Bergisch Gladbach. . Die SG Wattenscheid vergab in einer turbulenten Schlussphase einen Elfmeter, der das wichtige Auswärtstor bedeutet hätte und verlor letztlich mit 0:2 gegen Bergisch Gladbach das Hinspiel der Relegation. Wattenscheider Anhänger ließen sich vom gegnerischen Jubel provozieren.

Die ersten 90 Minuten der Regionalliga-Relegation zwischen dem Westfalenliga-Meister SG Wattenscheid 09 und dem NRW-Liga-Neunten SV Bergisch Gladbach 09 sind gelaufen - und für die Wattenscheider könnte die Ausgangslage vor dem entscheidenden Rückspiel (Sonntag, 15 Uhr, Lohrheide) besser sein. Die Mannschaft von André Pawlak verlor in der Belkaw-Arena vor 3341 zahlenden Zuschauern in einer vor allem zum Ende hin turbulenten Partie mit 0:2 (0:1).

Vor dem Spiel hätte die Szenerie für das erste der zwei „Alles-oder-Nichts-Spiele“ kaum besser sein können. Strahlender Sonnenschein, ein sehr gut gefülltes Stadion, hervorragende Stimmung unter den rund 800 mitgereisten Wattenscheider Fans. Zudem stand mit Guido Winkmann ein Bundesliga-Schiedsrichter auf dem Platz - das unterstrich die Wertigkeit des Spiels nachhaltig.

Großer Respekt der Wattenscheider war spürbar

In den ersten zehn, 15 Minuten allerdings merkte man den Wattenscheidern ihren großen Respekt an. Pawlak hatte sein Team wie erwartet im 4-4-2-System, mit Milko Trisic und Serafettin Sarisoy als Sturmspitzen, aufgestellt. Die 09er aber reagierten mehr, als sie agierten, streuten viele Fehlpässe ein. Die Offensiv-Bemühungen beschränkten sich auf unproduktive, lange Bälle. Immerhin: Die Zweikampfwerte stimmten, vor allem beim starken Kapitän David Zajas. Es war von Beginn an ein „hochintensives, für die Zuschauer enorm interessantes Spiel“, wie auch Pawlak erkannte. Er merkte jedoch früh, dass seinem Team „die Oberliga-Härte fehlt“ - in der Westfalenliga hatte man ja hauptsächlich Gegner vor der Brust, die sich hinten reingestellt haben. Die erste Chance hatten die Gastgeber, als Deniz Öztürk, der freie Bahn hatte, am guten Wattenscheider Keeper Lukas Fronczyk (14.) scheiterte. Vier Minuten später aber rappelte es schon: Nach einem langen Freistoß aus dem Halbfeld rutschte der Ball zu Dennis Erdmann durch, der eiskalt aus kurzer Distanz vollendete. Was dann folgte, war unnötig: Erdmann rannte zum Wattenscheider Fanblock und überkreuzte die Arme - eine Provokation, die nicht die Letzte sein sollte.

Alexander Thamm vergab aus kurzer Distanz

Sei es drum: Die Führung war verdient. Zwar hatte man das Kurzpassspiel der Gladbacher gut unterbunden, selbst aber keine spielerischen Mittel gefunden. Vor allem Milko Trisic stand die ganze Partie über auf verlorenem Posten, auch Ali Issa agierte unglücklich. Immerhin: Nach einer Ecke von Kevin Brümmer war Alexander Thamm zur Stelle, verfehlte das Tor aber (27.). Kurz darauf fasste sich Marvin Rathmann ein Herz, verzog allerdings. Es schien, als würden die Wattenscheider langsam auftauen. Die letzte Chance der ersten Halbzeit hatte nochmals Thamm, der aus ganz kurzer Distanz - wieder per Kopf - daneben zielte. „Den muss ich machen“, sagte der Innenverteidiger nach dem Spiel selbstkritisch. Ansonsten gab es aber kaum gute Hereingaben. Viele Freistöße aus dem Halbfeld verpufften wirkungslos, weil der Ball viel zu lange in der Luft trudelte.

Die zweite Halbzeit - Pawlak hatte Trisic und Burak Demirbay die Positionen tauschen lassen - begann mit einer Riesenchance für die Gastgeber um den an der Seitenlinie ständig unter Strom stehenden Trainer Didi Schacht: Kapitän Tobias Balduan scheiterte nach seinem Kopfball aus drei Metern an einem sensationellen Reflex Fronczyks (48.). Es sollte die letzte Aktion Balduans sein, denn nur zwei Minuten später sah er nach einem rüden Einsteigen gegen Marvin Rathmann Gelb-Rot.

Der Startschuss zum Wattenscheider Sturmlauf?

