Bottrop. Jürgen Heidtmann, Leiter des Bottroper Sport- und Bäderbetriebs, sorgt sich um den Sport, hält den Lockdown aber für die richtige Maßnahme.

Vor ziemlich genau einem Jahr gab es in Deutschland den ersten Coronafall. Wenige Wochen später stand das Land still - auch der Sport legte eine Zwangspause ein. Das bedeutete viel Arbeit für den Bottroper Sport- und Bäderbetrieb.

Wie Betriebsleiter Jürgen Heidtmann die vergangenen zwölf Monate erlebt hat, welche Herausforderungen er und seine Mitarbeiter bewältigen mussten und warum er glaubt, dass die Pandemie auch eine Chance für den Sport sein kann, hat er im Interview mit Maximilian Lazar verraten.

Herr Heidtmann, können Sie sich noch an ihre ersten Gedanken erinnern, als klar war, dass der Sport nun zum Erliegen kommt?

Mein erster Gedanke galt den Vereinen und ihren Mitgliedern, die quasi von heute auf morgen nicht mehr ihren Sport organisieren und ausüben konnten. Diese Gedanken bestätigten auch die unzähligen Anfragen aus den Vereinen und auch von Eltern. Der zweite Gedanke galt natürlich dem Sport- und Bäderbetrieb, denn es galt organisatorische und personelle Regelungen zu treffen.

Ab diesem Moment ging es Schlag auf Schlag. Was waren die größten Herausforderungen, die auf Sie und ihr Team in der Folge zukamen?

Für uns stand immer die Problematik im Raum, kurzfristig auf die Corona-Schutzverordnungen reagieren zu müssen. Wir mussten uns immer wieder die Frage stellen: Wo und wie ist der Amateursport betroffen. Einerseits mussten wir das intern organisieren, anderseits aber auch immer wieder schauen, wie wir mit den Vereinen kommunizieren. Wir wollten dort immer sehr zügig handeln, gerade als es um die Schließungen ging. Gleichzeitig waren wir aber auch immer zügig dabei, wenn es Lockerungen gab. Da möchte ich auch meinem Mitarbeiter Henning Wiegert danken, der immer einen sehr engen Kontakt zu den Vereinen gehalten hat und der erste Ansprechpartner war, auch an Wochenenden.

Mitarbeiter des Sport- und Bäderbetriebs Bottrop wurden auch an das Impfzentrum abgestellt

Sie sind auch für die Platz- und Hallenwarte verantwortlich. In den Monaten des Lockdowns waren die Anlagen ja komplett geschlossen. Welche Aufgaben konnten die Mitarbeiter in dieser Zeit übernehmen?

Wir mussten festlegen, welche Personen wir benötigen, um dann einige Mitarbeiter beispielsweise an den kommunalen Ordnungsdienst, das Testzentrum oder auch das Impfzentrum abzustellen. In den kommenden Wochen wird die Arbeit aber wieder zunehmen, wenn es beispielsweise mit dem Grünschnitt wieder los geht. In den Hallen haben wir in den vergangenen Wochen kleinere Reparaturen vornehmen können.

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Gerade die Asche- und Rasenplätze sind in den vergangenen Monaten kaum belastet worden. Sind die Spielflächen in einem so guten Zustand wie lange nicht mehr?

Den Plätzen wird es auf jeden Fall besser gehen als sonst.

Wie lange bräuchten Sie denn, um den Betrieb wieder hochzufahren?

Darauf sind wir gut vorbereitet. Das Hallenbad beispielsweise wird auf Stand-By-Betrieb gehalten. Wir sparen Kosten ein, können aber alles innerhalb eines Tages wieder hochfahren.

Ein Verein steht "unter starkem finanziellen Druck"

Apropos Kosten. Wie hart hat es den Sportbetrieb in Bottrop finanziell getroffen?

