Bochum. Der Weg von Patrick Fabian vom hoffnungsvollen Talent bis zum Leistungsträger beim VfL Bochum war steinig und verlief mit wesentlich mehr Tiefen als Höhen. Der Innenverteidiger kämpfte sich nach drei Kreuzbandrissen im selben Knie zurück auf den Platz und blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2013 zurück.

Patrick Fabian muss lange überlegen auf die Frage, welche Songs sein Sportjahr 2013 beschreiben könnte. Es war ein schweres und doch so erfolgreiches Jahr - verrückte Monate zwischen seinem dritten Kreuzbandriss und dem drohenden Karriereende, zwischen beschwerlicher Reha als Einzelkämpfer und dem steilen Aufstieg zum Stammspieler nach seinem Comeback. „My way“, kommt es Fabian plötzlich in den Sinn.

Nicht die leicht melodramatische Hymne von Swing-Legende Frank Sinatra, sondern der Song von der deutschen Pop-Band „The Bosshoss“, der mit lauten Gitarrenriffs und schnellen Drums nach vorne geht, mit viel Kraft und Energie und damit genau passend für den Kampf um die Karriere als Profi-Fußballer. „Er motiviert nicht nur, sondern versprüht gleichzeitig eine gewisse Lockerheit und Freude.“ Außerdem passe der Titel wie die Faust aufs Auge, hat der Innenverteidiger des VfL Bochum doch seinen ganz eigenen Weg hinter sich.

Der gebürtige Hagener durchlief die Jugendabteilungen des VfL, stand mit der A-Jugend im Finale um die Deutsche Meisterschaft und galt als große Abwehrhoffnung an der Castroper Straße. Die große Laufbahn im Profi-Fußball allerdings hing am seidenen Faden, genauer: am rechten Kreuzband. Am 30. März 2011 begann die lange Leidengeschichte Fabians. Innerhalb von 16 Monaten erlitt der 25-Jährige in kurzen Abständen drei Risse im Bandapparat des Kniegelenks, 28 Monate musste der Abwehrhühne um seine Karriere kämpfen.

Zukunftsängste bei Bochums Patrick Fabian

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„Die Reha nach dem ersten Kreuzbandriss war noch spannend“, erinnert sich Fabian. „Ich wusste nicht, was auf mich zukommt, habe immer nur davon gelesen, wie sich Sportler zurückarbeiten.“ Man lerne in der Phase den eigenen Körper besser kennen und auch, wie man idealerweise mit ihm umgeht, erzählt der Profi, der immer versucht, „das Positive aus Situationen zu extrahieren.“ Im Juli 2012 versuchte der Defensivmann den nächsten Anlauf bei dem Zweitligisten, doch im Trainingslager in Barsinghausen verdrehte sich Fabian während der ersten Einheit erneut das Knie.

„Der zweite Kreuzbandriss war eigentlich nur nervig“, sagt der baumlange Spieler: „Ich kannte die Reha schon in und auswendig, es gab nichts Neues, nur die gleichen Abläufe“ und trotzdem gab er nicht auf. Nach der erneuten schweren Verletzung habe er ein Seminar bei einem Mentalcoach gemacht, der „mir einige gute, positive Tipps gegeben“ hat. Fabian solle die Sichtweise mal ändern, „Dingen hinterfragen. Vielleicht passieren Sachen, weil ich vom Kopf her nicht frei genug oder zu verbissen bin“, erinnert sich der Verteidiger. Tipps, die Fabian halfen, die schicksalhaften Rückschläge einzuordnen und darauf Motivation zu ziehen – bis zum dritten Kreuzbandriss. „Ganz ehrlich“ sagt Fabian ernst: „Da konnte mir niemand mehr helfen, das musste ich ganz alleine mit mir ausmachen.“

