Als die Bochumer gerade auf den Ausgleich drängten, machte Bremens Tim Borowski alles klar. Letztlich gewann Werder in Bochum verdient, aber zu hoch mit 4:1. Der VfL stürzte damit auf einen Abstiegsplatz ab.

Es lief die 73. Minute, als die Bochumer Fans mit aller Macht ihren VfL zum Ausgleich peitschen wollten: „Steht auf, für den VfL” sang die Ostkurve, und der überwiegende Rest im Stadion folgte ihr – aus der nicht unberechtigten Hoffnung heraus, die Bochumer würden aus dem 1:2 noch ein 2:2 machen; und wohl auch, weil sich die Profis diese Unterstützung verdient hatten gegen dieses spielerisch, technisch, körperlich doch eigentlich übermächtige Bremer Fußballer-Ensemble.

Und dann hatten sich die Anhänger auf den Sitztribünen gerade erst wieder hingehockt, als mitten in diese lautstark begleitete Drangphase der Bochumer etwas passierte, was Sportvorstand Thomas Ernst hinterher dazu veranlasste, Schiedsrichter Sippel beim Gang in die Kabine mit – vermutlich – wenig netten Worten zu drangsalieren. Nach einem Zweikampf zwischen Torsten Frings und Shinji Ono entschied Sippel auf Freistoß für Werder. Kann man drüber streiten. Was die Spieler des VfL auch taten – so lange, dass sie damit letztlich die Entscheidung selbst zu verschulden hatten. Denn Frings, den Bremer Kapitän, interessierte das Gemaule herzlich wenig, und Tim Borowski, nach langer Verletzungspause erst wenige Minuten zuvor eingewechselt, schon gar nicht. Frings schaltete lieber zügig von Pfiff auf Spiel um – wobei der Ball vor seinem Master-Pass wohl noch nicht gänzlich ruhte, was regelwidrig ist und VfL-Interimstrainer Frank Heinemann entsprechend heftig kritisierte: „Der Ball tickte noch.”

Jedenfalls waren die Bremer mehr als einen Tick schneller in dieser Szene, Borowski nahm in der eigenen Hälfte gegen die hoch aufgerückte Bochumer Defensive Fahrt auf und ließ dann dem allein gelassenen Philipp Heerwagen keine Chance. Das 1:3 in der 76. Minute – die Entscheidung. Für das spielstärkere, abgezocktere Team – gegen die kampfstarke und im Vergleich zum BVB-Kick kaum wieder zu erkennende Mannschaft.

Diese Leidenschaft hatte der Interimstrainer ja auch versprochen und selbst mal wieder eine Überraschung präsentiert: Erstmals in dieser Saison durfte der rechte Außenverteidiger Matias Concha von Beginn an ran, Marc Pfertzel musste dafür auf die Bank. Zudem vertraute Heinemann Shinji Ono im zentralen Mittelfeld sowie – wie erwartet – Stanislav Sestak im Sturm. Sie ersetzten Dennis Grote und den gesperrten Joel Epalle.

Wer diesen VfL, der zudem mit Philipp Heerwagen für Andi Luthe im Tor begann, in den ersten Minuten sah, traute seinen Augen kaum. Was für ein Blitzstart! Schon nach 39 Sekunden vollstreckte Sestak einen Pass des zumindest phasenweise kreativ aufgelegten Ono. Und „wenn wir das 2:0 gemacht hätten”, wie Heerwagen hinterher spekulierte, dann ...? Aber Azaouagh und Fuchs trafen nur Pfosten und Latte, und „dann kriegen wir Tore, wo du glaubst, das gibt's doch gar nicht”, so Heerwagen. Erst durch Aaron Hunt nach einer Ecke (!) zum 1:1, später durch Marko Marin nach tollem Spielzug zum 2:1. Bremen hatte die Partie gedreht und längst im Griff – letztlich logische Konsequenz individueller Klasse, wie sie gestern vor allem ein unnachahmlicher Claudio Pizarro verkörperte. Auch in der ersten Viertelstunde nach der Pause ging nicht mehr viel beim VfL, Werder aber verpasste den Knock-Out – und Bochum kam doch nochmal zurück. Bis Borowski traf. „Wir sind wahnsinnig geknickt”, fasste Heerwagen die Stimmungslage zusammen. Denn Fakt ist: Bochum ist Vorletzter. „Jetzt müssen wir”, so der Torwart, „auswärts punkten, in Frankfurt.”