Durchaus, allerdings sprangen keine Tore heraus. Erst wechselte Pawlak Vaidas Rocys für den insgesamt schwachen Demirbay ein (53.) - und ab der 60. Minute hatten die Schwarz-Weißen das Geschehen dann im Griff. Auch die Laufarbeit im Mittelfeld stimmte nun endlich. Das große Manko: Keine der vier Großchancen (2 x Rocys, Trisic, Issa) landete im gegnerischen Gehäuse. Die Strafe folgte auf dem Fuße - und ab der 84. Minute überschlugen sich die Ereignisse. Da nämlich traf Lukas Püttmann nach einem Traumpass - die 09-Abwehr wollte auf Abseits stellen - vom emsigen Andre Schilamow zum 2:0. Dessen Teamkamerad Erdmann ließ es sich nicht nehmen, noch mal provokant vor der Wattenscheider Kurve zu jubeln. Anschließend platzte einigen 09-Fans der Kragen, 15 Unbelehrbare stürmten auf die Tartanbahn, konnten aber glücklicherweise noch von den 09-Spielern zurückgedrängt werden. Wegen der Chaoten gab es eine fünfminütige Spielunterbrechung - und es ging ebenso turbulent weiter. Gladbachs Norman Wermes sah nach einem gestreckten Bein gegen Fronczyk glatt Rot (89.) und wird im Rückspiel fehlen. Kurz darauf war Rocys wieder im Mittelpunkt des Geschehens, sein Kopfball war aber erneut harmlos (90.).

Was folgte, war an Dramatik kaum zu überbieten: In der vierten Minute der Nachspielzeit holte Sven Preissing nach Foul von Gino Windmüller einen Elfmeter für Wattenscheid heraus. Es wäre die Chance gewesen, mit einem Auswärtstor eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel zu schaffen. Doch Trisic scheiterte am überragend reagierenden Keeper Sven Forsbach. Anschließend pfiff Guido Winkmann sofort ab. Aufgrund der Kräfteverhältnisse in Gleichzahl ist der Bergisch Gladbacher Sieg zumindest nicht unverdient.

Die Stimmen zum Spiel der SG Wattenscheid:

André Pawlak (Trainer SG Wattenscheid 09): „Schade, dass wir ohne Tor nach Hause fahren müssen. Dieses Spiel hätte auch 5:3 oder 6:4 ausgehen können - unser Torwart Lukas Fronczyk hatte einen tollen Tag. Uns fehlen insgesamt die Oberliga-Härte, das Tempo. Wir haben Bergisch Gladbach aber dennoch einen Riesenkampf geliefert. Das 2:0 darf in dieser Form nicht fallen. Doch das Ergebnis schockt uns nicht. Wir gehen positiv an diese Aufgabe heran - und ich bin auch überhaupt nicht enttäuscht. Ich hätte mir gewünscht, dass wir öfter spielerisch das Mittelfeld überbrücken - aber gegen so eine starke Abwehr ist es eben deutlich schwieriger. Nach dem Jubel von Dennis Erdmann muss man damit rechnen, dass es etwas wilder wird. Man weiß doch, dass unsere Fans impulsiv sind. Dennoch geht das, was die Fans dann machen, auch gar nicht.“

Didi Schacht (Trainer SV Bergisch-Gladbach 09): Was meine Mannschaft geleistet hat, ist sensationell und aller Ehren wert. Dass ich in der ersten Halbzeit zweimal verletzungsbedingt wechseln musste, hat man durchaus gemerkt. Aber wir sind zu Großem fähig. Dennoch sollten wir noch nicht jubeln. Wir können uns heute noch freuen, und morgen beim Training auch - aber anschließend legen wir die Konzentration auf den Sonntag. In Wattenscheid werden uns eine Menge Zuschauer erwarten.“

David Zajas (Kapitän SG Wattenscheid 09): „Es war ein sehr besonderes Spiel, vor allem, weil so viele Fans da waren. Das erlebt man nur selten in seiner Laufbahn. Wir können aber erhobenen Hauptes nach Hause fahren. Wir haben am Sonntag noch 90 Minuten vor der Brust - und müssen dann ein frühes Tor erzielen.“

Alexander Thamm (Innenverteidiger SG Wattenscheid 09): „Der Sieg für Bergisch Gladbach war nicht unverdient. Es war ein ausgeglichenes Kampfspiel. Dass Milko den Foulelfmeter verschießt, ist natürlich sehr unglücklich.“

SV Bergisch Gladbach 09 - SG Wattenscheid 09 2:0 (1:0)

SGW: Fronczyk - Rathmann, Thamm, Luvuezo, Brümmer (80. Kljajic) - Demirbay (53. Rocys), Zajas, Issa (71. Koitka), Preissing - Sarisoy, Trisic

Tore: 1:0 Erdmann (18.), 2:0 Püttmann (84.)

Bes. Vorkommnis: Gelb-Rote Karte Balduan (Bergisch Gladbach, 50.), Rote Karte Wermes (Bergisch Gladbach, 89.)