Bochum. Nach der unglücklichen Pokal-Niederlage in letzter Minute gegen Bayern München gab es viel Lob für den couragierten Auftritt des VfL Bochum. Das kollektive Lob des eigenen Anhangs und die Anerkennung durch den prominenten Gegner dürfte langlebiger sein als die spontane Enttäuschung.
Es gelingt nicht unbedingt häufig, aber manchmal erwirbt man sich im Sport auch als Verlierer Respekt und Anerkennung. Eine Niederlage kann dann, jenseits des Faktischen, in einen Sieg umgedeutet werden - oder zumindest in einen bedeutsamen Schritt nach vorne. So geschehen ist es am Dienstag im rewirpower-Stadion, als der VfL Bochum an seine schönsten Fußball-Abende erinnerte - mit Kampfgeist, Spielkultur und Überzeugungskraft.
Heynckes lobte den VfL
Dass am Ende auch diesmal der ewige Sieger die Oberhand behielt, wirkte nur kurz demoralisierend auf leere Köpfe und ausgepumpte Körper. Das kollektive Lob des eigenen Anhangs und die Anerkennung durch den prominenten Gegner dürften langlebiger sein als die spontane Enttäuschung nach dem Pokalaus in letzter Sekunde. Wenn ein Mann wie Jupp Heynckes sagt, dass „Bochum hervorragend eingestellt war und sehr kompakt“, dass der „Underdog über sich hinausgewachsen“ ist und er, der Trainer des FC Bayern München, unbedingt „in der Pause was verändern musste“, dann adelt das gleichsam die Bemühungen des Tabellenneunten der Zweiten Bundesliga in diesem auf den ersten Blick doch sehr ungleichen Duell mit dem Tabellenersten der Ersten Bundesliga.
Allerdings hat ein derartiges Engagement auch eine Kehrseite. Wenn das Publikum nämlich realisiert, zu was eine Mannschaft imstande ist, mag es sich nicht mehr mit lediglich dreißig oder vierzig Prozent davon abspeisen lassen. Somit erzeugte diese Auseinandersetzung - zwar nicht auf Augenhöhe aber auf Spielklassen-Niveau - auch eine Art Verpflichtung nach dem Motto: Sie können es doch, wenn sie sich nur anstrengen.
Das Beispiel Fortuna Düsseldorf
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Zu glauben, der VfL-Alltag werde nun andauernd Höchstleistungen bescheren, wäre allerdings blauäugig. Die Spieler mögen das noch so sehr wollen (Mirkan Aydin: „Es ist wichtig, dass wir diese Leistung auch gegen vermeintlich kleinere Gegner abliefern“), die Anspannung, die allein der Name Bayern München erzeugt, ist nicht beliebig reproduzierbar. Vielmehr geht es darum, in Zukunft ein bestimmtes Niveau nicht mehr zu unterschreiten, sich so oft wie möglich ans Limit heranzuwagen und konsequent eine mutige, nach vorne gedachte Spielweise zu verfolgen. Was umso besser funktioniert, je erfolgreicher man gemeinsam ist. Fortuna Düsseldorfs Team, in der Summe alles andere als eine Ansammlung von Ball-Virtuosen, ist das aktuelle Beispiel dafür, wie eine gewachsene Struktur, eine von allen verinnerlichte Strategie und der Erfolg eine Mannschaft auf eine andere Stufe heben können.
Bochum brachte Bayern ins Schwitzen
„Die Mannschaft findet auf dem Platz ihre Identität“, sagte Sportvorstand Jens Todt nach dieser Mut machenden Niederlage, und man darf hoffen, dass er damit richtig liegt. Zu dieser Identität gehört jedenfalls zwingend das Vertrauen in die eigene Spielstärke. Es ist in der Tat bemerkenswert, wie unbeirrt Andreas Bergmann an seiner Marschroute festhält, egal wie der Gegner heißt. Die mit Superstars gespickte Bayern-Elf hat das am Dienstag immerhin gehörig ins Schwitzen gebracht und den VfL in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses.
„Die Jungs haben Charakter, sind lern- und entwicklungsfähig“, hat Bergmann kürzlich gesagt. Und weil, wie Aydin glaubt, „der Kern der Mannschaft definitiv zusammen bleiben wird“, sehe er eine „Chance, um im nächsten Jahr richtig anzugreifen“.