Durch Corona sind immense Kosten entstanden. Im Stenkhoffbad mussten wir unter anderem umfangreiche Arbeiten erledigen, um die Coronaauflagen erfüllen zu können. Zudem war mehr Sicherheitspersonal im Einsatz. Außerdem haben wir im ersten Lockdown auf die Platz- und Hallengebühren der Vereine verzichtet und machen das nun auch wieder. Innerhalb von gerade einmal sechs Wochen haben wir dann auch ein Buchungssystem für die Hallenbäder auf den Weg gebracht. Das ist quasi über Nacht entstanden.

Alles, was die Betriebskosten erhöht, wird von der Stadt übernommen. Aber wir versuchen natürlich, den Rahmen einzuhalten.

Gibt es Vereine, die sich in der Zeit bei Ihnen gemeldet haben, weil es bei ihnen finanziell knapp wird?

Es gab Tennisvereine, die sich bei uns gemeldet haben. Da reden wir über sehr kleine Vereine und dabei ging es dann um die Pauschale, die jährlich als Unterstützung für die Platzaufbereitung gezahlt wird. Darüber entscheidet der Betriebsausschuss turnusmäßig in seiner letzten Sitzung des Jahres. Diese war aber bereits im September, also vor Ende der Antragsfrist. Eine weitere Sitzung konnte aber wegen Corona nicht stattfinden. Ich kann den Vereinen aber versichern, dass das Geld kommt. Ein weiterer Verein steht zudem unter starken finanziellen Druck, da die Werbepartner weggebrochen sind. Das trifft vor allem die Klubs, die vor allem auf die Werbeeinnahmen und weniger auf die Mitgliederbeiträge angewiesen sind.

Die Coronavirus-Mutation sorgt weiter für vorsichtige Handlungen

Sind die Lockdown-Maßnahmen mit Blick auf eben diese Konsequenzen ihrer Meinung nach gerechtfertigt?

Ich verfolge eher eine strenge Auslegung und halte das Sportverbot und die Sperrung der Anlagen für gerechtfertigt. Meiner Meinung nach hätten wir auch nach dem ersten Lockdown länger daran festhalten sollen. Gerade mit den Virus-Mutationen sollte man jetzt vorsichtig sein. Beim Fußball gibt es immer wieder Zweikämpfe und auch beim Volleyball lässt sich der Abstand von 1,5 Metern nicht immer einhalten. Ich habe keine Glaskugel, aber ich glaube schon, dass die aktuellen Maßnahmen bis zum 31. März aufrechterhalten bleiben.

Glauben Sie, dass in den Vereinen noch eine Akzeptanz für die aktuellen Maßnahmen vorhanden ist?

Das Verständnis bei den Vorständen ist da. Beim einen oder anderen Sportler vielleicht nicht so sehr. Die wollen trainieren und können vielleicht nicht verstehen, warum die Fußball-Bundesliga spielen darf. Aber da steckt ein ganz anderer Sicherheitsapparat hinter.

Wie haben Sie denn die Zusammenarbeit mit der Politik im vergangenen Jahr erlebt?

Es war problematisch. Teilweise galt gestern etwas, das morgen schon nicht mehr gilt. Oft musste über Auslegungen der Corona-Schutzverordnung diskutiert werden. Da haben manche Städte es ganz anders aufgefasst. Und das hat natürlich auch in der Sportlandschaft für Diskussionen gesorgt. Es kam die Frage auf, warum die einen dürfen und die anderen nicht. Wir haben immer versucht, es für Bottrop passgenau hinzubekommen.

Corona-Schnelltests könnten eine Möglichkeit sein

Kürzlich hieß es, dass mögliche Schnelltests einen Spielbetrieb im Amateurbereich möglich machen könnten. Wie stehen Sie dazu?

Das könnte ein probates Mittel sein, die Kosten müssten allerdings die Vereine tragen. Gleichzeitig müssten die Verbände dafür sorgen, dass die Tests möglich sind.

Könnten die Vereine nach der Pandemie sogar von der aktuellen Situation profitieren?

