Tokio/Mainz. Tibor Meingast berichtet aktuell für das ZDF von den Olympischen Spielen in Tokio. Das Ganze pandemiebedingt aus Mainz – das führt zu Problemen
Das Beste an Olympia ist der „Graf“. Ein facettenreicher Mann, der übrigens bereits in Bottrop seine Spuren hinterlassen hat. Als Schauspieler stand er vor Jahren auf der Bühne in der Aula des Josef-Albers-Gymnasiums, ohne dass allerdings noch einer von uns wüsste, welches Stück damals gegeben wurde.
- Olympische Spiele:JC 66-Judoka verpassen Medaille knapp – wegen Deutschland
- Beachvolleyball:Westdeutsche sind für den VC 90 erst der Anfang
- Golf:GC Schwarze Heide rauscht wenige Zentimeter am Ziel vorbei
Alexander Graf von der Groeben, Vater des schauspielerisch noch wesentlich begabteren Max von der Groeben („Fack ju Göhte“ u.a.), ist außerdem ein guter Journalist und Moderator und also solcher wie ich Teil des ZDF-Teams für die Übertragungen der Olympischen Spiele aus Tokio.
Er ist ein Schrank von einem Mann, 1,95 Meter groß, der früher selbst an Olympia teilgenommen hat – im Judo 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul. Zweimal war der damals gerne sogenannte „Judo-Graf“ Europameister, auch mal Weltmeisterschaftsdritter.
Die Bildregie macht das Kommentieren der Schießwettbewerbe schwer
Dass der nette Kollege meine Olympia-Tage so außergewöhnlich aufwertet, liegt auch daran, dass vieles andere bei diesen Spielen trist und ohne jeden Charme ist. Schießen aus Mainz zu kommentieren, ist schlicht ein Desaster.
Nichts gegen die durch die Pandemie verursachte Entscheidung, es so zu machen, aber journalistisch ist es kaum zu verantworten. Die Bildregie des IOC in Tokio ist bei den Schieß-Wettbewerben so unterirdisch schlecht, Grafiken fehlen oder kommen zu spät, so dass das Publikum wenig von den Finals nachvollziehen kann, denn der Modus ist relativ kompliziert und zudem in fast jeder Disziplin anders.
Großen Respekt vor Menschen im Nachtdienst
Auch interessant
Der Versuch, das Verständnis als Kommentator zu erleichtern, scheitert an fehlenden Informationen. Vor Ort weiß man immer sofort Bescheid wegen der großen, aufschlussreichen Anzeigetafel; in Mainz aber gibt es nur einen DIN A 6 kleinen, unübersichtlichen Monitor mit Daten vom IOC, der meist Ergebnisse mit einer Verzögerung anzeigt.
Gegen das Bild zu kommentieren („Text-Bild-Schere“ – gilt als Anfängerfehler) bin ich im Schießen gewohnt, weil die Leute in Deutschland natürlich wissen wollen, was der oder die Deutsche gerade macht, auch wenn die internationale Regie die oder den teilweise minutenlang ignoriert. Weitere Nachteile 2021: Fünfte und siebte Plätze zu übertragen ist weniger sexy als Gold und Silber wie in Rio 2016. Die nächtliche Arbeit mit Weckzeiten zwischen 23:45 und 3:30 Uhr hat auch keinen Reiz .
Respekt vor Pflegern, Krankenschwester und anderen Menschen im Nachtdienst.
Mainzer Wiesen statt Londoner Pubs
Auch sind Pausenzeiten am Strand von Rio de Janeiro, in den netten Kneipen und Restaurants im Londoner Stadtteil Bethnal Green oder an der Chinesischen Mauer (bei den drei letzten Sommerspielen) tatsächlich noch ein winzig kleines bisschen reizvoller als der Spaziergang durch die Obstwiesen von Appel Happel in Mainz-Lerchenberg.
Daneben fallen die netten Abende mit Kollegen aus, weil zum einen diesmal alle relativ früh ins Bett müssen (Sendebeginn meist vor Mitternacht) und zum anderen die Mainzer nach dem Job in ihr soziales Umfeld zurückkehren, statt gemeinsam essen zu gehen.
Alexander von der Groeben kommt wohl zurück nach Bottrop
Nur die Externen, die uns nur bei Olympia unterstützen, machen da eine Ausnahme und dazu zählt zum Glück Alexander von der Groeben. Der freundliche, humorvolle, intelligente Typ berichtet von Judo, Boxen, Taekwondo und Ringen. Viel Arbeit – trotzdem ist Alexander immer für einen freundlichen Satz gut und es gibt immer was zu lachen bei einer Begegnung auf dem Flur. Sogar zu einem gemeinsamen Essen hat’s schon gereicht.
Bei der Gelegenheit: Legendär ist sein Satz im Londoner Pub „Cat and Mutton“ 2012. Von der Groeben isst tagsüber eher wenig und dann abends seinem Körper angemessen. Als ein paar Kolleginnen damals frotzelten wegen eines überdimensionalen Steaks auf seinem Teller, konterte der Graf: „Ach was! Alles unter 500 Gramm, das ist doch Carpaccio.“
Übrigens: 2022 wird Alexander von der Groeben mit dem Stück „Kunst“ von Jasmina Reza vermutlich wieder in Bottrop auftreten.
Mehr Sportnachrichten aus Bottrop gibt es hier.
Den Newsletter zum Bottroper Sport können Sie hier abonnieren.