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Ein halbes Jahr lang war er weg vom Fenster, jetzt greift er wieder an: Mimoun Azaouagh ist für VfL-Trainer Friedhelm Funkel eine Art Neuzugang, für die anderen Bochumer Spieler ist er ein alter Bekannter.

Ein starker Antritt auf der rechten Außenbahn, ein Querpass in die Mitte, ein Lob vom Trainer. „Gut gespielt, Aza“, ruft Friedhelm Funkel über den Trainingsplatz in Side, als Mimoun Azaouagh bereits zurück spurtet. Um zu verteidigen – und damit voll anzugreifen. „Ich will mich reinkämpfen ins Team, bei jedem Training anbieten“, sagt der 28-Jährige später in der Hotellobby des Sensimar Resort. Müde wirkt er, das intensive Training am sonnigen Vormittag hat (nicht nur) ihn geschlaucht: „Schlafen“, sagt Azaouagh, ist denn auch seine einzige „Nebenbeschäftigung“ in der Türkei – Strand und Pool grüßt er allenfalls mal vom Balkon. „Ich muss mich in meiner Freizeit ausruhen, damit ich fit bin fürs Training.“

Azaouagh weiß, dass er sich einordnen muss, zunächst auch: unterordnen. Er spuckt keine großen Töne, ist leiser geworden, wirkt mitunter ein wenig in sich gekehrt. Der 1,60m-kleine Mittelfeldmann lobt die „Qualität der Mannschaft“, die zuletzt viermal gewonnen hat – sein Selbstbewusstsein aber hat er in der halbjährigen Viertklassigkeit beim VfL II nicht völlig verloren. „Ich werde es schaffen, wieder Stammspieler zu werden“, sagt der schnelle Techniker, der dem bisher oft ideenlosen Spiel des VfL mehr Kreativität verleihen soll. Irgendwann. „Wenn nicht am ersten Spieltag, dann im Laufe der Rückrunde. Es kann noch viel passieren.“

Auf dem (Trainings-)Platz macht er Druck, lässt zwei Kollegen stehen, lupft den Ball ins Netz. Er fordert die Bälle, bekommt sie: „Aza“ ist eben kein echter Neuzugang, wie es beim VfL immer wieder durchklingt; und er selbst sieht sich auch von seinen Kollegen so aufgenommen, wie er es erwartet habe: „Als wäre ich nie weg gewesen.“

War er aber. Nun will Azaouagh dieses trostlose Kapitel schließen. Dass er nie mehr für Bochum spielen wollte nach dem Abstieg, daran dachte, seine Karriere zu beenden, darüber mag er nicht mehr sprechen. Was er dazu sagt, klingt wie eine philosophisch angehauchte Kampfansage: „Viele denken, ich hätte einen Schritt zurück gemacht, dabei hole ich nur Anlauf.“

Neuntes Profi-Jahr für Azaouagh

Azaouagh fängt in seinem neunten Profi-Jahr, mit 28 Jahren also noch mal von vorne an, anders kann man das nicht deuten. Ob sein neuer „Anlauf“ nach guten Leistungen in der Reserve im ersehnten Ziel endet, mit einem Zweitliga-Profi, der sich 90 Minuten „in den Dienst der Mannschaft“ stellt und dennoch seine „individuelle Klasse“ sichtbar macht, wie Funkel hofft, wird sich zeigen. Zu oft hat er in den drei Erstliga-Jahren beim VfL, in seinen 61 Einsätzen nach starken 20, 30 Minuten den Kopf hängen lassen, den Kampf eingestellt. Eine Einstellung, die er ablegen muss, die er abgelegt hat, wie er meint. Schließlich habe er in den zwölf Spielen für die zweite Mannschaft stets „90 Minuten durchgespielt“.

Durchspielen will er jetzt auch in der 2. Liga. Auf welcher Position, ist ihm „egal“. Entschieden hat Funkel zunächst nur, dass er nicht auf der Sechs spielen wird. Offensiv soll er Akzente setzen, da sei er „flexibel“ einsetzbar: rechts, zentral, links. Dass Funkel Slawo Freier als rechten Außenverteidiger testet und ihn dort „vielleicht noch ein Stück weit besser“ sieht, könnte ein Hinweis darauf sein, dass Freier auf der rechten offensiven Bahn weichen muss. Für Azaouagh - wenn der Konstanz an den Tag legt. Er selbst sagt: „Ich bin gut drauf. Wenn der Trainer meint, ich kann der Mannschaft helfen, bin ich bereit.“