Bottrop. Für Rot-Weiss Essen spielte Jürgen Sekula einst neben Frank Mill. Noch heute läuft er für den VfB Bottrop auf – dabei begann einst alles bei Fortuna.
Der Fußballspieler vereint Humor und Sachverstand. Wenn er mit seinen Kumpels bei Landesligaspielen des VfB Bottrop im Jahnstadion oben in der Kurve steht, kommen nur fachkundige Kommentare. Jürgen Sekula hat ein Auge für das Spiel und er hat nach wie vor riesigen Spaß an dem Sport. „Fußball war immer sehr, sehr wichtig für mich,“ sagt er und weist auf eine Besonderheit hin: „Das Schöne, das hat keiner, den ich kenne – ich bin in zwei Vereinen.“
Seit 1966 kickt er bei der Fortuna, seit mehr als vierzig Jahren auch beim VfB. An der Sportanlage Rheinbaben spielt er Gehfußball, am Jahnstadion normalen. „Unser Präsident“, sagen die alten VfB-Kollegen grinsend, weil Sekula alles organisiert. Der 66 Jahre alte Altherren-Abteilungsleiter erklärt: „Wir trainieren, aber machen keine Spiele mehr. Als 60- und 70-Jährige wollen wir nicht 40-Jährigen hinterherrennen. Das macht keinen Sinn.“
Jürgen Sekula traute den Bottroper Torwart Fred Bockholt
Ein Beispiel für seinen Humor beschreibt Fred Bockholt, der große Bottroper Torwart, 15 Jahre älter als Sekula seit mehr als einem halben Jahrhundert gut bekannt mit ihm. Daher wünschte sich Bockholt bei seiner zweiten Heirat 2014, von Sekula getraut zu werden, der Standesbeamter bei der Stadt war. „Das war eine einmalige Geschichte“ blickt Bockholt lachend zurück. „Während der Zeremonie zog er plötzlich eine alte Autogrammkarte von mir hervor und sagte, bevor ich die nicht unterschreiben würde, bekäme ich keine Hochzeitspapiere.“
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Diese Episode hat eine lange Vorgeschichte. „Fred war mein erstes Vorbild,“ erklärt Jürgen Sekula. „Ich kannte ihn aus der Nachbarschaft seiner ersten, leider verstorbenen Frau Gerda und ich war Fan von RWE.“ Zu jedem Heimspiel sei er um 1970 herum gegangen und immer habe er gefragt: „Herr Bockholt, kann ich bitte ein Autogramm haben?“ Er habe „jeden Samstag eins bekommen“ und erinnert sich noch an das Foto auf den Autogrammkarten: „Mit blauem Pullover und gelber Hose, den Essener Stadtfarben.“
Seine ersten Schritte im Fußball machte Jürgen Sekula bei Fortuna Bottrop
Bei Fortuna Bottrop begann der junge Fußballfan aus dem Eigen mit acht Jahren zu kicken, zunächst in der D3-Jugend. Später hatten die Fortunen starke Jugendmannschaften, wurden „oft Kreismeister“, auch dank eines guten Trainers. „Fast alles, was ich konnte, habe ich von Helmut Malessa gelernt,“ sagt Sekula.
„Und von Heinz Redepennig.“ Der nämlich leitete ihn später bei Rot-Weiss Essen an, wohin der Offensivspieler mit 17 wechselte. Beide Trainer legten Wert auf fußballerische Feinheiten, korrigierten Fehler wie falsche Laufwege und Redepennig habe „schon richtig individuell trainiert“, damals etwas Außergewöhnliches, inzwischen Standard.
Mit der A-Jugend von Rot-Weiss Essen stand Jürgen Sekula im Finale der Deutschen Meisterschaft
1976 erreichte Jürgen Sekula mit der A-Jugend der Rot-Weissen das Finale der deutschen Meisterschaft gegen Schalke 04, spielte im Mittelfeld neben Frank Mill und köpfte das Tor zum 1:0. Allerdings unterlagen die Essener dem Favoriten mit 1:5.
Sekula blieb sechs Jahre bei Rot-Weiss und schaffte 1979 den Sprung in die von Rolf Schafstall trainierte Profimannschaft. Beim Debüt gegen Tennis Borussia Berlin gelang ihm sogar ein Treffer.
Über den 2018 verstorbenen Schafstall sind einige bizarre Geschichten im Umlauf. Der Fußballlehrer galt als „Schleifer“ und „harter Hund“, ein Renommee, auf dass er selbst auch sehr großen Wert legte. Jürgen Riedel, Ex-Präsident von Dynamo Dresden, sagt über den knorrigen Trainer: „Er war nur 57 Tage hier, 56 davon waren schon zu viel.“ Von einer „Folge an schlimmsten Beleidigungen“ spricht er auch.
Jürgen Sekula hält sich in den Erzählungen zurück und berichtet nur von einer Begebenheit, die schon damals nicht schön war, aber heute undenkbar wäre. Vor einem Flutlichtspiel freitagsabends im November 1980 gegen Hannover 96 hätten „wir Reservespieler morgens bei Matsch trainiert“. Der Beste bekäme die Nummer 11, erklärte Schafstall, und vier andere dürften auf der Bank sitzen. „Da waren wir so kaputt und wollten gar nicht spielen“, erinnert sich Sekula, obwohl alle das Flair im ausverkauften Stadion an der Hafenstraße liebten.
