Kirchhellen. Der VfB hat sich in der Bezirksliga nicht weiterentwickelt. Die Probleme sind hausgemacht. Und eine Entscheidung erwies sich als Kardinalfehler.

Die letzten Entscheidungen der Bezirksliga-Saison sind noch nicht gefallen. Fest steht allerdings schon jetzt: Der VfB Kirchhellen wird zu den großen Verlierern zählen. Vor dem abschließenden Spieltag bleibt den Blau-Weißen nur noch die Hoffnung, dass ihnen die Konkurrenz in die Karten spielt.

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der VfB absteigen muss. Überraschend ist das nicht, und bei der Ursachenforschung kommt der Klub nicht daran vorbei, sich gravierende Fehlentscheidungen und Versäumnisse einzugestehen. Eine schonungslose Saisonanalyse:

Mehr als 500 Zuschauer waren am Sonntag gekommen, um den VfB Kirchhellen im Kellerduell gegen die DJK Wattenscheid zu unterstützen. Ein Unentschieden hätte schon gereicht, um den direkten Konkurrenten auf Abstand zu halten und dem Klassenerhalt einen großen Schritt näher zu kommen.

Doch der VfB scheiterte vor beeindruckender Kulisse krachend, verlor nach indiskutabler Vorstellung mit 0:3. Die seit Wochen wachsende Unsicherheit der Fußballer erreichte ausgerechnet im wichtigsten Spiel der Saison ihren Höhepunkt.

Entlassung von Marco Hoffmann und Sascha Wisniowski war ein Fehler

Der Vorstand des VfB Kirchhellen hatte in den Vorwochen einen Teil zur Verunsicherung seiner Fußballer beigetragen. Clubvorsitzender Georg Garz verkündete am 1. Mai, einen Tag nach dem 2:2 gegen den VfB Günnigfeld, überraschend die Entlassung des Trainerduos Marco Hoffmann und Sascha Wisniowski. Die Begründung des Dorfklubs hatte Bundesliga-Niveau: Neue Impulse wolle man setzen, die Mannschaft müsse wachgerüttelt werden.

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Eine Entscheidung, die nicht nur im Vereinsumfeld sondern auch im Kreis der Mannschaft auf teils heftige Kritik stieß. Auch in der Außenwahrnehmung ploppten Fragezeichen auf. Nicht nur im Klub schüttelten viele den Kopf, denn wenige Tage zuvor hatten Verein und Trainerduo noch intensiv über eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags verhandelt.

Dabei hatte sich der VfB letztlich einen Korb von Hoffmann und Wisniowski eingehandelt. Das umworbene Trainer-Duo entschloss sich für die bessere sportliche Perspektive und sagte beim Bezirksligisten Fortuna Bottrop zu.

Hoffmann und Wisniowski legen zum Abschied den Finger in die Wunde

Hoffmann begründete damals: „Die Lage beim VfB stagniert. Sascha und ich haben nicht den Eindruck, dass sich daran mittelfristig etwas ändern wird.“ Auf einen erneuten Abstiegskampf habe man keine Lust: „Wir wollten Fortschritte und eine Entwicklung der Mannschaft.“ Das Nein in den Vertragsverhandlungen und die anschließende Begründung durfte der VfB-Vorstand als schallende Ohrfeige werten.

Mit dem knappen 2:1-Erfolg über Stuckenbusch sammelte der VfB Kirchhellen zuletzt noch Hoffnung. Dominik Selm (l.) wird den Verein verlassen, Chris Isaias (r.) wurde im letzten Saisonspiel mit Rot vom Platz gestellt und wird deshalb zu Saisonbeginn auch nicht für den VfB auflaufen.
Mit dem knappen 2:1-Erfolg über Stuckenbusch sammelte der VfB Kirchhellen zuletzt noch Hoffnung. Dominik Selm (l.) wird den Verein verlassen, Chris Isaias (r.) wurde im letzten Saisonspiel mit Rot vom Platz gestellt und wird deshalb zu Saisonbeginn auch nicht für den VfB auflaufen. © Felix Hoffmann

Denn Hoffmann deckte mit seiner Begründung die offensichtlichen Versäumnisse des Vereins auf. So ist das Gesicht der Mannschaft seit dem Aufstieg in die Bezirksliga 2018/19 nahezu unverändert geblieben. Die Aufsteiger-Elf ist fast deckungsgleich mit der Mannschaft, die am Montag wohl wieder in die Kreisliga A absteigt.

Der Klub versäumte es schlicht, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Mannschaft zu erhalten. Dazu wären wenige punktuelle Verstärkungen pro Saison notwendig gewesen. Doch der VfB Kirchhellen blieb vier Jahre nahezu untätig.

VfB hat die Kaderplanung in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt

Das Mantra der Amtszeit von Georg Garz, man werde für Fußballer kein Geld ausgeben, kann nicht als Ausrede für Versagen und Untätigkeit bei der sportlichen Planung herhalten. Den Anschein zu erwecken, Fußballer mit Bezirksliga-Format ließen sich nur mit Geld locken, taugt nicht einmal zur Nebelkerze.

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Gerade ein seriös geführter und gut aufgestellter Verein wie der VfB Kirchhellen hat genügend andere Argumente. In diesem Zusammenhang könnten die Blau-Weißen mal einen Blick auf den grün-weißen Dorfnachbarn werfen. Der VfL Grafenwald macht momentan vieles von dem richtig, was der VfB nicht einmal anpackt. Mit Kreativität und Überzeugungsarbeit wird dort an einer schlagkräftigen Mannschaft für die kommende Saison gearbeitet.

