Bochum. Eine Glanzparade, vier Gegentore gegen RB Leipzig: Torwart Andreas Luthe hatte „gemischte Gefühle“ nach seinem Comeback für den VfL Bochum.
Auch mit 36 Jahren sind manche Momente schlichtweg überwältigend. Andreas Luthe, der zurückgekehrte Torwart des VfL Bochum, ahnte womöglich, wie es sein könnte, den Rasen „seines“ Ruhrstadions wieder als Schnapper des VfL zu betreten. Um 14.42 Uhr ging er aus dem Spielertunnel zum Aufwärmen, die Fans riefen seinen Namen. „Als ich rausgekommen bin, die Sprechchöre beim Aufwärmen gehört habe, da musste ich schon schlucken. Das war hart“, sagte Luthe im Medienbereich nach dem ernüchternden 1:4 seines VfL gegen RB Leipzig – und musste dabei tatsächlich erneut schlucken.
Bei der Partie merkte man ihm das Besondere an diesem Nachmittag nicht an. „Beim Spiel an sich war ich nicht aufgeregt, dafür spiele ich schon zu lange Fußball“, sagte Luthe, der Ende Januar zum VfL geholt wurde, um im Notfall einspringen zu können. Manuel Riemann fehlte gesperrt, Niclas Thiede hatte sich den Finger gebrochen – Luthe spielte.
VfL Bochum: Andreas Luthe sichtlich bewegt
Viel schneller als gedacht, gar als „erträumt“, so der gebürtiger Velberter. „Jeder“, sagte er hinterher sichtlich bewegt, „jeder, der mich kennt, weiß, wieviel mir das bedeutet, hier nochmal für meinem Klub zum Einsatz zu kommen. Noch dazu in der Bundesliga.“
Deshalb hatte er „gemischte Gefühle“ nach der Partie. Hier das Comeback im „Wohnzimmer“, dort die vier Gegentore, die Niederlage. „Ich bin enttäuscht, es war sicher mehr drin“, sagte Luthe. „Wir hatten sie lange da, wo wir sie haben wollten. Aber wir konnten es leider nicht über 90 Minuten durchziehen.“ Ein Dreifachschlag von Minute 68 bis 72 mit drei Gegentoren kosteten einen Punkt.
Unglückliche zweite Halbzeit für VfL-Torwart Luthe
Es war daher eine verdammt unglückliche zweite Halbzeit für Luthe. Rund 25 Minuten musste er praktisch gar nicht eingreifen, als der gerade eingewechselte Lois Openda halblinks auf ihn zulief. Luthe war noch dran, aber er faustete nicht konsequent genug, der Ball trudelte im rechten Eck ins Netz. Sicherlich ein haltbarer Schuss.
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Luthe schlug mit seinen Fäusten auf den Rasen, einmal, zweimal. „Ich war dran. Es gibt so Schlüsselmomente, wo du der Mannschaft enorm helfen kannst, wenn du den Ball irgendwie noch rauskratzt. Deshalb habe ich mich sehr geärgert“, sagte er. Binnen vier Minuten brachen alle Dämme. 1:3, 1:4, da war nichts zu machen für Luthe.
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Ebenso wenig wie beim 1:1, als Dani Olmo den Ball in den Winkel zelebrierte. „Den hab ich erst gesehen, als er wieder rauskam, das war brutal, das war eine unfassbare Qualität“, meinte der Keeper. Eine Qualität von Leipzig, die mit dem eingewechselten Openda noch mal gesteigert wurde. „Mit seiner Hereinnahme, seinem Tempo hat sich das Spiel komplett geändert, bis dahin hatten sie Riesenprobleme. Da haben wir zu lange gebraucht, uns darauf einzustellen, dann war das Spiel vorbei“, so Luthe.
Spektakuläre Luthe-Parade gegen Xavi
Dabei hatte das Comeback des Torwarts so spektakulär begonnen. Zwei Minuten und 46 Sekunden waren gespielt, als Luthe endgültig wieder angekommen war in „seinem“ Tor direkt vor der Ostkurve. Leipzigs Xavi lief eine gefühlte Ewigkeit alleine auf ihn zu. Der 36-Jährige machte zwei, drei Schritte nach vorne, machte sich ganz breit, parierte den Schuss sensationell mit dem linken Fuß. Eine Glanztat, die das frühe 0:1 verhinderte.
„Mit der Nummer 16 im Tor – Andi Luthe“ dröhnte Stadionsprecher Michael Wurst. Die Fans feierten den Rückkehrer mit Sprechchören. Auch Trainer Thomas Letsch stimmte in den Tenor ein: „Er war von Anfang an total präsent, im Spiel, war da, wenn er gebraucht wurde. Er hält gegen Xavi überragend“, sagte Letsch. „Er ist ein guter Typ, der ein gutes Spiel gemacht hat.“
VfL Bochum: Luthe setzt auf lange Bälle
Auffallend im Vergleich zum Spieler-Torwart Manuel Riemann: Einen Aufbau von hinten gab es beim VfL praktisch gar nicht, keine Kurzpässe nahe des eigenen Strafraums. Luthe beförderte die Bälle fast immer lang nach vorne. „Es hat sicher Phasen gegeben, wo man mehr hätte spielen können“, meinte Letsch. „Aber mit den langen Bällen haben wir den Gegner auch vom Tor weggehalten.“
Weitere Glanztaten ab Minute drei musste oder konnte Luthe nicht vollbringen, insofern lief es sportlich unglücklich für den Comeback-Mann in dreifacher Hinsicht. Es war ja das erste Spiel für Luthe seit dem 5. August 2023, als er mit Zweitligist Kaiserlautern auf Schalke 0:3 verlor und die Rote Karte sah. Es war sein erstes Spiel in der Bundesliga seit dem 3:2 mit Union Berlin gegen Bochum im Mai 2022, insgesamt sein 91. Bundesliga-Einsatz.
Und es war vor allem sein erstes Spiel für den VfL Bochum, seinem Jugend- und erstem Profiklub, seit dem 27. November 2015 (0:1 in Braunschweig, 2. Liga). Im Sommer 2016 verließ der langjährige Bochumer die Castroper Straße Richtung Augsburg. In diesem Winter holte ihn der VfL zurück, bis zum Saisonende.
VfL Bochum: Fans feiern Andreas Luthe
Die Fans verabschiedeten das Team mit Applaus, Luthe stand mit in der ersten Reihe, nahm den Applaus dankend, auch bewegt an. „Sie wissen, was wir imstande sind zu leisten gegen Topteams und honorieren das“, lobte Luthe die Anhänger. Vielleicht war es der letzte Einsatz seiner Karriere, die er nach dieser Spielzeit wohl beenden wird. Sofern Riemann gesund bleibt oder er, im Falle des vorzeitigen Klassenerhalts, nicht noch einmal belohnt wird für seine Karriere insgesamt am Saisonende.
Seinen 37. Geburtstag am 10. März jedenfalls wird Luthe voraussichtlich 90 Minuten plus Nachspielzeit auf der Bank des VfL verbringen: beim Heimspiel gegen den SC Freiburg nächste Woche Sonntag (15.30 Uhr).