Als junger Spieler war es schwierig, in die Startaufstellung zu kommen
Er „habe gezittert, dass ich nicht eingewechselt werde“. Der Wunsch erfüllte sich nicht, aber der Mittelfeldmann habe kaum laufen können und schlecht gespielt. „Dann hat er mich sehr stark kritisiert und ich habe ihm vorgehalten, wie man denn vormittags noch trainieren könne.“
Darauf habe Schafstall gekontert: „Ich bin der Trainer und du machst die nächsten sechs Wochen kein Spiel.“ So kam es auch – in der Fußballzeitung „Kicker“ wurde lanciert, der Bottroper sei verletzt.
„Es war auch ein Haifischbecken; da war keine Kameradschaft. Wenn man damals als junger Spiele kam, habe die arrivierten einen nicht hochkommen lassen.“
Auf 36 Profispiele mit vier Toren bringt es der Spielgestalter, häufiger allerdings saß er auf der Bank. „Ich habe nicht richtig gepackt, da reinzukommen,“ analysiert Sekula heute. „Es war auch ein Haifischbecken; da war keine Kameradschaft. Wenn man damals als junger Spiele kam, habe die arrivierten einen nicht hochkommen lassen.“
Die gestandenen Profis fürchteten wohl um ihre Pfründe. Die einzige Ausnahme sei Willi Lippens gewesen, „der hat immer die Hand über mich gehalten“. Gerne besucht Sekula den ehemaligen RWE-Star noch in seinem Restaurant „Mitten im Pott“ auf der Gungstraße. 1980 Das Essener Team um Lippens, Mill und Matthias Herget verpasste mit Sekula den Bundesligaaufstieg nur knapp.
Zwei Jahre später zog er seine Konsequenz: „Da war ich falsch. Ich habe gemerkt, dass ich besser Amateur bin und einen Beruf mache.“ Jürgen Sekula nutzte die Chance, in seinen alten Job zurückzukehren und ging in die Bottroper Stadtverwaltung. „Beim VfB habe ich nur eine Klasse niedriger gespielt und war glücklich.“
VfB Bottrops Präsident übergab 50.000 D-Mark in einer Plastiktüte
Trainer war zunächst Horst Bystrich, auf die Oberliga folgten später Verbands- und ein Jahr Landesliga mit Kollegen wie Jürgen Schönberger, Friedl Schloms und Piero Lussu, die heute noch bei den Altherren mitmachen.
Höhepunkte waren einst Freundschaftsspiele im Jahnstadion gegen Borussia Mönchengladbach oder Europapokalsieger Hamburger SV. Der kam am Karnevalssonntag 1984 mit Stars wie Felix Magath, Uli Stein, Manfred Kaltz, Wolfgang Rolff und Thomas von Heesen, siegte mit 3:0 und Sekula findet: „Wir haben uns wacker geschlagen.“
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Legendär ist die Geschichte von der Übergabe des Honorars an den HSV durch VfB-Geschäftsführer Harald Beughold. Unklar ist, ob er die 50.000 D-Mark in 1000er-Scheinen aus dem Safe holte oder auch kleinere Scheine hatte nach dem Einsammeln von Einnahmen an den Verkaufsständen.
Auf jeden Fall übergab Beughold das Geld in einer Plastiktüte an den damaligen HSV-Manager Günter Netzer. Sekula: „Harald sagte: ‚Zählen Sie nach!‘ Netzer antwortete: ‚Wir sind Kaufleute. Ich zähle nicht nach.‘“ Auch der VfB-Bottrop machte bei mehr als 5.000 Zuschauern an diesem Tag ein wenig Profit.
Beim VfB Bottrop war Jürgen Sekula Leistungsträger
Sekula genoss in Bottrop eine deutliche höhere Wertschätzung als davor in Essen. „Hier war ich Führungsspieler, da Ergänzungsspieler, das ist schon ein Unterschied“, meint er. Anfangs spielte er gemeinsam mit Berni Korbel – auch in der Niederrheinauswahl, die einmal eine schöne Reise nach Tunesien mit zwei Spielen in der Silvesterwoche unternahm.
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Später wurde Korbel für eine Weile Sekulas Trainer beim VfB und sagt heute: „Er war immer bereit, Verantwortung zu übernehmen und hat immer offen und ehrlich seine Meinung gesagt.“ Auf dem Platz fiel er auf als „ein feiner Techniker. Er konnte das Spiel gut lesen, war aber nicht so der Kämpfertyp.“ Fred Bockholt erinnert ihn als „wirklich guten Dribbler.“
Im Jahnstadion neben Korbel, Niko Paras, Michael Neumannn, „Hoppel“ Konarski, Jörg Uhland und auch ein paar älteren Männern („Die waren schon da, als ich hier spielte, und haben dort mit meinem Vater gestanden.“) fallen Jürgen Sekula die Unterschiede zu seiner aktiven Zeit auf: „Wir hatten immer mindestens 1000 Zuschauer und viele Spieler aus dem Umfeld. Heute sind hier viele Fremde, da ist die Identifikation nicht mehr so groß.“
Allein Joel Frenzel kennt er aus der aktuellen Elf ein bisschen – der Torwart ist schon länger da. An manchen Wochenenden geht Jürgen Sekula mit seinen fußballtypischen O-Beinen freitags zu Fortuna und sonntags zum VfB. Das hat einen einfachen Grund: „Ich gucke gerne Fußball und bin gerne mit den Kollegen zusammen.“ Fred Bockholt übrigens findet, Sekula sei „ein Supertyp.“
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