Bochum. Im großen Interview spricht Anthony Losilla über die Entwicklung des VfL Bochum und seine Einsatzzeiten. Hört er nach dieser Saison auf?
Fans des VfL Bochum sagen, man könne jetzt schon damit anfangen, das Porträt von Anthony „Toto“ Losilla auf eine Säule am Ruhrstadion zu malen – dort, wo der Verein seine größten Spieler verewigt. Doch der Franzose, der seit 2014 für den VfL spielt, ist noch längst nicht bereit dafür. Im Interview mit WAZ-Reporter Markus Rensinghoff spricht er über die Klatsche gegen Bayern, die Entwicklung des VfL Bochum und seine Zukunftsperspektive zwischen Bundesliga, Talentwerk und Traditionsmannschaft.
Haben Sie sich das Länderspiel der Frauen-Nationalmannschaft am Dienstag im Ruhrstadion angesehen?
Anthony Losilla: Nein. Ich hatte andere Termine, hätte es mir aber gerne angesehen. Es war ein schönes Ereignis für Bochum, dass die Nationalmannschaft da war. Ich habe dann die zweite Hälfte im Fernsehen gesehen. Deutschland war klar besser und hat verdient gewonnen.
Und danach haben Sie sich die Bayern im DFB-Pokal gegen Münster angesehen?
Ja. Wir haben am Wochenende selbst gesehen, wenn Bayern so gut spielt, wie schwierig es dann für die Gegner wird. Die Bayern sind gut drauf und wir waren nicht so gut, um sie ärgern zu können. Das Spiel ist schon abgehakt, wir konzentrieren uns auf Gladbach.
VfL Bochum: Nach 0:7 schon Samstag die Chance, es besser zu machen
Sie haben also nicht auf das Pokalspiel der Bayern geguckt und haben sich gedacht: Wenn die Bayern gegen uns mit dieser Aufstellung gespielt hätten, hätten wir eine bessere Chance gehabt?
Nein, daran habe ich nicht gedacht. Es waren zwei unterschiedliche Spiele und Wettbewerbe. Egal, wen die Bayern aufstellen, die Mannschaft ist immer richtig gut. Wenn die Bayern einen guten Tag haben, müssen wir schon einen außergewöhnlich guten Tag haben, um sie mindestens zu ärgern. Diesen Tag hatten wir nicht. Deshalb haben wir deutlich verloren. Mit unseren Fehlern haben wir auch selbst dazu beigetragen, dass das Ergebnis noch höher ausgefallen ist. Das tut weh. Aber wir haben schon am Samstag die Möglichkeit, eine Reaktion zu zeigen und es besser zu machen.
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Sie spielen gerne und am liebsten durch. Gegen die Bayern sind Sie nach ihrer Gelben Karte zur Halbzeit in der Kabine geblieben. Was war schwieriger? In der ersten Hälfte bei der Bayern-Dominanz auf dem Platz zu stehen oder in der zweiten Hälfte von außen zu sehen, wie die Mannschaft weitere Gegentore bekommt?
Der Trainer ist in der Halbzeit auf mich zugekommen und hat mir gesagt, dass wir wegen der Gelben Karte kein Risiko eingehen sollten. Ich hätte trotz des 0:4 weiterspielen wollen, gerade gegen die Bayern. Er musste aber die Entscheidung treffen. So ist es dann, solche Spiele gibt es. Ich war nur sauer, dass wir uns so schlecht präsentiert haben und nicht unser wahres Gesicht gezeigt haben.
Beginnt für Losilla so langsam die Altersteilzeit?
Es war nicht ihre erste Auswechslung in dieser Saison. Beginnt für den Alterspräsidenten Losilla so langsam die Altersteilzeit?
