will, „der Polizei fehlte das Fingerspitzengefühl.“
Alles hatte harmlos angefangen. Der KFC führte 1:0 im Ratinger Stadion, war dabei, die Tabellenführung vor Turu Düsseldorf auf drei Punkte auszubauen. Dann gelang den Gastgebern der Ausgleich aus vermeintlicher Abseitsposition, wenig später foulte der KFC-Keeper einen Ratinger: Rote Karte, Elfmeter, 1:2! Die Stimmung auf der Uerdinger Tribüne wurde angespannter. 100 Meter entfernt zündeten vermutlich Düsseldorfer Fortuna-Fans eine bengalische Fackel und stimmten Gesänge an.
Die Stimmung eskalierte
Das reichte offenbar um die aufgeladene Stimmung im Gästeblock zu entzünden. Laut einem unbeteiligten Ratinger Zuschauer traten einige offenbar gewaltbereite KFC-Anhänger vor die Bande und begannen ein Handgemenge mit einem Ordner, der zum KFC Uerdingen gehört. Er musste von Kollegen unterstützt werden. Nach KFC-Angaben sei die Situation danach unter Kontrolle gewesen. „Aber dann ist die Polizei gekommen und hat eine Ladung gesprüht auf alles, was sich bewegte“, sagt Lakis Kourkoudialos. „Aber man hätte deeskalierend einwirken müssen und nicht auf die Tribüne marschieren.“
Was danach geschah, darüber gehen die Aussagen auseinander. Die Polizei berichtet, ein Beamter sei von Fans geschlagen worden. Er musste mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. In einer offiziellen Stellungnahme auf der KFC-Homepage heißt es: „Ca. 15 Anhänger und der Präsident des KFC Uerdingen mussten infolge des massiven Tränengaseinsatzes ärztlich behandelt werden. Sanitäter und Notärzte diagnostizierten daneben einen Hundebiss, eine Kopfverletzung und ein stumpfes Bauchtrauma.“ Die Attacke auf einen Polizisten hat Lakis nicht bemerkt.
Massive Gewalt
„Uns ist massive Gewalt entgegen geschlagen“, sagt Polizei-Sprecher Frank Sobotta, „was den Einsatz mit Pfefferspray gerechtfertigt hat. Wenn möglicherweise Unbeteiligte betroffen sind, tut uns das leid.“ In solchen Situationen sei es schwer zu überprüfen, weshalb Unbeteiligten stets empfohlen werde, sich von solchen Gefahrenstellen schnell zu entfernen. Offenbar sei auch KFC-Boss Lakis Kourkoudialos mit Mütze und Schal bekleidet nicht als Vereinsoffizieller identifizierbar gewesen.
Im Internetportal Youtube ist ein Video zu sehen, das zeigt, wie sich die Polizeibeamten von der Gäste-Tribüne zurück ziehen während sie von Zuschauern beschimpft werden und Fahnen in Richtung der Ordnungskräfte fliegen. Im Hintergrund werden Verletzte behandelt, die Polizei setzt Reizgas ein, ein Hund beißt in der Menge einem Polizisten in die Hand.
Fußballverband ermittelt
Danach beruhigte sich die Situation langsam wieder, die Uerdinger Fans wurden mit Bussen und der S-Bahn von der Bundespolizei nach Krefeld begleitet, zehn Düsseldorfer Fans laut Polizeibericht in die Nachbarstadt gebracht.
Doch damit ist die Angelegenheit noch lange nicht vorbei. Zum einen wird die Strafanzeige von Lakis Kourkoudialos noch für eine Aufarbeitung sorgen. Zum anderen muss die Verbandsspruchkammer des Fußballverbands Niederrhein (FVN) über den Ausgang der abgebrochen Partie entscheiden. Und darüber hinaus muss ermittelt werden, wie solche Vorfälle bei Amateurliga-Spielen in Zukunft verhindert werden können.
Stadionverbote ausgesprochen
Stadionverbote gibt es in der Niederrheinliga offiziell nicht. Der KFC Uerdingen hat zwar in der Vergangenheit gegen fünf bis zehn gewaltbereite Zuschauer eines ausgesprochen, das könne aber nur bei Heimspielen überprüft werden. „Wir haben auswärts keine Handhabe“, sagt Lakis, „zuhause passiert nie etwas, seit wir einige Fans zu Ordnern gemacht haben. Aber auswärts reichen zwei bis drei Chaoten.“ Deshalb fordert er: „Ich wäre für Stadionverbote, damit sich so etwas nicht mehr wiederholt.“
Das könnte durchaus bald geschehen. Wolfgang Jades, der Vorsitzende des FVN-Fußball-Ausschusses sagt: „Wir müssen uns Gedanken machen. Vielleicht auch über Stadionverbote.“ Das hätte allerdings wirklich nichts mehr mit Fußball in der sechsten Liga zu tun.