Gladbeck. Sie waren in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts der Fußballverein in Gladbeck: die Sportfreunde. Ein Rückblick auf glorreiche Zeiten.

Laut vernehmlich klopften sie 1963 an die Tür zur Regionalliga. Doch zum Durchgang in die damals zweithöchste Spielklasse reichte es nicht ganz. Kein Fußballverein in Gladbeck kann auf eine annähernd so glanzvolle und erfolgreiche Zeit zurückblicken wie die Sportfreunde Gladbeck in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts.

„Das“, sagte einst der 2015 verstorbene ehemalige WAZ-Sportchef Hans-Josef Justen, der als Braucker Junge bekennender Anhänger der Kleeblätter gewesen ist, „waren die goldenen Zeiten des Gladbecker Fußballs.“

VfR Gladbeck-Süd wurde am 6. Januar 1920 gegründet

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Ein Klub mit dem Hauch von Legendenstatus, auch im Schatten von Königsblau und der Emscher Husaren! Längst vorbei. Allenfalls noch ein Objekt wehmütiger nostalgischer Blicke zurück in vergangene Zeiten. Es reichte nicht einmal zum Hundertjährigen, schon am letzten Tag im Juni des Jahres 2016 verabschiedete sich der Nachfolge-Verein FC Gladbeck aus dem Vereinsregister.

Zurück an die Anfänge: Am 6. Januar 1920 wurde der Verein als VfR Gladbeck-Süd aus der Taufe gehoben, als offizielles Gründungsdatum galt der 1. Januar. Drei Jahre später schloss man sich mit dem TV 1912 Gladbeck zusammen und firmierte unter Sportfreunde Gladbeck-Süd, weitere neun Jahre später verzichtete man auf die Himmelsrichtungsangabe „Süd“.

Sportfreunde Gladbeck steigen in die II. Division West auf

Eine Postkarte aus dem Jahr 1957 zeigt die Sportfreunde Gladbeck, die Verbandsligameister geworden waren.
Eine Postkarte aus dem Jahr 1957 zeigt die Sportfreunde Gladbeck, die Verbandsligameister geworden waren. © WAZ | Ulla Michels

Den ersten Erfolg feierten die Sportfreunde im Olympiajahr 1936, als Meister der Kreisklasse stiegen die Kleeblätter in die Bezirksliga auf. In der Saison 1943/44 erreichte die Mannschaft die Aufstiegsrunde zur Gauliga. Ende der 40er Jahre wurden die Braucker Vizemeister hinter dem VfL Resse 08 und schafften in der Aufstiegsrunde den Sprung in die Landesliga.

1956 qualifizierten sich die Gladbecker für die neu geschaffene Verbandsliga Westfalen und wurden auf Anhieb Meister der Gruppe 2. In den Endspielen um die Westfalenmeisterschaft unterlagen die Braucker zwar der SpVg Beckum. Weil aber sowohl die Beckumer als auch Mittelrheinmeister Stolberger SV auf den Aufstieg in die II. Division West verzichteten, rückten die Sportfreunde nach.

Sportfreunde Gladbeck spielten gegen Borussia Mönchengladbach

Aller Unkenrufe zum Trotz hielten die Kleeblätter sich sechs Jahre lang in der Klasse, landeten zumeist im Mittelfeld der Tabelle. Die Heimspiele gingen im Stadion über die Bühne, im Schnitt drückten mehr als 5500 Zuschauer den Grün-Weißen die Daumen in Spielen etwa gegen Borussia Mönchengladbach oder Bayer Leverkusen (!). Zu einer Begegnung mit dem VfB Bottrop kamen gar 18000 Fans - Rekord!

Mit dem heutigen Fußballgeschäft war das alles nicht zu vergleichen: Die Spieler der Sportfreunde bekamen vielleicht 100 Mark im Monat und 70 Prämie für einen Heimsieg. Und: Die Mannschaft, die in der II. Division West kickte, bestand fast ausschließlich aus waschechten Gladbecker Jungs.

Manfred Reichert erinnert sich an eine „wunderschöne Zeit“

In Aktion: Manfred Reichert, Torwart der Sportfreunde Gladbeck, hier in einem Spiel gegen den VfB Bottrop.
In Aktion: Manfred Reichert, Torwart der Sportfreunde Gladbeck, hier in einem Spiel gegen den VfB Bottrop. © WAZ Repro | MEINERT, Franz

„Wir mussten noch arbeiten gehen”, sagte Sportfreunde-Schlussmann Manfred Reichert vor ein paar Jahren in einem Gespräch mit der WAZ. Ungeachtet dessen betonte er: „Das war eine wunderschöne Zeit, die Kameradschaft war wirklich sagenhaft.”

Dann gab es jedoch einen Einschnitt mit Folgen. Als Unterbau zur neu geschaffenen Bundesliga wurden Regionalligen gegründet, für die West-Staffel qualifizierten sich die ersten acht Mannschaften. Im entscheidenden Spiel empfingen die Gladbecker als Tabellenachter den direkten Konkurrenten SV Sodingen.

1968 entstand aus einem Zusammenschluss der FC Gladbeck

Ausgerechnet Ernst Brünglinghaus vergab beim Stande von 0:0 einen Elfmeter, am Ende hatte der Traditionsverein aus Herne mit 2:0 die Nase vorn. Der Abschied aus der Verbandsliga war die Folge. Der eine oder andere gute Akteur verließ darauf hin die Roßheide. Das war der Anfang vom Ende . . .

Gleich zweimal, 1967 und 1968, verpassten die Sportfreunde in der Folge den Aufstieg. Im geschichtsträchtigen Jahr 1968 fusionierten die Sportfreunde schließlich mit SuS Rosenhügel und wurde zum FC Gladbeck.

Schalker Meisterspieler Günter Siebert war für Sportfreunde Gladbeck aktiv

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„Auch so Trainer-Größen wie Hermann Eppenhoff, Berni Klodt und Heinz Flotho konnten den Abwärtstrend nicht nachhaltig umkehren“, erinnerte sich Jahre später Brünglinghaus, der als Profi zu Werder Bremen gewechselt und anschließend zu seinem Heimatverein zurückgekehrt war. Um den Niedergang zu verhindern, verpflichteten die Sportfreunde sogar Schalkes Meister-Kicker Günter Siebert.

„Der hat“, so Brünglinghaus, „nur gespielt, wenn das Wetter gut war und genügend Zuschauer im Stadion waren. Und er war zudem teurer als der Rest der Truppe zusammen, ein richtiger Schmierlapp“, ereiferte sich Brünglinghaus selbst vor einiger Zeit noch über den späteren Schalke-Präsidenten.

Ein Höhepunkt war ein Freundschaftsspiel gegen Schalke mit Szepan und Kuzorra

An einen wahren Höhepunkt erinnerte sich Manfred Reichert, der insgesamt mehr als 1000 Mal für den Klub aus Brauck das Tor hütete: „Ich stand als 13-Jähriger an der Seitenlinie, als die Sportfreunde zum 25-jährigen Vereinsbestehen gegen den FC Schalke 04 spielten.“

Bei den Königsblauen lief alles auf, was Rang und Namen hatte: Fritz Szepan, Ernst Kuzorra, Ernst Kallwitzki, im Tor stand Hans Klodt. Vor mehr als 5000 Zuschauern zogen sich die Hausherren mit einem 1:3 recht achtbar aus der Affäre, Fritz Knollmann erzielte per Elfmeter den Ehrentreffer.

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