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Schritt für Schritt musste er sich selbst davon überzeugen, dass er es noch mal schaffen kann, die knallharte, einsame Reha, der erneut harte Weg zurück auf den Rasen. Davor lagen wieder Monate der Angst vor dem Karriereende, Gedankenspiele über einen Plan B für die Zukunft und viele Gespräche mit Freunden und der Familie. „Was will ich eigentlich genau?“, fragte er einen Kumpel im Sommer auf seinem Balkon; es war das vielleicht wichtigste Gespräch in seiner Karriere, erinnert sich Fabian. Er spielte an dem Abend die Alternativen durch. Alternativen, in den der Fußball nicht mehr unbedingt die Hauptrolle spielte und „mit dem Gedanken, konnte ich mich nur schwer auseinandersetzen“, gesteht der Hagener: „Mir das zu nehmen, was ich seit dem vierten Lebenjahr ausübe, was meine Leidenschaft ist, wäre schon hart gewesen - alleine die Vorstellung.“ Zum Glück habe er sich damit nicht weiter beschäftigen müssen. Die Tatsache, nicht mehr Fußball spielen zu können, wollte er nicht so akzeptieren.

Comeback nach einem Kreuzbandriss dauert mindestens neun Monate

Bochums Innenverteidiger Patrick Fabian im Interview mit WAZ-Redakteur David Nienhaus.
Bochums Innenverteidiger Patrick Fabian im Interview mit WAZ-Redakteur David Nienhaus. © VfL Bochum

„My way“ hörte er in der Zeit sehr häufig. Und sehr laut. Sein Kumpel Philipp Wagner war wichtig in seiner Reha-Phase. Nicht nur als Freund, mit dem Fabian „über seine Zukunft philosophiert“ hat, sondern auch auf dem Rasen, der für den Innenverteidiger die Welt bedeutet. „Er war neben dem Physiotherapeut Ali Chaaban mein Trainingspartner“, als es endlich wieder nach draußen auf den Platz ging. Er motivierte den Rekonvaleszenten, und „hat mich bei Zweikämpfen richtig gefordert“. Konzentriert und verbissen auf den Platz, gelassen und geduldig neben dem Feld: „Ich war nach dem dritten Kreuzbandriss irgendwie ausgeglichener“, erzählt Fabian. Schlimmer hätte es eh nicht mehr werden können. „Ich habe es einfach auf mich zukommen lassen“, so der Abwehrspieler. Dieses „In-Schritten-denken“ habe ihm sehr geholfen. Mit dem Physio und den Ärzten hatte er abgeklärt, sich „dieses Mal mehr Zeit zu lassen. Ich wollte nicht dieses Gefühl haben, nach sechs Monaten wieder auf dem Platz stehen zu müssen.“ Acht, neun Monate wollte er sich diesmal geben, „Step bei Step haben wir die Belastung erhöht und ich glaube, dass das der Schlüssel zum Erfolg war.“

Fabian glaubt nicht an ein WM-Comeback für Khedira

Die Geduld zahlte sich aus. „Die Gelassenheit, der Spaß und die Konzentration auf das Wesentliche, haben mir geholfen, am ersten Spieltag auf dem Platz in der Startelf zu stehen“, freut sich Fabian. Es war der 21. Juli in diesem Jahr und „ein Highlight für sich. Im zweiten Spiel dann ein Tor zu machen - mein erstes überhaupt im Profi-Bereich - werde ich sicherlich auch nicht vergessen.“ Ende 2013 ist Patrick Fabian Stammspieler beim VfL Bochum. Ohne Angst in den Zweikämpfen und mit seinem robusten und abgeklärten Spiel gehört der Innenverteidiger zu den Gewinnern des VfL Bochum – und sicherlich auch den Gewinnern im deutschen Profi-Fußball. „I’m doin’t it my way- I’m on a long way on the lonesome highway”, heißt es bei Bosshoss. Der einsame Kampf hat sich für Fabian ausgezahlt. Kurz vor der Winterpause verlängerte der Innenverteidiger seinen Vertrag bis 2016. Sein Weg an der Castroper Straße geht weiter.

