Berlin. Es geht immer weiter abwärts mit dem VfL. Nach der hochverdienten 1:2-Niederlage bei Union Berlin hat der angebliche Aufstiegs-Aspirant die Spitzengruppe weit aus den Augen verloren. Und die Leistung machte kaum Mut auf rasche Besserung.

Vier Punkte aus fünf Spielen, acht Punkte Rückstand schon auf Fürth, den nächsten Gegner am kommenden Freitag: Der VfL steht noch schlechter da als im Vorjahr. Bochum ist vorerst Dreizehnter, im ungünstigsten Fall droht nach den Sonntags- und Montagsspielen sogar der Absturz auf Platz sechszehn. Au weia, VfL.

"Der Saisonstart ist in die Hose gegangen", sagte Sportvorstand Jens Todt nach dem Spiel. Enttäuscht, aber gefasst. "Wir haben keine gute Leistung gezeigt, für unsere Ansprüche ist das zu wenig", so Todt. Trainer Friedhelm Funkel war nach der Partie ob des Ergebnisses angefressen. Auf den Vorwurf, seine Mannschaft habe gegen die giftigeren, beherzteren Berliner zu wenig dagegen gehalten, reagierte er ungewohnt barsch: "Das stimmt nicht, da nehme ich meine Mannschaft in Schutz. Wir waren genauso aggressiv und haben alles versucht."

Davon war allerdings in den 90 Minuten selten, viel zu selten etwas zu sehen.

Johansson ersetze Dabrowski

Funkel schickte dabei die erwartete Elf auf den Platz: Andreas Johansson ersetzte den verletzten Kapitän Christoph Dabrowski als Sechser neben Christoph Kramer, ansonsten vertraute der VfL-Trainer der Mannschaft, die im 4-2-3-1 gegen St. Pauli so konsequent begonnen hatte.

Doch von diesem durckvollen Spiel konnte erstmal keine Rede sein. Union Berlin, angetrieben von den unermüdlichen, lautstarken, rund 14000 Eisern-Fans, bestimmte nach dem 0:4-Debakel in Dresden die Partie: mit "Union-Fußball", wie es Trainer Uwe Neuhaus gefordert hatte. Mit Einsatz, mit Leidenschaft. Viel entschlossener gingen die Gastgeber zu Werke, die Bochumer hatten bei Ballbesitz oft zwei, drei Gegenspieler gegen sich. "Wir standen ganz eng an den Leuten, wollten jeden Zweikampf gewinnen, das war zu spüren", brachte Berlins Trainer Uwe Neuhaus den Unterschied auf den Punkt.

Union griff beherzt an - genau das, was Funkel von seiner Mannschaft erwartet hatte. Das Gegenteil war in der ersten Halbzeit der Fall: Die Bochumer kamen phasenweise kaum aus ihrer eigenen Hälfte heraus, verloren immer wieder den Ball gegen energisch nachsetzende Eiserne, stolperten in der Defensive von einer Verlegenheit in die nächste - und brachten nach vorne fast nichts zustande. Das Loch zwischen Defensive und Offensive war wieder einmal viel zu groß, die Laufbereitschaft zu gering, um es zu stopfen. Hinzu kamen erschreckend viele leichte Abspielfehler. Man könnte fast sagen, vom St.-Pauli-Spiel abgesehen: wie gehabt.

Nur Inui konnte Akzente setzen

Björn Kopplin (r.) im Zweikampf mit Berlins Michael Parensen. Foto: dapd
Björn Kopplin (r.) im Zweikampf mit Berlins Michael Parensen. Foto: dapd

Union-Trainer Uwe Neuhaus, der mit dem stark aufspielenden Marc Pfertzel als Rechtsverteidiger und Madouni in der Innenverteidigung nur zwei Neue brachte, hatte den defensiveren Christoph Menze für den spielstärkeren Markus Karl als Sechser aufgeboten - er sollte die Kreise von Takashi Inui erheblich stören. Was ihm nicht allein, aber im Zusammenspiel mit seinen Kollegen ganz ordentlich gelang: Inui hatte bei Ballbesitz meist mehrere Berliner gegen sich - und kaum Mitspieler, die er hätte anspielen können. Trotzdem war der 23-Jährige mit seinen Tempo-Dribblings der einzige Bochumer, der ab und an Akzente setzen konnte im ansonsten ideenlosen, ängstlichen, langsamen Spiel des VfL.

