Essen. Auch das Siegen will gelernt sein: Die deutsche Mannschaft hat nach dem WM-Halbfinale gegen Brasilien viel richtig gemacht. Nicht nur das faire Trösten der niedergeschlagenen Brasilianer direkt nach dem Abpfiff hat der Löw-Elf beim Gastgeber viele Sympathien eingebracht. Denn: Im Finale trifft Deutschland ausgerechnet auf Brasiliens Erzrivalen Argentinen.

Eine Niederlage zum Vergessen, doch Brasilien kann nicht: Zu eindeutig ist das Ergebnis, zu schmerzhaft das Ausscheiden bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land.

Dazu gab es im Halbfinal-Spiel ihrer Heim-WM eine Handvoll Negativ-Rekorde, die keiner ins Poesiealbum klebt, sondern am liebsten tief eingepackt im Garten verbuddeln möchte.

Hochemotional haben die brasilianischen Zeitungen ihr Team aus dem Titelrennen verabschiedet: Eine Pleite zum in der Erde versinken.

Brasilianische Sportzeitung: "Wir sind alle Deutschland"

Was liegt also näher, dem Verursacher der sportlichen Schmach für das Finale nicht gerade die besten Wünsche mit auf dem Weg zu geben? Doch mit dem Gegenteil dürfte die deutsche Elf am Sonntag im Estádio Maracanã (21 Uhr, Live im Ticker) in Rio de Janeiro rechnen. Viele Brasilianer werden sich wohl nicht auf die Seite ihrer südamerikanischen Nachbarn aus Argentinien schlagen. Die brasilianische Sportzeitung "Lance" schrieb bereits: "Wir sind alle Deutschland!"

Dafür hat die deutsche Mannschaft aber nicht nur mit ihrer spielerischen Klasse gesorgt, sondern auch durch große Gesten. Direkt nach dem Halbfinal-Schlusspfiff nahm sich die Löw-Elf zunächst Zeit, einige tröstende Worte an den niedergeschlagenen Gegner zu richten.

Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger verharrten lange bei ihrem Münchner Mannschaftskameraden Dante. Trainer Luiz Felipe Scolari und Joachim Löw klopften sich innig auf die Schultern. Erst nach einige Minuten zog es die deutschen Spieler zum ausgelassenen Feiern mit den eigenen Fans in die Kurve. Es sind Bilder die ankommen.

Dass sich Argentinen und Brasilien als alte Rivalen nicht sonderlich mögen, dürfte die Sympathien vor dem Finale ebenfalls recht einseitig beeinflussen. Vor 24 Jahren warf Argentinien mit Maradona Brasilien bei der WM in Italien schon im Achtelfinale aus dem Turnier. Nach der Pleite gegen Deutschland am vergangenen Dienstag kursierte schnell ein Maradona-Bild in den sozialen Netzwerken, auf dem er mit den Fingern die Zahl Sieben anzeigt - für jedes brasilianische Gegentor.

Brasilianische Twitterer von Messi-Jubel genervt

Einen Südamerika-Bonus gibt es im Finale kaum. Über die feiernden Argentinier in den Straßen nach ihrem Elfmeter-Erfolg gegen die Niederlande haben einige Anhänger der Brasilianer auf Twitter bereits ihren Unmut geäußert. "Dieses Hupen und Tröten wirkt wie ein achter Gegentreffer" oder "Ausgerechnet Argentinien, so etwas tut doppelt weh!"

Die Sticheleien zwischen den beiden Nationen gehen stellenweise über verbale Spitzen hinaus. Während einige Argentinier mit Plakaten ihren Superstar Messi mit Krone und Heiligenschein gar über die brasilianische Ikone Pele stellten, gab es beim Halbfinal-Spiel auch geschmacklose Anspielungen auf die Verletzung von Brasiliens Neymar.

Aufmunterung für die Seleção kommt übrigens aus Deutschland: Das deutsch-brasilianische Model Jana Ina schrieb "Der Schock sitzt tief, aber der Stolz bleibt. Danke Brasilien! Wir haben immerhin als einzige Mannschaft 5 Sterne..." Für das deutsche Team twitterte die Moderatorin bereits während des Halbfinales beste Wünsche: "Glückwunsch Klose - nach Ronaldo bist du jetzt Legende!"