Köln. Der erste Champions-League-Gewinn für die SG Flensburg-Handewitt gegen den THW Kiel ist der alte Triumph von David über Goliath. Die Flensburger Handballer überzeugten durch freches Spiel und lassen die Fans von einer Fortsetzung des Erfolgs träumen.
Es war doch eine Fiktion, findet Manfred Werner. „Wenn man das als Drehbuch entworfen hätte, dann wäre diese Dramaturgie als zu fantastisch und unrealistisch abgelehnt worden“, sagt er. Dass die SG Flensburg-Handewitt tatsächlich die Handball-Champions League gewann, im Finale gegen den großen Rivalen THW Kiel (30:28), im Halbfinale nach dramatischem Siebenmeterwerfen gegen den FC Barcelona, den erfolgreichsten Klub der Geschichte – „das ist wirklich so was von unglaublich“, sagt er.
Werner war 1990 einer der Motoren, als der heutige Klub aus einer Fusion der SG Weiche-Handewitt mit dem TSB Flensburg entstand. Seinerzeit war die Idee, sich irgendwann mit dem großen THW messen zu können. Ein Vierteljahrhundert später ist der THW die Messgröße; die „Zebras“ haben allein 19 Meisterschaften gewonnen, die SG eine (2004). „Dieses Duell hat beide Vereine hochgepuscht“, glaubt Werner.
Sieg des Außenseiters eine sportökonomische Sensation
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Das Team um Kapitän Tobias Karlsson, den furchtlosen Anführer aus Schweden, hatte ebenso furchtlos gefeiert im Hotel Flamingo Royal in Köln, und dann weiter, nach dem Rückflug, auf dem Südermarkt im Herzen Flensburgs. Hier und in den Dörfern wie Schnarup-Thumby und Hürup existiert eine überaus lebendige Handballkultur, und seit über acht Jahrzehnten kämpft sie als David gegen die Übermacht des THW.
Der Raum begrenzt hier die Mittel. Im Norden ist Dänemark, sagt Werner „und im Süden ist der Nord-Ostsee-Kanal unsere natürliche Grenze, das Gebiet südlich davon ist THW-Land.“ Große Industrieunternehmen sind im Landesteil Schleswig nicht angesiedelt. Einnahmen bezieht die SG jährlich aus Zuschauererlösen und von vielen kleinen Sponsoren. Wenn die SG nun den weltweit größten Titel des Klubhandballs hält, ist das auch sportökonomisch eine Sensation.
Die Sympathien fliegen dem Außenseiter aber deshalb zu, weil er in dieser Saison oft den schönsten Handball spielte: blitzschnell, frech, kombinationssicher und auf technisch teils absurd hohem Niveau.
Geweckte Fan-Sehnsüchte nach Flensburgs zweiter Meisterschaft
Mit diesem Stil hatte die SG schon vor Weihnachten die Kieler zerlegt, dann aber warfen Verletzungen den Klub zurück. So bekam Talent Jim Gottfridsson seine Chance. In Köln trumpfte er auf.
Der altgediente Funktionär Werner weiß aber auch, dass nun Sehnsüchte nach einer zweiten Meisterschaft geweckt werden: „Der Titel ist auch eine Verpflichtung.“ Nach diesem Film von Köln, das wäre in Hollywood nicht anders, verlangen die Fans eine Fortsetzung.