Bochum. Marius Probst zählt nicht zum Bundeskader, doch der Wattenscheider 1500-Meter-Mann ist vor der DM in guter Form. Er will es auch dem DLV zeigen.
Nach gut einer Stunde bei der Pressekonferenz des TV Wattenscheid 01 beim Hauptsponsor Stadtwerke Bochum und im Gespräch mit dieser Redaktion hält es Marius Probst nicht mehr auf dem Hocker. „Ich kann nicht so lange sitzen“, sagt der Mittelstreckenläufer des TV Wattenscheid 01, der bei der Hallen-DM in Leipzig vom 16. bis 18. Februar mit 25 Athletinnen und Athleten aufwartet, der „vier bis fünf Medaillen“ als Ziel vorgibt, so Manager Michael Huke. Ein sicherer Kandidat: Marius Probst.
Wenn es normal läuft, geht es nur um Gold oder Silber im Duell mit Leipzigs Robert Farken, dem zweiten starken Mittelstreckenmann Deutschlands. Der 28-jährige Probst verzichtet in dieser olympischen Saison auf seine Titelverteidigung über 800 Meter, setzt auf seine Paradestrecke, über die er gute Chancen auf das Paris-Ticket hat, über die er in der vergangenen Freiluft-Saison ebenfalls Deutscher Meister wurde. Am vergangenen Wochenende holte er sich neues Selbstvertrauen, pulverisierte seine persönliche Bestzeit über 800 Meter, lief in 1:46,29 Minuten auf Rang acht in der ewigen deutschen Bestenliste:. „Das war ein Superlauf. Ich bin topfit“, sagt Probst.
Probst erklärte seinen Ärger über die sozialen Medien
Sprichwörtlich ballt er dabei die Faust in der Tasche. Probst‘ Ärger über den Deutschen Leichtathletik-Verband hat sich nicht in Luft aufgelöst. Ende Oktober erfuhr er neben einigen weiteren betroffenen deutschen Spitzenathleten, dass er nicht zum Bundeskader zählt - und das als zweimaliger Deutscher Meister 2023, der obendrei zweimal die Norm für die EM in Rom im Juni unterbot. Und das Im Olympiajahr! Probst verschaffte seinem Frust Luft, postete seine Sicht über Instagram, prangerte die fehlende Förderung und Wertschätzung für einen der seit Jahren konstant besten Läufer des Landes an. Er erhielt viel Zuspruch, wie er sagt - und mediale Aufmerksamkeit.
Seitdem hat Probst vor allem: trainiert. Zwölf Einheiten pro Woche. Er hat alles getan, um die erste Basis zu legen für Paris. „Ich bin weiterhin sehr enttäuscht über meine Nicht-Nominierung in den Bundeskader“, sagte er am Dienstag. „Aber ich zeige, dass ich nicht den Kopf in den Sand stecke.“ Auch nach dem Motto „Jetzt erst Recht“, sagt Probst, geht er die Hallen-DM, die Olympiasaison an - hochmotiviert, fokussiert, ehrgeizig. Mit Wut und Mut.
Keine Norm, kein Kaderplatz: Probst stocksauer auf den Deutschen Leichtathletik-Verband
Rückblick: Probst erreichte den vom DLV ausgerufenen Kaderrichtwert in der Vorsaison nicht. 3:35,35 Minuten war seine neue persönliche Bestzeit, 3:35,00 der Richtwert. Aus diesem Richtwert aber wurde im Herbst eine Norm, der DLV reagierte damit unter anderem auf das schlechte Abschneiden bei der WM. Heißt: keine Norm, kein Kaderplatz. Und die Wettkampfsaison war ja schon vorbei. „Er hatte keine Zeit zu reagieren“, zeigt sein Wattenscheider Trainer Markus Kubillus, der zudem DLV-Bundestrainer für die Hindernisläuffer ist, Verständnis für Probst‘ Reaktion.
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Bisher wurden die aussichtsreichsten Athletinnen und Athleten bei knapp verpasstem „Richtwert“ in der Regel trotzdem in den Kader aufgenommen, und Probst hatte gerade sein „bestes Jahr“ mit persönlicher Bestzeit hinter sich. Die Folgen sind gravierend. Die Förderung für einen Kaderathleten (700 Euro/Monat) entfällt ebenso wie Planung und Kostenübernahme für Trainingslager, für Physiothereapeuten. Dem Verein, sagt der Athlet, sei er sehr dankbar für die Unterstützung, auffangen kann er den Entfall der DLV-Zuschüsse aber nicht. Probst müht sich aktuell um Einzelsponsoren, die ihn fördern neben Klub und Ausrüster.
Trainingslager in Südafrika kostet 2000 Euro - aus eigener Tasche
Nach der DM reist Probst ins Trainingslager nach Südafrika vom 19. Februar bis 27. März., jenseits des Bundeskaders trainiert er auf rund 1900 Metern mit einigen anderen Wattenscheidern wie Talent Maximilian Feist, der bei der Hallen-DM zumindest Rang drei im Visier hat. Kosten: rund 2000 Euro. „Die muss ich selbst zahlen“, sagt der mehrmalige Deutsche Meister. „Das ist ein Fehler im System.“
Auch ein Trainer ist nicht vor Ort in der Laufhochburg Dullstroom, „ich spreche täglich alles mit Markus Kubillus ab“, erklärt Probst. Ohne ein, besser zwei mehrwöchige Höhentrainingslager ist man international chancenlos im Laufbereich, andere Nationen fördern ihre Spitze in einem ganz anderen Ausmaß.
Probst zieht jetzt sein Ding durch, dafür lässt er das Studium an der Ruhruniversität Bochum in diesem Jahr eher nebenbei weiterlaufen. Paris soll der krönende Abschluss seiner Karriere sein, die er danach - wahrscheinlich - beenden will. Ob er es schafft als „Einzelkämpfer“? Probst ist optimistisch. Zum einen hat er die Olympia-Norm im Blick, sie liegt bei 3:33,50 Minuten - deutlich über Probst‘ Bestzeit. Schwer, aber machbar, meint er.
Über das Punktesystem nach Paris: Probst liegt international gut im Rennen
Wenn das nicht klappt, will er bis zum Stichtag 30. Juni über das Punktesystem auf der sicheren Seite sein. Vor Tokio 2021 verfehlte er seinen Traum haarscharf, zwei Punkte fehlten. Als Nummer 46 verpasste er die Spiele um einen Platz im internationalen Ranking. Derzeit liegt er auf Platz 37, erneut gibt es 45 Startplätze gibt es für die 1500 Meter der Männer. Die fünf besten Zeiten fließen in das Ranking ein, „bei meiner fünften Zeit ist viel Luft nach oben“, sagt Probst optimistisch. „Wenn ich gesund bleibe, habe ich gute Chancen, es zu schaffen.“
Insofern käme dem starken Finisher auch ein schnelles Rennen in Leipzig entgegen. Aber auch ein taktisches Duell mit Lokalmatador Robert Farken könnte es geben. Der Leipziger setzte nun bei einem stark besetzten Meeting in Lievin/Frankreich ein Zeichen, wurde Dritter in 3:36,11 Minuten. Das Finale der Männer über 1500 Meter am Sonntag (14.08 Uhr/livestream bei leichtathletik.de), es ist nicht nur für den TV Wattenscheid ein Höhepunkt der der DM.
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