Wie knapp die personelle Decke beim VfB Kirchhellen ist, wurde schon in der Hinrunde deutlich. Schon der Ausfall einzelner Spieler sorgte für heftige Ausschläge der Leistungskurve. Die Probleme, die das mit sich brachte, zogen sich wie ein roter Faden durch die komplette Saison.

Hoffmann und Wisniowski monierten den zu dünn aufgestellten Kader immer wieder, passten die taktische Ausrichtung schnell den beschränkten Möglichkeiten an. Nach neun Gegentoren in den ersten beiden Saisonspielen, versteifte das Trainerduo das Team vornehmlich aufs Verteidigen.

Die Mannschaft war bis zum Trainerwechsel auf einem guten Weg

Aus einer defensiven Grundausrichtung heraus gelangen auch einige Achtungserfolge. Beispielsweise das 1:1 gegen den offensivstarken SV Vestia Disteln, der die Saison am kommenden Montag mit über 150 Toren als Meister und Aufsteiger in die Landesliga beenden wird.

Bartosz Maslon (l.) und Michael Terwellen versuchten alles, konnten dem Team aber keine neuen Impulse geben.
Bartosz Maslon (l.) und Michael Terwellen versuchten alles, konnten dem Team aber keine neuen Impulse geben. © Felix Hoffmann

Die Neuausrichtung brachte aber auch Probleme mit sich. So taten sich die Kirchhellener insbesondere gegen die spielerisch limitierten Mannschaften der Liga schwer. Kein anderes Team ging häufiger mit einem Unentschieden vom Feld (10). Der VfB Kirchhellen ließ auch gegen die direkte Konkurrenz aus Hassel, Zweckel und Herne unnötig Punkte liegen, die ihm jetzt in der Endabrechnung fehlen.

Die Hinrunde beendete der VfB mit 16 Punkten knapp über dem roten Strich auf dem 13. Tabellenplatz. Mitte April gelang sechs Spieltage vor dem Saisonende die Einstellung des Vorjahres-Ergebnisses. Durch den 6:1-Erfolg gegen den BV Rentfort hatte der VfB die Saisonpunkte 30, 31 und 32 eingefahren.

Die Kirchhellener waren auf einem guten Weg. Es folgten Punkteteilungen in umkämpften Spielen in Herne und gegen Günnigfeld und im Anschluss das, was jetzt als größter Fehler der Saison angesehen werden muss: ein nicht nachvollziehbarer Trainerwechsel.

Der Vorstand setzte im Endspurt der Saison auf Bartosz Maslon und Michael Terwellen, also auf das Trainerduo, unter dem in der Spielzeit 2018/19 der Aufstieg in die Bezirksliga gelungen war. Der erhoffte Effekt blieb aus. In den Spielen gegen Hassel, Stuckenbusch und Wattenscheid holte der VfB nur drei Punkte. Zu wenig. Und so wird sich der VfB Kirchhellen am Montag wohl genau so aus der Bezirksliga verabschieden, wie er gekommen war.

Und wie geht es jetzt weiter beim VfB Kirchhellen?

Der VfB Kirchhellen wird sich zur neuen Saison neu aufstellen müssen. Ganz gleich, ob er mit seinem Team in der Bezirksliga oder in der Kreisliga antritt. Einige Leistungsträger kehren dem Verein den Rücken, andere hören auf und mit Martin Stroetzel kommt ein neuer Trainer an die Loewenfeldstraße.

Eine Notiz in einem Onlineportal handelte Ferdi Schmücker vor ein paar Wochen Probleme ein. Denn dort wurde gemeldet, dass sich der Kirchhellener zur neuen Saison dem BSV Roxel anschließen wird. Er selbst hatte seinen Entschluss noch nicht offiziell gemacht, die Nachricht überholte ihn.

Schmücker ist nicht der einzige Leistungsträger, der dem VfB Kirchhellen in der kommenden Saison nicht mehr zur Verfügung steht. Verlassen werden den Verein auch Lars Josten und Robin Jobst. Mit Dominik Selm steht ein vierter Abgang fest und Sascha Markmann hat angekündigt, aus familiären Gründen fußballerisch kürzer treten zu wollen.

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In wieweit Martin Stroetzel Einfluss auf die Personalentwicklung der Blau-Weißen nehmen kann, ist noch nicht klar. Der erfahrene Trainer (SV Schermbeck, DSC Wanne-Eickel, SV Hardt) ist zwar außergewöhnlich gut vernetzt, wird aber gute Argumente benötigen, um passende Spieler für den VfB zu begeistern. Nägel mit Köpfen konnte Kirchhellen bisher nicht machen, weil nach der langen Hängepartie im Abstiegskampf erst am Montag verbindlich feststeht, für welche Liga der Klub planen muss.

Stroetzel macht keinen Hehl daraus, dass er lieber einen Bezirksligisten übernehmen würde, stellt aber unmissverständlich klar, dass er auch für die Aufgabe in der Kreisliga A brennen wird: „Für mich geht es jetzt erst einmal darum, eine Bestandsaufnahme zu machen und darum, die Mannschaft möglichst zusammen zu halten. Ob und welche Spieler wir dann dazuholen können, wird sich zeigen.“ Stroetzel nutzte die letzten Tage zu Gesprächen mit dem Sportlichen Leiter Sven Peter, mit Kapitän Fabian Mohs und mit drei Spielern der aktuellen A-Jugend.

Stroetzel wird sein Amt nicht unvorbereitet antreten. Sein Vorbereitungsprogramm steht zum Großteil und er wird der Mannschaft einiges abverlangen. Dabei zeigt der neue Trainer gleich ein gutes Gespür für den VfB Kirchhellen: „Ich habe die Trainingseinheiten und Testspiele in der Vorbereitung extra so gelegt, dass sie nicht mit irgendwelchen Dorffeierlichkeiten kollidieren.“

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