Patrick Fabian über Khediras WM-Chancen

"Wenn ich lese, dass Sami Khedira doch zur Weltmeisterschaft 2014 fit sein könnte, ist das unverantwortlich. Ich verstehe den Jungen ja, dass er die WM spielen will. Aber ich glaube, dass es nicht möglich ist, in sechs Monaten nach einem Kreuzbandriss wieder hergestellt zu sein."

Risko für Khedira

"Jeder Mediziner sagt, dass es anatomisch nicht ausgeheilt ist nach so kurzer Zeit. Die obligatorischen sechs Monate nach einem Kreuzbandriss sind eine Utopie. Es ist wird ein sehr großes Risiko für Khedira werden."

Patrick Fabian über seinen dritten Kreuzbandriss

"Im ersten Moment war ich total am Boden. Aber irgendwie war es auch nicht wirklich fassbar für mich. Ich stand noch gar nicht lange wieder auf dem Platz und konnte deshalb das Fußballspielen gar nicht so intensiv vermissen."

À la Stepanovic: "Lebbe geht weider"

"Ich kannte im Prinzip ja nur die Reha und dachte: Jetzt geht das eben weiter. Natürlich war mir bewusst, dass es mit drei Kreuzbandrissen auch langsam mal eng werden konnte."

Patrick Fabian über Ängste

"Ich hatte schon auch Angst, plötzlich ohne Profivertrag da zu stehen und die Selbstständigkeit damit aufgeben zu müssen. Ich hätte relativ zügig eine Alternative finden müssen" - das alles im Kopf zu haben, war nicht so angenehm."

Patrick Fabian über einen Plan B

"Mich hat ein Unternehmensberater kontaktiert, der wollte, dass ich vor einem Auditorium von meiner Geschichte erzähle, von Motivation und Stresssituationen. Mein Comeback könne sich auch positiv auf andere Leute außerhalb des Sports auswirken."

Patrick Fabian über Support

"Während der Reha war die Unterstützung von Vereinsseite immer da. Karsten Neizel beispielsweise hat immer mal wieder versucht, mich zu pushen. Aber letztlich ist man Einzelkämpfer in so einer Phase. Schulterklopfer bringen einen nicht wirklich voran."

Patrick Fabian über Kontakt zu anderen verletzten Spielern

"Rouven Schröder hat mich mal gefragt, ob der Tyralla von Fürth mich mal anrufen kann. Der hatte eine ähnlich Geschichte wie ich. Aber sonst hat mich niemand kontaktiert, um mit mir über meine Comebacks zu sprechen. Wenn sich einer Tipps geben kann, dann bin ich das."

Patrick Fabian über Bochum und das Ruhrgebiet

Ehrlich, direkt und warmherzige. Das sind die drei Attribute, mit denen ich das Ruhrgebiet immer verbinde. Ich habe das Gefühl, alle hier im Pott sind immer bereit, dem anderen zu helfen. Hier wird man sehr direkt und offen empfangen. Ich habe mich sofort wohlgefühlt, im Beisein dieser ganzen Menschen, die sind wie sie sind.

Bochum muss sich nicht verstecken

Frei Schnauze und ehrlich. Das gefällt mir sehr gut und wahrscheinlich bin auch deshalb seit mittlerweile 14 Jahren hier. Und Bochum als Stadt muss sich nicht vor Dortmund oder Essen verstecken.

Patrick Fabian über das sportliche Jahr 2013

Ein paar mehr Pünktchen wären schön gewesen. Es waren einige Spiele dabei, die wir nicht hätten verlieren müssen. Es war schade, dass wir die Hand, die uns gereicht wurde, um oben mitzuspielen, immer wieder selbst weggeschlagen haben. Das ist bei der Ausgeglichenheit der Liga sehr ärgerlich.

Patrick Fabian über Wünsche für 2014

Im Vergleich zu den letzten Jahren kann ich mir sportlich aber kaum mehr wünschen. Ich wünsche mir, dass ich verletzungsfrei bleibe und in meinem Umfeld, in meiner Familie hoffe ich, dass alle gesund bleiben.

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