Bochum. Der VfL Bochum geht ins dritte Jahr in der Bundesliga – und wittert die große Chance sich zu etablieren. Das soll dank Mut zum Risiko gelingen.
Man ist vorbereitet beim VfL Bochum, man hat ja rechtzeitig reagiert, nachdem es die Realität mit dem Revierklub am Ende doch deutlich besser meinte als die Prognose. Und deswegen haben die Bochumer noch einmal reichlich Trikots für ihren Fanshop nachbestellt.
Mit Prognosen ist es nämlich so eine Sache: Vor knapp einem Jahr mussten sie beim VfL entscheiden, wie viele Trikots der Ausrüster liefern sollte – diese langen Vorlaufzeiten sind üblich. Bochum aber hatte gerade die ersten fünf Bundesligaspiele verloren und alles sah danach aus, dass das zweite Bundesliga-Jahr in Serie das vorerst letzte bleiben würde. Daher orderte man an der Castroper Straße 19.000 Trikots – eine ordentliche Zahl für einen Zweitligisten, aber deutlich weniger als die 25.500 Stück, die man in der abgelaufenen Saison verkaufte.
Die Gelegenheit für den VfL Bochum ist günstig
Längst aber hat der Bundesligist reagiert und nachbestellt, man will nun mindestens ebenso viele Shirts verkaufen. Der Klub soll ja weiter wachsen. Doch der Wachstumskurs ist noch fragil, das zeigt diese Geschichte, ein Abstieg wäre ein herber Rückschlag. Aber die Bochumer sind erstklassig geblieben, sie gehen in ihr drittes Jahr im Oberhaus – und sehen dieses dritte Jahr als große Chance, einen großen Schritt zum etablierten Bundesligisten zu machen. „Und die wollen wir nutzen“, sagt Hans-Peter Villis, der Vorstandsvorsitzende.
Die Gelegenheit ist günstig, erstmals geht der VfL Bochum nicht als ganz großer Außenseiter in die Saison. Der Lizenzspieleretat ist auf über 40 Millionen Euro angehoben, das ist etwas mehr als beim 1. FC Heidenheim und deutlich mehr als bei Darmstadt 98. Und so haben sie sich vorgenommen, mutig zu sein beim VfL. Mutig auf dem Platz, wo weiterhin forscher, frecher Fußball gespielt werden soll. Und mutig auch daneben, wo man in diesem Jahr investieren will in Steine und Beine und dafür auch bereit wäre, einen kleinen Verlust im Jahresergebnis einzufahren – wenn dafür das sportliche und wirtschaftliche Wachstum weitergeht.
Aufschließen zu Mainz und Augsburg
Die Voraussetzungen sind günstig: Erneut hat der Klub an die 18.000 Dauerkarten verkauft und hätte auch deutlich mehr an den Mann bringen können. 25.000 Mitglieder sind es inzwischen, bis 2040 hat sich der Klub die Marke von 40.000 zum Ziel gesetzt. Die Sponsoren- und VIP-Pakete sind weitestgehend verkauft, auch einen Ärmelsponsor will Tim Jost, der neue Direktor Marketing und Vertrieb, bald präsentieren.
Das Interesse ist groß beim Klub, das nutzt der auch, um die Preise für Werbe- und Sponsorenpartner zu erhöhen. Denn, das ist das große Ziel: Der Umsatz soll weiter wachsen, mittelfristig strebt Bochum 100 Millionen Euro an – zuletzt waren es 82 Millionen. Dann könnte man die Lücke schließen zu Klubs wie dem 1. FC Köln, Mainz 05 und dem FC Augsburg. Klubs, die sich über Jahre in der Liga etabliert haben und nicht mehr mit allzu großer Angst um den Klassenerhalt in eine Saison gehen.
Neue Gedankenspiel um einen Investor
Aber wo soll das zusätzliche Geld herkommen? Zum Beispiel auch über TV-Einnahmen, in der Fernsehgeld-Tabelle ist Bochum durch den Klassenerhalt weiter nach oben geklettert – und will selbstbewusst um seinen Anteil kämpfen, wenn es zukünftig um einen neuen Verteilerschlüssel geht. 3300 Zuschauer bringe der VfL im Schnitt zu Auswärtsspielen mit, rechnet Geschäftsführer Ilja Kaenzig vor. „Das ist ein Topwert, der hilft uns bei Diskussionen, was die Reichweite angeht“, sagt er. „Unsere Fans sind im Stadion, nicht vorm Fernseher – und damit bieten wir der Liga einen Mehrwert.“
Auch Gedankenspiele um einen möglichen Investor werden intensiviert, nachdem viele Konkurrenten wie der VfB Stuttgart und der 1. FC Heidenheim demnächst mit frischem Geld planen können. Aktuell werden in den Gremien Bedingungen, Konditionen und Zahlen diskutiert – man will nun deutlich mehr erlösen als jene 20 Millionen Euro, die bei der Ausgliederung der Profiabteilung im Jahr 2018 im Gespräch waren.
Es gibt für Bochum auch Grenzen des Wachstums
Wachstum mag nicht alles sein, doch ohne Wachstum ist alles nichts. Aber Wachstum hat seine Grenzen, auch in Bochum: Die Geschäftsstelle am Stadion platzt schon jetzt aus allen Nähten, neue Büros können nicht mehr eingerichtet werden, wären aber dringend nötig – Wachstum bedeutet ja auch neues Personal.
Und dann sind da die externen Faktoren: Der neue Grundlagenvertrag mit dem Deutschen Fußball-Bund kostet die Profiklubs einiges an Geld, der neue TV-Vertrag ab 2025 dürfte geringere Einnahmen als bislang bringen. „Die Wolken sind sehr dunkel für den deutschen Fußball“, sagt Villis – schiebt dann jedoch schnell nach: „Über uns ist der Himmel blau.“