Nein, das war in den bisherigen Spielen dem jeweiligen Verlauf geschuldet. Gegen Frankfurt bin ich raus gegangen, weil wir mit 0:1 zurücklagen. Ich bin der defensive Spieler im Mittelfeld, der Trainer wollte offensiver spielen. Deshalb wurde ich runtergenommen. Gegen Stuttgart am ersten Spieltag war das Spiel zu dem Zeitpunkt, als ich runtergegangen bin, auch entschieden. Die anderen Spiele habe ich durchgespielt. Ich habe noch genug Kraft im Tank, da muss sich keiner Sorgen machen. Ich kann immer noch durchspielen. Aber es wird immer Spielabläufe geben, die besonders sind und bei denen der Trainer dann reagieren muss. Er entscheidet. Dass ich nicht gerne runtergehe, weiß jeder. Aber das ist nicht wichtig. Die Mannschaft zählt und das Ergebnis.
Es hat also nicht vor der Saison ein Gespräch zwischen Trainer Thomas Letsch und Ihnen gegeben, in dem er angedeutet hat, dass Ihre Spielzeit weniger werden könnte?
Nein. So ein Gespräch gab es nicht. Um ehrlich zu sein, sage ich seit drei Jahren, dass ich in der dann kommenden Saison voraussichtlich weniger spielen werde. Ich habe mich gedanklich auch darauf vorbereitet, obwohl ich immer alles dafür tue, um anzufangen und durchzuspielen. Ich bin der Typ Spieler, der immer auf dem Platz stehen will, auch wenn ich jetzt ein gewisses Alter habe. Wenn es so kommt, dass ich weniger spiele, dann ist es so. Wenn die Mannschaft dann ohne mich besser wäre, dann wäre das so. Bisher ist der Trainer aber nicht der Meinung und ich glaube auch, dass ich der Mannschaft weiterhelfen kann.
Warum Manuel Riemann weiter wichtig ist
Wie wichtig ist es auch, dass Sie noch da sind und spielen? Der Kader hat ein anderes Gesicht bekommen, die Hierarchie im Team hat sich verändert. Manuel Riemann ist nicht mehr im Mannschaftsrat, Simon Zoller spielt nun für St. Pauli.
Natürlich ist es wichtig, dass noch Spieler da sind, die schon lange dabei sind, die alles koordinieren, auf und neben dem Platz. Im Idealfall müsste alles von allein laufen. Aber manchmal läuft etwas schief und dann muss jemand wieder die Ordnung reinbringen. Manuel Riemann ist zwar nicht mehr im Mannschaftsrat, aber er führt das Team auf dem Platz von seiner Position aus. Nicht nur ein Kapitän darf auf dem Platz etwas sagen. Die erfahrenen Spieler müssen und sollen sich einbringen.
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Kommen wir zu Gladbach. In den vergangenen Jahren hat der VfL Bochum es geschafft, nach schlechten Spielen und Leistungen den Schalter umzulegen. Wie macht ihr das? Thomas Letsch hat auch gesagt, das 0:7 würde mit der Mannschaft gar nichts machen.
Wichtig ist, die richtige Einstellung zu zeigen. Natürlich hat es weh getan, sieben Gegentore zu bekommen, aber wir müssen jetzt nicht mehr lange darüber nachdenken, was da passiert ist. Fakt ist, wir haben eine Klatsche bekommen. Aber wir reden über Bayern München. Wenn man da nicht 100 Prozent abruft, verliert man da. Wir spielen in der Saison aber nur zweimal gegen die Bayern. Es gibt viele andere Spiele und wir haben schon oft gezeigt, dass wir auch gegen gute Mannschaft besser spielen können, wenn wir aggressiv anlaufen, unsere Spielweise auf den Platz bringen können. Dann sind wir unangenehm und das wollen wir gegen Gladbach zeigen.
Losilla über Heimspiele und Comeback-Qualitäten
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Wie aber klappt das, dass der VfL Bochum gefühlt eine andere Mannschaft auf das Feld schickt?
