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Sie sind die „jungen Wilden“ beim VfL und wichtige Figuren des Bochumer Aufschwungs: Marc Rzatkowski, Matthais Ostrzolek und Kevin Vogt. Ihre Perspektiven aber sind durchaus unterschiedlich.

„Er war der Streber“, flachst Marc Rzatkowski auf dem Hocker in der Lobby des Sensimar Resort in Side und grinst: „Ich musste irgendwie durchkommen.“

Angekommen sind sie beide - im Profifußball, beim VfL. Rzatkowski und Matthias Ostrzolek, die 20-Jährigen, die in Langendreer geboren sind und auf der Lessing-Schule ihr Abi machten 2009. Rzatkowski mit einem Notenschnitt von 3,2, Ostrzolek mit 2,4 - Kevin Vogt, mit 19 der Jüngste des Trios von der Lessing-Schule, U-20-Nationalspieler und zweifellos das größte Talent, hinkt da ein wenig hinterher. Er hatte die Qualifikation fürs Abi in der Tasche, als er bereits Profi wurde, mit 17.

Drei Typen, drei Bochumer Jungs, drei Profis - Ostrzolek, wie aus dem Nichts erst im Dezember aufgestiegen von der Reserve zum Zweitliga-Team, unterschreibt heute seinen ersten Profi-Vertrag, Laufzeit: zweieinhalb Jahre plus Option für den Verein. Den Senkrechtstarter interessiert das „Stück Papier“ nur am Rande, und man nimmt es ihm ab. „Mein Traum ist nicht ein Vertrag, sondern dass ich spielen darf in der 2. Liga“, sagt er. Gegen Osnabrück und in Duisburg wurde der Emporkömmling von Trainer Friedhelm Funkel ins kalte Wasser geschmissen, und der kleine Linksfuß, mit 3,9 Sekunden auf 30 Metern wohl der Schnellste im Team des VfL, machte seine Sache „gut“, wie Funkel urteilte. Und Christoph Dabrowski, der unumstrittene Anführer des Teams, sagt: „Die Jungs tun der Mannschaft gut.“

Wende nach Ingolstadt

Die Aufsteiger der letzten Wochen personalisieren die Wende beim VfL, die nach dem 1:4 gegen Ingolstadt eingeläutet wurde: Maric, Mavraj, Pfertzel, Grote sind Geschichte, Federico nur noch Reservist - Rzatkowski, Ostrzolek und Vogt haben für frischen Wind gesorgt. Wenn auch mit unterschiedlicher Perspektive.

FMarc Rzatkowski (m.) nach seinem Tor gegen Osnabrück. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
FMarc Rzatkowski (m.) nach seinem Tor gegen Osnabrück. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool

Ostrzolek hat im Weihnachtsurlaub mit seiner Familie in Polen - seine Eltern stammen aus dem Nachbarland - den Höhenrausch abgehakt: „Die beiden Spiele sind passe, jetzt fängt alles bei Null an.“ Er schwärmt von Philipp Bönig, dem „Musterprofi“ - und Konkurrenten. Bönig ist die „Idealvorstellung“ des Trainers hinten links, Ostrzolek lauert: „Ich mache im Training auf jeden Fall richtig Druck“, nimmt er auch gegen sein Vorbild den Kampf an.

Linksverteidiger sind rar, auch das hat Ostrzolek, der diese Position in der Jugend immer spielte, zum Aufstieg verholfen. Der nur ein Anfang gewesen sein soll: „Ich habe noch viel Steigerungspotenzial. Alles andere wäre ja auch schlimm.“

„Bin sehr heiß zu spielen“

Rzatkowski hat schon einen längeren Lernprozess hinter sich. „Geduld“, sagt er, müsse man haben als junger Spieler, eine Eigenschaft, die der auch außerhalb des Rasens quirlige Blonde erst lernen musste. 13 Spiele, abgesehen von einem Kurzeinsatz gegen Fürth, sah er nur zu, „das war nicht immer einfach. Ich bin sehr, sehr heiß zu spielen“, formuliert er das, was man bei jedem Training sieht: Wenn alle zum Bus schlendern, haut Ratsche noch ein paar Bälle ins Netz. Slawo Freier, sein Kabinennachbar und „Mentor“, so Rzatkowski, hat ihm stets Mut zugesprochen, ihm „viel beigebracht“. Gegen Paderborn kam seine Chance, Rzatkowski erzielte das 3:0 - und war nach seinem Einsatz bei Union Berlin und der Einwechslung gegen Osnabrück in Duisburg doch wieder nur Zuschauer. Er hatte körperlich etwas abgebaut, meinte Funkel.

„Zufrieden“, sagt Rzatkowski denn auch, „sollte man nie sein.“ Im linken Mittelfeld, wo ihn Funkel bisher brachte, gibt es keinen gesetzten Spieler. Zuletzt hatte Zlatko Dedic die Nase vorn, auch Faton Toski oder Mimoun Azaouagh können dort spielen. Oder Rzatkowski, der kleine Techniker, dem es allerdings ein wenig an Tempo fehlt, um in der Bundesliga auf Dauer über die Außenbahn zu kommen. Und: Das Defensivverhalten muss er verbessern. Rzatkowski, der sich zentral hinter den Spitzen noch stärker sieht, sagt: „Ob ich spiele, liegt nur an mir selbst.“

Von Dabrowski profitiert

Kevin Vogt (m.) beim 1:4 gegen Ingolstadt. Foto: Udo Kreikenbohm/WAZ FotoPool
Kevin Vogt (m.) beim 1:4 gegen Ingolstadt. Foto: Udo Kreikenbohm/WAZ FotoPool

Zurückhaltend bleibt auch Kevin Vogt: Als „Stammspieler“ will er sich nicht sehen, obwohl der 19-Jährige zuletzt überzeugte im Mittelfeld mit Andreas Johansson, mit dem er das Zimmer teilt in Side, und Dabrowski. Vogt bringt die nötige Physis mit, das Durchsetzungsvermögen, er kann ein Spiel lesen, die Bälle direkt verteilen und - wie vor dem Tor in Duisburg - einen entscheidenden Pass spielen. Lediglich Erfahrung fehlt ihm noch, mitunter will er zu viel auf einmal.

„Cleverer“, sagt Vogt, sei er schon geworden im Zweikampf, aus leidvoller Erfahrung: Nach ungestümen Duellen zog er sich in der Vorsaison gleich zwei schwere Verletzungen zu, erst am Sprunggelenk, dann am Knie. „Kein Grund aufzustecken“, sagt Vogt, der vor allem von Christoph Dabrowski profitiert: „Dabro hilft mir sehr viel, auf dem Platz und auch außerhalb.“ Überhaupt schaue er sich bei den Älteren einiges ab, gehe aber auch seinen Weg konsequent weiter: In den letzten drei Spielen zählte er zur Startelf und wird seinen Platz vorerst auch nicht räumen müssen - wenn er gesund bleibt. Das, sagt Vogt, sei sein größter Wunsch. Und dann dürfte er seine Ziele erreichen: „Ich hoffe, viele Einsätze zu bekommen - und viele Punkte zu holen.“