Die Gesellschaft hat in den vergangenen Monaten extremes geleistet. Und auch die Vereine haben ihren Mitgliedern tolle Angebote gemacht, haben sich überlegt, wie sie mit ihren Übungsleitern umgehen. Sie haben sehr stark an ihren Strukturen gearbeitet, dabei sind innovative Ideen entstanden. Die meisten Menschen schätzen die Gemeinschaft und deshalb glaube ich, dass die Vereine nach der Pandemie großen Zuspruch erhalten werden. Genau wie auch Restaurants und Gaststätten. Aktuell fehlt einfach die Geselligkeit. Und die Vereinsmitglieder, die ihrem Klub jetzt treu bleiben, auf die können sich die Vorstände sicher auch in Zukunft verlassen.

Beim Thema Schwimmen stehen die Eltern in der Verantwortung

Die größte Bottroper Sporthalle, die Dieter-Renz-Halle, ist derzeit zum Ratssaal umfunktioniert. Wie kann es da weitergehen, wenn das Sportverbot aufgehoben wird?

Dann braucht es eine Lösung, da es sonst für den Vereins- und Schulsport Probleme geben könnte. Das könnten wir nur sehr schwer kompensieren und müssten Gespräche mit anderen Vereinen führen, da wir dann sicherlich in andere Hallen ausweichen müssten. Letztendlich hängt es von der Schutzverordnung ab, wie es mit dem Stadtrat weitergeht.

Große Sorgen machen sich viele auch um Kinder, die Schwimmen lernen müssen. Dort gibt es in NRW einen großen Anmeldestau. Wie sieht es in Bottrop aus?

In erster Linie sehe ich die Eltern in der Verantwortung, da es kein Verein leisten kann, allen Kindern das Schwimmen beizubringen. Da gab es auch vor Corona schon eine lange Warteliste. Die Schulen machen, was nötig ist und was sie leisten können. Ich kann immer wieder feststellen, dass die Hallenbäder gut frequentiert sind.

Einige Sportstätten könnten geschlossen werden, andere modernisiert

In Bottrop gibt es neben den Breitensportlern auch einige Spitzensportler, die durch das Programm zur Förderung des Leistungssports unterstützt werden. Läuft die Förderung derzeit weiter?

Die Gelder, die an die Sportler ausgezahlt werden, sind zweckgebunden. Das bedeutet, dass beispielsweise die Förderungen für Materialien oder Sportkleidung weiter bezahlt werden. Trainingslager, die wegen Corona ausfallen, müssen aktuell natürlich nicht unterstützt werden. Diese Gelder werden eingehalten. Sie werden dann gegebenenfalls in einer späteren Runde ausgezahlt. Ich bin den Sponsoren übrigens sehr dankbar, dass sie uns die Treue halten.

So soll die Sporthalle an der Neustraße einmal aussehen. Der Bottroper Sport- und Bäderbetrieb möchte die Arbeiten daran 2021 vorantreiben.
So soll die Sporthalle an der Neustraße einmal aussehen. Der Bottroper Sport- und Bäderbetrieb möchte die Arbeiten daran 2021 vorantreiben. © BSBB | BSBB

Abgesehen von Corona: Was steht beim Sport- und Bäderbetrieb im Jahr 2021 auf der Agenda?

Der Sportstättenentwicklungsplan steht ganz oben auf unserer Liste. Den wollen wir spätestens zwischen April und Juni vorlegen. Dabei geht es auch darum zu schauen, welche Sportanlage wie stark frequentiert ist. Uns muss jetzt der große Wurf gelingen, in dem vielleicht einige Sportstätten geschlossen und andere modernisiert werden. Aber dann haben wir das für Jahre geschafft. Dabei geht es übrigens nicht nur um die Größe der Vereine, die auf den jeweiligen Anlagen spielen, sondern auch darum, ob beispielsweise Schulen die Sportstätten nutzen. Außerdem wollen wir den Neubau der Sporthalle an der Neustraße vorantreiben und der Förderantrag zur Sanierung des Stenkhoffbades ist auf den Weg gebracht. Da erwarten wir Mitte Februar ein Ergebnis.

Abschließend die Frage: Wenn Corona in fünf Minuten vorbei wäre, was würden Sie als erstes tun?

Ich würde sämtliche Sportstätten öffnen, das Hallenbad wieder hochfahren. So, dass Sport wieder ganz normal möglich ist. Darauf warten die Sportler.

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