Lotte. Der VfL hat die zweite Runde im DFB-Pokal erreicht. Beim 1:0-Sieg beim Regionalligisten Sportfreunde Lotte boten die Bochumer allerdings in der ersten Halbzeit eine trostlose Leistung. Dank einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit reichte es aber zum minimalen Erfolg.
Rund ums hübsche PGW-Stadion mitten auf dem Land, umsäumt von Wiesen, Wald und Acker, fieberten sie seit Wochen diesem Tag der doppelten Premiere entgegen: Erstmals spielte Lotte in der Hauptrunde des DFB-Pokals, erstmals wurde eine Partie aus der mit 4400 Zuschauern nicht ganz ausverkauften Arena live im (Bezahl-)Fernsehen übertragen. Eigens hatten die Macher des Regionalligisten aus der 13500-Seelen-Gemeinde bei Osnabrück für ihr "Spiel des Jahrzehnts" den Acker des benachbarten Landwirtes zum Parkplatz für die rund 2000 mitgereisten VfL-Anhänger hergerichtet - frische Landluft inklusive. Eine Umkleide diente als Presseraum, und ein DJ, der mit seiner Mucke und Mähne Wolfgang Petry schon recht nahe kam, mühte sich auch im eine Stunde vor dem Anpfiff einsetzenden Regen um Party-Stimmung vor dem Pokal-Hit.
Die wollte der VfL dem krassen Außenseiter natürlich so schnell wie möglich vermiesen. Trainer Marcel Koller setzte dabei auf die gleiche Startelf, die im letzten Testspiel gegen Trabzonspor begonnen hatte: mit Anthar Yahia in der Innenverteidigung und Marc Pfertzel auf der rechten Abwehrseite. Doch der VfL kam in der ersten Halbzeit überhaupt nicht in Schwung. Viel zu lahm die Aktionen, viel zu wenig Bewegung im Spiel nach vorne. Keine Ideen, kein Spielfluss - stattdessen zahlreiche Fehlpässe (Azaouagh, Dabrowski), sinnlose Dribblings mangels herausgearbeiteter Räume (Epalle), Stockfehler. Dem VfL-Spiel fehlte es an Witz, Kreativität und vor allem an Tempo - der Drei-Klassenunterschied war lediglich daran zu erkennen, dass die Lotter um die starken Ex-Bochumer Innenverteidiger David Czyszczon und Alexander Thamm natürlich extrem defensiv standen. Mitunter tummelten sich 21 Spieler in der Hälfte des Underdogs.
Doch mit zunehmender Spielzeit wurde Lotte frecher, die Konter - oft eingeleitet vom dritten Ex-Bochumer im Lotter Dress, Stürmer Marcus Fischer - wurden gefährlicher. Vor allem über die rechte Seite, wo Silvio Pagano dem in seinem ersten Pflichtspiel nach langwieriger Knieverletzung noch weit von seiner Normalform entfernten Christian Fuchs viel zu häufig entwischte. So in der 41. Minute, als die Lotter Fans erstmals den Sensations-Schrei auf den Lippen hatten: Pagano flankte, VfL-Keeper Philipp Heerwagen, bis dahin nicht ernsthaft geprüft, ließ den Ball vor seine Füße fallen, doch Kapitän Marcel Maltritz klärte in höchster Not.
Eine Szene, die Konsequenz war einer immer harmloser und schläfriger agierenden Bochumer Mannschaft. In der ersten Viertelstunde hatten sie noch ihre beste Phase in Durchgang eins - und die einzige nennenswerte Möglichkeit. Nach klugem Rückpass von Diego Klimowicz aber zielte sein stets bemühter, aber im Abschluss gestern glückloser Sturmpartner Stanislav Sestak aus sieben Metern rechts vorbei.
Das war es auch schon mit der Bochumer Herrlichkeit - es musste besser werden. Viel besser.
Und nach dem Wechsel erhöhte der VfL auch sofort das Tempo - Sestak (48.) und Azaouagh (49.) scheiterten noch, dann schlug Klimowicz eiskalt zu. Nach Flanke von Joel Epalle entwischte der Routinier Lottes Kapitän Czyszczon, sein präziser Kopfball aus sechs Metern prallte vom Innenpfosten ins Tor. Erleichterung pur beim VfL, der jetzt endlich Fußball spielte und zeigte, wer Erst- und wer Viertligist ist. Weiter ging es nach vorne: Nach tollem Maltritz-Pass in die Tiefe scheiterte Sestak frei vor dem klasse parierenden SFL-Torwart Andre Poggenborg (56.), der nur eine Minute später auch gegen Azaouagh und dann Epalle (59.) glänzend parierte. Entscheidung vertan ...
Lotte kam zurück - und hätte fast das 1:1 erzielt. Heerwagen aber tauchte nach Fischer-Schuss rechtzeitig ab (60.). Lottes Trainer Maik Walpurgis riskierte jetzt alles, brachte in Marco Schneider einen weiteren Stürmer für den defensiven Benjamin Wingerter. So hatte der VfL mehr Platz, nutzte ihn aber nicht konsequent, fuhr seine Angriffe zu überhastet. Der eingewechselte Paul Freier, (78.), Epalle und Co. vergaben den Knock-Out - und das hätte sich fast gerecht. Heerwagen aber war nach Florian Dondorfs Distanzknaller auf dem Posten (83.). Tief durchatmen, VfL. Und zwei weitere Male noch tiefer durchpusten, als Lotte in der Nachspielzeit nur haarscharf den Ausgleich verpasste.
1:0, zweite Runde erreicht - alles andere kann ja noch kommen.
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Die Fakten zum Spiel:
Tor: 0:1 Klimowicz (50.)
SF Lotte: Poggenborg - Brinker, Czyszczon, Thamm, Sidney - Wingerter (75. Schneider), Seggewiß - Pagano (77. Birdir), Dondorf, Arend (67. Beyer) - Fischer
VfL Bochum: Heerwagen - Pfertzel, Maltritz, Yahia, Fuchs - Imhof - Azaouagh (66. Freier), Dabrowski - Epalle (89. Ono) - Sestak (79. Dedic), Klimowicz
Gelbe Karten: Thamm - Freier
Schiedsrichter: Christian Bandurski
Zuschauer: 4408