Bochum. Über fünf Wochen nach dem Rauswurf von Marcel Koller ist der VfL Bochum bei der Trainersuche offenbar fündig geworden: Heiko Herrlich soll das Ruder übernehmen, er ist zurzeit aber noch beim DFB beschäftigt.

Heiko Herrlich soll neuer Trainer des VfL Bochum werden. Nach Informationen dieser Zeitung waren am Montag nur noch ein paar vertragliche Details zu klären: „Wir hoffen auf eine schnelle Erledigung”, sagte Aufsichtsrats-Boss Werner Altegoer am Nachmittag. Sehr besorgt klang er dabei nicht, eher ganz guter Dinge – den Namen Herrlich freilich kommentierte er ebenso nicht wie der Vorstand des Bundesligisten. Schließlich soll der Nachfolger von Trainer Marcel Koller und Interimstrainer Frank Heinemann erst am Dienstag, spätestens wohl Mittwoch präsentiert werden.

Dem Deutschen Fußball-Bund, bei dem Herrlich als U-19-Bundestrainer beschäftigt ist, lag laut DFB-Mediendirektor Harald Stenger am frühen Nachmittag noch keine Anfrage des VfL vor. Allerdings hieß es aus DFB-Kreisen auch, dass einer Freigabe für den 37-Jährigen wohl nichts mehr im Wege stünde.

Verschwiegenheit und Spekulationen

Herrlich also: Nach mehr als fünf Wochen der Verschwiegenheit, der Spekulationen und des unsäglichen Hin und Her zur Zukunft von Interimstrainer Heinemann gab es gestern kaum noch Zweifel, dass der Ex-Nationalspieler am Sonntag sein Bundesliga-Debüt als Trainer gibt. Als Coach des VfL, beim Auswärtsspiel in Frankfurt.

Zweifellos eine mutige Wahl, als Tabellenvorletzter einen Neuling zu holen, der noch nie ein Profi-Team trainierte – überraschend aber ist sie nicht. Dass Herrlich ein Topkandidat des VfL-Vorstandes war, hat nicht nur diese Zeitung seit der Trennung von Koller, seit zähen 37 Tagen also, mehrmals berichtet.

Perfektes Anforderungsprofil

Denn der einstige Stürmer passt perfekt ins Anforderungsprofil, das hinter vorgehaltener Hand immer mal wieder zur Sprache kam: Er ist jung, kennt sich dank seiner langen Zeit beim BVB bestens aus im Revier, gilt als kluger Kopf. Zudem würde er wohl von der Mehrheit der in Bochum nicht gerade pflegeleichten Fans getragen, und vor allem: Herrlich gilt als Mann, der mit Talenten umgehen kann.

Ein unverbrauchter Typ

Die sind den Bochumern in den vergangenen Jahren allzu oft flöten gegangen. Zuletzt zog es Lukas Schmitz vom Regionalligisten VfL II zum FC Schalke 04 II – sein Aufstieg unter Felix Magath zum Profi und Stammspieler dürfte Bochum ziemlich schmerzen.

Marcel Koller, das war stets ein Hauptkritikpunkt an dem Schweizer, setzte konstant auf Erfahrung. Herrlich soll nach dieser über vierjährigen Ära offenbar für einen echten Neuanfang stehen. Als unverbrauchter Typ mit frischen Ideen, der insbesondere auch den Nachwuchs im Blick hat, der langfristig etwas bewegen soll beim VfL.

In punkto Talentschulung bringt Herrlich ja auch Erfahrung mit: Zwei Jahre war der Ex-Profi Jugendtrainer beim BVB, seit Juli 2007 ist er beim DFB beschäftigt und seit 2008 Bundestrainer der U-19-Nationalmannschaft. Als diese Zeitung ihn vor knapp drei Wochen zu einem Interesse des VfL fragte, steckte er mit seinem Team mitten in der (erfolgreichen) ersten Runde der EM-Qualifikation – und dementierte einen Bochumer Kontakt. Vermutlich aus taktischen Gründen.

Denn schon im vergangenen Sommer wollte er weg vom DFB, hatte ein Angebot des 1. FC Kaiserslautern vorliegen – DFB-Sportdirektor Matthias Sammer aber wollte von einer Freigabe aus seinem bis Juni 2010 datierten Vertrag nichts wissen. Damals.

"Schönere Aufgabe"

Auch im Gespräch mit dieser Zeitung machte Herrlich kein Geheimnis daraus, dass ihm ein Bundesliga-Job näher liegt als die Tätigkeit im DFB-Imperium. Die „tagtägliche Arbeit” mit einer Mannschaft sei für ihn die „schönere Aufgabe”, sagte Herrlich. Und, ob nun aus Höflichkeit oder mit Hintergedanken: Der VfL Bochum sei „sicherlich” eine gute Adresse, ein „Traditionsverein mit wunderbaren Fans”.

Vermutlich also wird Herrlich am Mittwoch erstmals das Training leiten – und Heinemann? Ein Sieg, ein Remis, zwei Niederlagen und das Pokal-Aus gegen Schalke, das ist die nackte Bilanz. „Meine Situation ist noch nicht geklärt”, sagte Heinemann gestern nach seinem wohl letzten Training als Chef. Auch nicht, ob er im Falle eines „Externen”, so Heinemann, wieder Co-Trainer wird wie in den 13 Jahren zuvor. Sicher scheint aber: Ganz fallen lassen wird der VfL seinen „Funny”, der sich nichts vorzuwerfen hat, nicht.