Im eigenen Stadion sind die Spiele immer besonders. Ich kann gar nicht sagen, woran es genau liegt, dass wir da relativ stabil und stark sind, auswärts dagegen häufiger anders aufgetreten sind. Obwohl es in Augsburg besser geklappt hat und wir dort dominant auftraten. Es ist eine Qualität, die wir haben, dass wir nach schwachen Spielen eine Reaktion zeigen. Das spricht auch für uns. Nur dank dieser Fähigkeit sind wir in der vergangenen Saison dringeblieben. Diese Fähigkeit müssen wir auch in dieser Saison zeigen. Es wird Niederlagen geben, hoffentlich nicht so deutlich wie in München. Aber wir müssen danach dann weitermachen.
In der vergangenen Saison gab es eine Niederlage in Gladbach. Danach haben Sie dann ein bemerkenswertes Interview gegeben, waren dabei sehr angefasst. Was macht Sie optimistisch, dass es in dieser Saison nicht wieder ähnlich schlecht gegen Gladbach läuft?
Wir spielen zuhause, also denke ich lieber an das Hinspiel gegen Gladbach. Da waren wir deutlich besser und haben verdient gewonnen. Wir wissen, was für eine Mannschaft auf uns zukommt. Gladbach sucht und findet spielerische Lösungen.
Bochum kann Gladbach ärgern, glaubt Losilla
Ist das noch so? Auch Gladbachs Christoph Kramer hat zuletzt gesagt, dass andere Dinge wichtiger wären: aggressiv anlaufen, früh in die Zweikämpfe kommen, Umschaltspiel. Das hörte sich an, als würde er über den VfL Bochum sprechen.
Gladbach hat eine richtig gute Mannschaft. Aber für uns kann der Schlüssel sein, dass wir, gerade im Heimspiel, mit höherer Intensität spielen. Wenn wir Gladbach so anlaufen, wie wir es gegen Dortmund, Augsburg und Frankfurt getan haben, dann können wir sie ärgern und haben eine riesige Chance, die drei Punkte zu holen. Das Anlaufen muss aber besser als gegen die Bayern sein. Die Gladbacher haben die Qualität, sich hinten herauszulösen. Also dürfen wir nicht zu spät in den Zweikämpfen sein.
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Thomas Letsch hält sich öffentlich immer sehr bedeckt, wenn es um die Aufstellung geht. Inwieweit sind Sie als Kapitän in seine personellen Überlegungen eingebunden?
Gar nicht. Er hat unter anderem seine Co-Trainer, tauscht sich mit ihnen aus. Wir reden viel, aber nicht über die Aufstellung. Das ist nicht meine Aufgabe. Wir haben viele Alternativen im Team. Viele Spieler können auf mehreren Positionen spielen. Das spricht für uns. Wir sind in dieser Saison flexibler als zuletzt. Der Trainer hat viele Optionen. Er wird zusammen mit seinem Staff die richtige Mischung finden.
Paciencia ist ein wichtiger Transfer für den VfL
Es war eine Überraschung, dass der VfL Bochum Gonzalo Paciencia geholt hat. Wie sehr hat Sie das überrascht?
Spieler mit solcher Qualität holen zu können, ist ein wichtiger Schritt für den VfL Bochum. Das zeigt, dass wir uns entwickeln. Durch die vergangenen Spielzeiten, dem Aufstieg und dem zweimaligen Klassenerhalt haben wir uns einen anderen Stellenwert erarbeitet. Dadurch sind wir als Verein attraktiver geworden und dadurch wollen auch gute Spieler zu uns kommen. Ich hoffe, wir entwickeln uns in diese Richtung weiter.
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Sie haben zuletzt von Saison zu Saison geplant. Dabei bleibt es auch weiterhin?
Ja, ganz genau. Ich habe die Option, als Trainer im Talentwerk anzufangen. Ich habe aber auch die Option, als Spieler noch ein Jahr zu verlängern. Ich spiele vielleicht derzeit nicht jedes Spiel durch. Aber ich spiele viel. Deswegen gibt es für mich derzeit keinen Grund zu überlegen, nach dieser Saison aufzuhören. Es ist September. Wir haben noch nicht darüber gesprochen, ob ich nach dieser Saison aufhöre und dann für die Traditionsmannschaft auflaufe. Es ist noch viel Zeit.
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