Dortmund.. 1989 wurden Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner in Dortmund zu Sport-Helden. Ihr Weltmeisterschaftstitel im Herren-Doppel in der geschichtsreichen Westfalenhalle gilt als Meilenstein für das deutsche Tischtennis. Vor der Heim-WM Ende März kehrten sie an ihre Triumphstätte zurück.

Das Finale habe er seither nicht mehr komplett gesehen, sagt Jörg Roßkopf. „Nur die letzten vier Ballwechsel, die kann ich auswendig.“ Es sind Szenen, die sich in das kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation eingebrannt haben.

Dortmund, Westfalenhalle, 8. April 1989. Zwei junge Deutsche, 19 und 20 Jahre alt, stehen im Finale der Tischtennis-Weltmeisterschaft. Im dritten Satz liegen Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner gegen Leszek Kucharski und Zoran Kalinic mit 20:16 vorne, haben vier Matchbälle. Die ersten drei vergeben sie, der letzte sitzt. Roßkopf lässt dem polnisch-jugoslawischen Duo mit seiner starken linken Vorhand keine Chance. Während Kucharski und Kalinic am Boden liegen, reckt Roßkopf erst Fetzner und später die Goldmedaille in die Luft. Sie sind Weltmeister im Herren-Doppel, zum ersten und bislang einzigen Mal in der deutschen Tischtennis-Geschichte.

Mit den Worten „Guten Morgen, Weltmeister“ soll Fetzner seinen Doppel-Partner, mit dem er sich ein Hotelzimmer teilte, am nächsten Tag begrüßt haben. Heute kann er sich nicht mehr so genau erinnern. „Wir haben lange gefeiert, die Nacht war kurz“, erinnert sich Fetzner und lacht. Über Nacht waren „Rossi“ und „Speedy“ berühmt geworden. „Wir wurden überall herumgereicht und sind in Samstagabendshows aufgetreten. 12 000 Fans haben gejubelt, als ich im Cabrio durch mein Dorf gefahren wurde, das war unglaublich“, sagt Roßkopf.

„Dabei waren wir kein überragendes Doppel, wir sind als Außenseiter nach Dortmund gekommen“, sagt der 42-Jährige. Die eigentliche Sensation gelang ihnen bereits im Halbfinale, als sie die schon damals als quasi unschlagbar geltenden Chinesen ausschalteten. Roßkopf: „Nach dem Sieg im Halbfinale konnte uns keiner mehr schlagen. Im Finale haben wir uns dann in einen Rausch gespielt, wir waren sicher, das Spiel zu gewinnen.“

10.000 Begeisterte in ausverkaufter Westfalenhalle

Berauscht von 10.000 begeisterten Menschen in der ausverkauften Westfalenhalle schmetterten sich „Rossi“ und „Speedy“ zu dem „Meilenstein der Tischtennis-Geschichte“, wie Roßkopf den Triumph ganz unbescheiden nennt. Vor allem Roßkopf war fortan das Gesicht des deutschen Tischtennis, Fetzner blieb stets in seinem Schatten. „Damit hatte ich nie ein Problem“, sagt der 43-Jährige, „Rossi war einfach der bessere Einzelspieler. Davon habe ich ja auch profitiert, und die ganze Sportart.“ Mit dem Erfolg wuchs auch die Erwartungshaltung. Roßkopf: „1992 waren wir sehr enttäuscht über die olympische Silbermedaille.“

20 Jahre später wäre er mit einem solchen Ergebnis wohl hochzufrieden. Vom 25. März bis 1. April kehrt die Tischtennis-WM nach Dortmund zurück, die Deutschen können erst im Finale auf Topfavorit China treffen.

Keine Angst vor hohen Erwartungen

Roßkopf, seit Ende 2009 Bundestrainer, setzt erneut auf die Zuschauer, zumal es im Ruhrgebiet viele Tischtennis-Fans gebe. Angst, dass die Erwartungshaltung lähmend wirken könnte – man erinnere sich an die Frauen-Fußball-WM 2011 – hat Roßkopf nicht: „Die Spieler sind es gewohnt, vor solch einer Kulisse zu spielen und können mit dem Druck gut umgehen.“

Allen voran Timo Boll, der Roßkopf längst als Aushängeschild des deutschen Tischtennis abgelöst hat. Wie ein Duell der beiden heute ausgehen würde? „Ich müsste erst mal zwei bis drei Monate trainieren“, sagt Roßkopf, „dann würde ich vielleicht ein paar Punkte machen. Aber ich würde keinen Satz gewinnen.“