Bochum. Der Berg kreisst, und sollte er am Ende eine Maus gebären, wäre das fatal für den VfL Bochum. Der VfL-Vorstand scheint eine Trennung von Marcel Koller anzustreben, braucht aber grünes Licht vom Aufsichtsrat.
Nach der 2:3-Niederlage gegen den 1. FSV Mainz, nach unüberhörbaren Fan-Protesten gegen Trainer Marcel Koller und den Aufsichtsrats-Chef Werner Altegoer und nach einem weiteren sportlichen Tiefpunkt saßen am Samstagabend die Verantwortlichen zusammen, um über die vorrangige Frage zu beraten: Kann man mit Koller weitermachen und mit ihm am Dienstag in das Pokalspiel gegen Schalke gehen?
Der Manager der Mainzer, Christian Heidel, beschrieb die Stimmung im Stadion wie folgt: "Das war ja für uns genial, wie bei einem Heimspiel." Nach desolaten Auftritten in Schalke und Hoffenheim, teilweise auch in Leverkusen, hatten die VfL-Anhänger, neben Koller auch die Führung des Klubs ins Visier genommen. Nach Spielschluss formierten sich mehrere hundert Fans unter der Stadionbrücke, skandierten: "Ohne Koller gewinnen wir den Pokal", und: "Ihr macht den Verein kaputt."
Während Sportvorstand Thomas Ernst mit Koller konferierte, musste sich der Mainzer Trainer Thomas Tuchel eine halbe Stunde lang die Zeit vertreiben, bevor beide Trainer zur Pressekonferenz erschienen. Dass der Schweizer nicht bereit ist, aus eigenen Stücken Platz zu machen für einen neuen Mann, machte er so deutlich: "Ich kenne diese Situation, seit ich hier bin. Das ist nicht angenehm, aber wir haben das in den letzten Jahren stets hingekriegt, die Mannschaft in der Bundesliga zu halten." Allerdings räumte Koller auch ein, dass es diesmal nicht mehr reichen könnte für ihn bei den Beratungen in der Vorstandsetage: "Ich weiß nicht, wie die Verantwortlichen letztlich entscheiden werden."
Wie der Vorstand darüber denkt, lässt sich unschwer erahnen. Ansgar Schwenken urteilte über das vorangegangene Trauerspiel: " Man hat gesehen, dass der Mannschaft die Überzeugung fehlt." Von Abnutzungserscheinungen war die Rede, wobei Schwenken die Abnutzung "nicht in der Summe der Jahre" bemisst, sondern "in der Anzahl der Krisen", die zu bewältigen seien. Heißt: Irgendwann verlieren die gewohnten Instrumente eines Trainers ihre Wirkung. Und genauso präsentiert sich die Mannschaft, die viel mehr kann als sie gegen Mainz gezeigt hat, in dieser Saison. Aber es fehlt inzwischen sogar die Souveränität, ein Spiel gegen einen eher schwachen Gegner zu führen, obwohl man zwei Mal die beste Basis dafür serviert bekommen hat - den Führungstreffer.
Um der Negativ-Stimmung und dem rapiden Zuschauerschwund, der ja auch wirtschaftliche Risiken birgt, entgegen zu wirken, scheinen Thomas Ernst und Ansgar Schwenken eine zügige Trennung von Koller anzustreben, benötigen dazu aber grünes Licht vom Aufsichtsrat. Bis eine neue dauerhafte Nachfolge-Lösung gefunden ist, könnte Co-Trainer Frank Heinemann - im Pokalspiel gegen Schalke und im folgenden Punktespiel in Nürnberg - die Mannschaft betreuen und versuchen, dem Team Optimismus und Vertrauen in die eigene Stärke zu vermitteln.
Wer sich bei diesem Tauziehen durchsetzt und ob sich die Mitglieder des Aufsichtsrates dazu durchringen können, einmal nicht ihrem Vorsitzenden zu folgen, wird sich vermutlich erst im Laufe der Nacht entscheiden. In letzter Konsequenz, sollte er seine eigene Zukunft an den Verbleib von Marcel Koller knüpfen, könnte es auch den Rücktritt von Werner Altegoer bedeuten.