Bochum. Nach dem Desaster gegen Paderborn will der neue Trainer Andreas Bergmann den Bochumern eine neue Mentalität einimpfen: mehr Aggressivität, mehr Selbstvertrauen, mehr Kampfgeist. Doch er weiß, dass dies allenfalls in kleinen Schritten gelingen kann.
Er wolle gar nicht „draufhauen“ auf die demoralisierten Spieler, sagt Andreas Bergmann nach dem Auslaufen am Montagmorgen - einen Tag, nachdem diese am Boden liegende, völlig verunsicherte Mannschaft den Verein auf den historischen Tiefpunkt in seiner Bundesliga-Geschichte gestürzt hat. Auf Platz 18 in der 2. Liga, nach einem 0:4 gegen Paderborn.
Und doch haut Bergmann drauf. Nicht direkt, nicht auf Einzelne. Aber auf das gesamte Gebilde.
Alle Spieler überstanden das Debakel rein körperlich ohne Blessuren. Bergmann: „Mir wäre es lieber gewesen, der eine oder andere hätte mal eine kleine Blessur am Schienbein gehabt.“
Der Mannschaft fehle es ja völlig an „Wettkampf-Aggressivität“, hat der neue Trainer als Kernproblem ausgemacht. Einigen mehr, anderen weniger - letztlich benötige die „gesamte Mannschaft“ eine „Mentalitäts-Änderung“. Das, sagt der 52-Jährige sechs Tage vor dem Krisengipfel gegen Duisburg, „geht nicht von jetzt auf gleich. Wir sind im Keller, jeder kleine Schritt zählt.“
"Sie sind nicht da, sie sind nicht wach"
Wettkampf-Aggressivität. Mentalitäts-Änderung. Im Zweikampf, in der Körpersprache, in der Ansprache. Weg von Verkrampfung, hin zum Glauben an die eigene Stärke; weg vom braven Zugucken, hin zum energischen Protest. „Die Spieler wollen. Aber sie sind nicht da, sie sind nicht wach“, sagt Bergmann. Neue Erkenntnisse sind das nicht - nur verbalisiert von einem neuen Trainer.
Bergmann nennt Beispiele. Vor dem 0:1 etwa schleichen alle mit gesenktem Kopf zurück, als Paderborns Torwart noch den Ball hat. Die Bochumer reagierten grundsätzlich meist erst, wenn der Ball längst gespielt war - aus dem Stand heraus aber kann man keinen Brückner mehr halten. Nicht mal einen Proschwitz.
Wenn Christoph Kramer, der unglücklich als Rechtsverteidiger agierende Mittelfeldmann, das 0:2 ebenso klaglos in Kauf nimmt wie alle anderen um ihn herum, dann stimme etwas nicht. Bergmann hatte ein „eindeutiges Foul“ gesehen, er selbst - genau wie sein „Co“ Karsten Neitzel - wütete oft genug erregt in der Coaching Zone. In der Tat wurde Kramer ja freistoßwürdig bedrängt.
Auf dem Platz wirkt diese „Mentalität“ des Hinnehmens so, als sei „allen egal“, was da passiert, sagt Bergmann. „Aber so ist es nicht.“
Und nun? Zu viel reden müsse man nicht mehr, sagt er. „Mehr Wettkampf-Aggressivität“ erreiche man durch „intensivstes Training“. Nicht im Trainingslager irgendwo („Wir dürfen nicht weglaufen, wir müssen da durch, das gehört zum Profifußball“), sondern daheim, „auf unserem Platz“. „Intensivste Spielformen“ kündigt er nach einem trainingsfreien Dienstag zum Abschalten an; mit Zweikämpfen, Übungen zur Balleroberung, bei denen die Spieler nicht um Aggressivität umhin kämen.
Trotz allem, das betont der Trainer auch nach diesem schaurigen Fehlpass-Festival, müsse man eine gewisse „Lockerheit“ reinbringen - und seine spielerische Stärke nutzen. Der VfL müsse „viel fußballerisch machen“, das Potenzial sei „vorhanden“. Namentlich nennt er Freier, der weiterhin auf der offensiven Bahn spielen wird (womit das Rechtsverteidiger-Problem vakant bleibt), Inui, Azaouagh, also die Üblichen - und auch Tese, dessen Auftritte einem in diesem Jahr nur die Tränen in die Augen trieben, wenn man seine Leistungen in der Hinrunde 2010 nicht ganz vergessen hat.
Testspiel am Mittwoch
Enttäuscht war übrigens am Sonntag auch Stadiongast Milan Sasic, selbst bereits in die Kritik geratener Trainer des MSV Duisburg. Er wollte seinen Spielern in dieser Woche ein Video mit den Stärken der Bochumer zeigen, aber „viel Material werden unsere Mitarbeit nicht zusammenschneiden können“, sagte er trocken: „Es wird ein Spiel von zwei Leidensgenossen, so, wie wir beide dastehen.“
Das Testspiel des VfL am Mittwoch gegen den Fairplay-Sieger des Kreises SC Weitmar II (Kreisliga A) findet nicht, wie ursprünglich angedacht, „In der Hei“ statt, sondern auf dem Rasenplatz der Bezirkssportanlage Roomersheide von Weitmar 09 (Erbstollen 13). Dort gibt es nämlich eine Flutlichtanlage. Anpfiff ist bereits um 18 Uhr, ab 16.15 Uhr steigen zwei Vorspiele zwischen U9- bis U-11-Teams der beiden Vereine.