Indes: Berlin nutzte die Chancen, die ihm die mitunter konfuse VfL-Defensive um die bedenklich schwache Innenverteidigung (Maltritz, Sinkiewicz) und die ebenfalls schwachen Außenverteidiger (Kopplin, Ostrzolek) boten, nicht. Kapitän Matuschka (7./15.), der junge Kölner Leihspieler Simon Terodde, der Marcel Maltritz oft ganz alt aussehen ließ, scheiterte (17./35.) ebenso wie Parensen (31.) und Pfertzel (32.). Dann aber schien die Zeit reif zu sein für die hochverdiente Führung: Terodde setzte sich gegen Maltritz durch, Doppelpass mit Mattuschka, und die Berliner Fans jubelten bereits über das 1:0. Doch Teroddes Schuss aus elf Metern zischte knapp am rechten Pfosten vorbei.

Praktisch im Gegenzug die kalte Dusche für die Berliner an der sonnengefluteten "Alten Försterei": Berger bediente auf der linken Seite den schnellen Inui mit der Hacke, und der Japaner vollstreckte aus spitzem Winkel cool ins rechte Eck. 1:0 für den VfL - vom Spielverlauf her ein Witz (38.).

Luthe erneut bester Bochumer

Doch Union ließ sich kaum beeindrucken, drückte weiter, scheiterte nur an sich und am erneut besten Bochumer, Torwart Andreas Luthe. So Mattuschka (43.) mit einem Freistoß, ehe Sinkiewicz fast ein Eigentor produziert hätte (44.). Kurz darauf der Lohn für Union: Sinkiewicz berührte Stuff leicht, der fiel übertrieben spektakulär - der Schiedsrichter pfiff. Ein dummer Elfmeter, eines von "zwei blöden Gegentoren, die heute entscheidend waren", wie Funkel meinte. Denn Silvio nutzte ihn zum 1:1.

Funkel änderte das Team in der Pause nicht. Und immerhin schafften es die Bochumer gegen die Kämpfer aus dem Berliner Osten, die Partie ausgeglichen zu gestalten. Der erneut maßlos enttäuschende Mirkan Aydin prüfte erstmals Torwart Glinker, auf der Gegenseite köpfte Terodde Keeper Andi Luthe aus sechs Metern in die Arme. Die Mannschaften neutralisierten sich weitgehend, ehe das Stadion zu beben drohte. Maltritz blieb nach einem Pass aus dem Mittelfeld stehen, wähnte wohl Mosquera, Sekunden zuvor eingewechselt, im Abseits. Ein fataler Irrtum. Mosquera umkurvte noch Luthe und hämmerte den Ball in den linken Knick. 2:1 für die Eisernen. Ein ohrenbetäubender Jubel hallte durch Köpenick.

Jetzt reagierte Funkel: Gut 20 Minuten vor Schluss kamen die Stürmer Tese und Ginczek für Freier und Aydin. Bochum mühte sich um Druck - aber es sprang keine echte Chance dabei heraus. Union blieb mit Kontern gefährlicher. So in der 82. Minute, als erneut Maltritz patzte und Torwart Andreas Luthe weit vor dem eigenen Strafraum Terodde zu Boden rempelte. Luthe sah nur Gelb, wütende Proteste der Union-Kurve waren die Folge - eine wohl korrekte, aber knifflige Entscheidung für Schiedsrichter Aytekin. Und noch einmal hatte der VfL Glück, als der eingewechselte Karl kurz darauf nur den Pfosten traf (84.).

Es blieb beim 1:2. Auch beim vierten Auswärtsspiel gab es keinen Sieg. Der VfL ist nur noch Liga-Mittelmaß. Sowohl in der Tabelle als auch auf dem Platz.

Bochum: Luthe - Kopplin, Maltritz, Sinkiewicz, Ostrzolek - Kramer, Johansson - Freier (69. Tese), Inui, Berger - Aydin (69. Ginczek). - Trainer: Funkel

Tore: 0:1 Inui (38.), 1:1 Silvio (45., Foulelfmeter), 2:1 John Jairo Mosquera (64.)

Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)

Zuschauer: 14.388

Gelbe Karten: Pfertzel - Freier, Inui, Luthe, Berger