Bochum. Hinter Bochums erstem Highlander-Clan liegt ein Jahr der Vorbereitung. Vor der zweiten Coronawelle starteten die Spiele beim TV Langendreer.
Der Blick schweift über den ramponierten Rasen. Feine Regentropfen stören die Sicht. Leichter Wind lässt die Baumkronen rascheln. Auf der Wiese stehen eine Handvoll Personen, gekleidet in dunklen Röcken, den bekannten Kilts. Dudelsackmusik ertönt. Vor ihnen liegt ein geschälter Baumstamm, 5,25 Meter lang. Die Umgebung erinnert an das schottische Hochland, das Treiben auf dem Rasen gleicht dem einer langen sportlichen Tradition: den schottischen Highland-Games.
Doch der Schauplatz, den diese Redaktion weit vor der coronabedingten Sperrung der Sportanlagen sowie dem Verbot von Amateursport aufgesucht hat, liegt nicht im rauen Norden Großbritanniens, sondern in Bochum-Gerthe – auf einem ausgesonderten Fußballplatz. Mit der Unterstützung des Stadtsportbundes Bochum richtete sich die Gruppe um Jörg Zatzke und Simone Greiling die Fläche für ihre Zwecke her. Denn vor gut einem Jahr gründete der Badmintontrainer mit mehreren Mitstreitern Bochums ersten Highlander-Clan unter der Obhut des TV Langendreer.
Sportgeräte lassen sich nicht im Laden kaufen
Seitdem meisterten die Mac Claymores, wie sich die Gruppe nennt, viele Hürden. Denn die Sportgeräte – zu denen Baumstämme, Steinkugeln, schwere Taue, Hufeisen und vieles mehr gehören – „lassen sich nicht einfach im Laden kaufen“, wie Jörg Zatzke erklärt. Doch nach einer langen Vorbereitung ist fast alles da, was für ein anstrengendes Training gebraucht wird. Rund zwölf Monte nach einer ungewöhnlichen Gründungsgeschichte.
„Als wir im vergangenen Jahr mit sechs Leuten bei einem gemütlichen Grillabend zusammengesessen haben, schlug ich vor, bei den Highland-Games in Hamm mitzumachen. Nach einigen Kaltgetränken konnte ich die anderen schließlich überzeugen“, blickt Jörg Zatzke zurück. Gesagt, getan. Ohne Kenntnisse fuhren die Freunde in den Nordosten des Ruhrgebietes und kehrten gleich mit einem kleinen Pokal heim.
Wie Familienmitglieder aufgenommen
„Wir wussten nicht, was uns erwartet. Dementsprechend oft wurden wir wegen einer falschen Ausführung der Disziplinen disqualifiziert. Trotzdem haben wir nach der Teilnahme beschlossen, weiter zu trainieren“, erklärt Zatzke. Montags und donnerstags treffen sie sich daher in normalen Zeiten, wenn Sport in Gruppen erlaubt ist, ab 18 Uhr am Sportplatz an der Heinrichstraße. Obwohl es ein offizielles Regelbuch für die Highland-Games gibt, brachte sich die Gruppe die Ausführung größtenteils selbst bei. „Obwohl wir Neulinge waren, haben uns die anderen Teilnehmer der Highland-Games wie Familienmitglieder aufgenommen und ihre Tipps und Tricks verraten. So konnten wir uns weiter verbessern“, ergänzt Zatzke, der mittlerweile eine Trainerlizenz besitzt.
Zwar ist der Clan bereits auf zwölf Mitglieder angewachsen, Zatzke verfolgt aber ein ehrgeiziges Ziel: „Im nächsten Schritt möchten wir uns bis auf 30 Leute erweitern.“
An interessierten und verwunderten Zuschauern mangelt es den Bochumern beim Training jedenfalls nicht. Zwei Zaungäste beobachten die Gruppe beim Baumstammüberschlag. Einer Übung, bei der ein Stamm senkrecht aufgenommen und so nach vorne geworfen wird, dass er sich überschlägt. „Entscheidend ist, wie der Stamm liegen bleibt. Am besten auf 12 Uhr, dann gibt es die volle Punktzahl“, erläutert Zatzke.
Steinkugeln wiegen bis zu 90 Kilogramm
Weitaus weniger spektakulär, dafür umso kniffliger gestaltet sich die Disziplin „Stone of Manhood“. Bei ihr muss ein Stein auf ein Podest gelegt werden. Klingt simpel. „Wenn die Steinkugel bis zu 90 Kilogramm wiegt, ist das schon schwieriger““, sagt Zatzke lachend. Während er die Kugeln beim Steinmetz kaufen konnte, legte der Clan bei vielen Dingen selbst Hand an. Beispielsweise bei der Herstellung der Trikots. „Meine Mutter ist Schneiderin. Sie hat uns die T-Shirts mit den blau-karierten Ärmeln umgenäht. So etwas zu kaufen, wäre viel zu teuer“, sagt Simone Greiling. Viel Zeit in Anspruch nahm ebenfalls der Ausbau des Containers, der dem Clan zum Lagern der Geräte, aber auch zum Umziehen und Unterstellen dient.
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Um ihre kleine schottische Insel mitten in Bochum zu errichten, brachten die Mitglieder einen Eigenanteil von etwa 3.500 Euro auf. 15.000 Euro bewilligte die Stadt zusätzlich. Mit Erfolg. Container und Sportplatz sind fertig. Sogar das alte Flutlicht funktioniert. Nun steht dem großen Vorhaben der Mac Claymores nur noch Corona im Weg. „Wenn alles glatt läuft, möchten im Sommer 2021 unsere eigenen Highland-Games veranstalten“, so Zatzke. Dann sind zahlreiche Zaungäste vorprogrammiert.
Hintergrund: Highland-Games sind traditionelle Sportveranstaltung in Schottland
Die Highland-Games sind eine traditionelle Sportveranstaltung in Schottland. Sie geht auf die Zusammenkünfte der schottischen Clans zurück. Im sportlichen Wettkampf wurden die stärksten Männer ausgewählt und dann zu Leibwächtern und Boten der keltischen Könige ernannt. In Deutschland gibt es rund 78 Clans, die in zahlreichen Disziplinen bei Highland-Games gegeneinander antreten. Dazu zählen: Baumstammüberschlag, -ziehen und -slalom, Gewichtweit- und -hochwurf, Steinstoßen, Stein der Männlichkeit, Hammer- und Axtwerfen, Tauziehen, Koffertragen, Heusack-Hochwurf und Weitwurf, Hufeisenwerden und Fassrollen. Ein Clan besteht aus mindestens sechs Personen.
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