Bochum. 17 Mal lag Bochum in dieser Saison zurück – 17 Mal verlor der VfL. Bei Union Berlin muss der Bundesligist eine Reaktion zeigen. Wieder einmal.
Thomas Letsch ist bisher auch ein Mann der langen Serien beim VfL Bochum. Die meisten davon sind gefallen, im Guten wie im Schlechten. Es gab unter Letsch, der nach sieben Spieltagen das Traineramt beim VfL übernahm, fünf Heimsiege in Serie bis zum 0:2 gegen Freiburg. Es setzte auswärts erst vier und dann, nach dem 1:0-Erfolg in Augsburg, noch einmal vier Niederlagen in Folge – und bis zum 1:1 in Frankfurt vor gut anderthalb Wochen gab es kein einziges Remis unter Letsch.
Nach dem ernüchternden 2:3 gegen den VfB Stuttgart nach zuvor erstaunlichen sieben Punkten aus drei Partien in Köln (2:0), gegen Leipzig (1:0) und in Frankfurt (1:1) bleibt eine Statistik stehen, die Letsch auch am späten Ostersonntag besonders zu denken gab: Nach einem Rückstand hat Bochum in dieser Saison noch keinen Punkt geholt. Wieder einmal hatte es der VfL verpasst, das Momentum für sich zu nutzen, ein Spiel zu drehen. 17 Rückstände – 17 Niederlagen. Inklusive Pokal erhöht sich die Zahl auf 18.
Parallelen zum Pokalspiel gegen Dortmund: Stöger trifft zum 1:1
Wettbewerb und Konstellation der Spiele, die Leistung des VfL, der Gegner sind zwar nicht vergleichbar. Aber wie nach dem Achtelfinal-Aus im DFB-Pokal gegen Dortmund (1:2) wählte Letsch zu Recht ähnliche Worte nach der Niederlage gegen Stuttgart. Denn wie im Pokal hatte Kevin Stöger mit einem – in beiden Fällen eher glücklichen – Elfmeter für das 1:1 gesorgt und damit für eine Situation, in der „wir das Spiel auf unsere Seite hätten ziehen können“, so Letsch nach dem Pokalspiel im Februar. „Das haben wir leider verpasst, daran müssen wir arbeiten.“
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Nach dem 2:3 gegen Stuttgart wählte er fast die gleichen Worte: „Wir kommen zum Elfmeter und sind wieder im Spiel. Und jeder, der unser Stadion kennt, weiß: Da müssen wir es auf unsere Seite bringen, da muss das Momentum auf unserer Seite sein.“ Ähnlich sah es Stürmer Philipp Hofmann: „Mit dem 1:1 waren wir wieder im Spiel, das Publikum stand auf unserer Seite. Am Ende sind wir selbst schuld, wir haben das Spiel weggeschmissen“, sagte er.
Parallelen zum 0:2 gegen Schalke: einfache Gegentore
Auf Nachfrage zog Trainer Letsch einen Vergleich zum Schalke-Spiel. „Wenn man die Tore gegen Schalke und heute anschaut, sind da schon Parallelen. Der Unterschied war, dass wir heute zurückgekommen sind. Beim 1:1 ging es allen im Stadion gleich: Jetzt kann das Ding zu uns kippen“, sagte der 54-Jährige – die folgenden Minuten waren dann für ihn der „Knackpunkt“.
Denn viel zu schnell, viel zu leicht fielen die Gegentreffer zwei und drei nach einer Reihe sowohl individueller als auch mannschaftlicher Fehler, Stichwort: fehlende Kompaktheit, mangelhafte Unterstützung. Schon im Hinspiel in Stuttgart war Bochum nach dem 1:2-Anschluss dran, kassierte dann aber leichte Treffer zum 1:3 und 1:4. Noch unter Trainer Thomas Reis lief es zweimal ähnlich: Gegen Mainz und auf Schalke glich Bochum verdient aus und verlor flott wieder den Faden (1:2, 1:3). Bei den weiteren Niederlagen lag die Wende erst gar nicht in der Luft.
Bochum fehlt offensichtlich die Comeback-Qualität in einem Spiel.
Union Berlin ist mit defensiver Stärke auf Champions-League-Kurs
Umgekehrt gilt: Schafft der VfL die 1:0-Führung, holt er mindestens einen Punkt. Nur im Hinspiel in Hoffenheim (2:3), noch unter Trainer Reis, verspielte Bochum eine eigene Führung komplett.
Am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) geht es nun zu Union Berlin, und man darf getrost unterstellen, dass nicht nur wegen der bisherigen Null-Punkte-Bilanz nach einem 0:1 ein Rückstand Gift wäre für das Ziel zu punkten. Union, als Tabellendritter trotz des 1:2 in Dortmund klar auf Champions-League-Kurs, reitet durch diese erneut starke Saison ja nicht mit dominantem Offensiv-Spektakel, sondern mit einer extrem sicheren Defensive, mit Kompaktheit vor allem auch im zweikampfstarken Zentrum.
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Erst 30 Gegentore sind der zweitbeste Wert der Liga nach dem FC Bayern (29), allein neun davon gab es in der kurzen Schwächephase vor der Winterpause in Leverkusen (0:5) und Freiburg (1:4). Bereits elf Mal indes hielten die Köpenicker die Null. Bochum, mit exakt doppelt so vielen Gegentoren (60) das defensivschwächste Team der Liga, blieb erst vier Mal ohne Einschlag.
Union Berlin ist zu Hause noch unbesiegt
Und: Union ist heimstark, hat an der Alten Försterei noch gar kein Spiel verloren. Nur der FC Bayern ist ebenfalls noch ohne Heimniederlage geblieben bisher. Neun Siege feierte Union zuhause, vier Remis gab es – darunter allerdings zwei enttäuschende Nullnummern in der jüngeren Vergangenheit, die Bochum neben der Erinnerung ans Hinspiel (2:1 gegen den damaligen Spitzenreiter) durchaus Mut machen dürften. Köln und zuvor Schalke erkämpften sich ein 0:0 in Berlins Osten, ehe das Team von Urs Fischer gegen Frankfurt und Stuttgart (2:0/3:0) wieder seine Effektivität zeigte.
Dass der VfL nach schwächeren Leistungen die Kurve kriegen kann, hat er bereits mehrmals bewiesen in dieser Saison, in der er gefühlt schon zweimal so gut wie abgestiegen war nach dem 0:4 in Leipzig zum Letsch-Debüt (ein Punkt aus acht Spielen) und dem 0:2 gegen Schalke (Schlusslicht nach vier Niederlagen in Folge). Dass Anthony Losilla fehlen wird nach seiner fragwürdigen fünften Gelben Karte, ist unumstritten. Die schwachen Leistungen in Bremen und gegen Schalke ohne ihn sowie die Siege gegen Köln und Leipzig mit ihm haben das ja gerade erst eindrucksvoll untermauert.
Losilla ist gesperrt - Förster ist wohl die erste Alternative
Gleichwohl zeigte sich Letsch bereits am Sonntag optimistisch, dass sein Team die Lücke, die Losillas Sperre hinterlässt, diesmal „besser“ kompensieren wird. Neben Kevin Stöger und dem diesmal enttäuschenden, zuvor aber vor allem läuferisch und im Zweikampf starken Patrick Osterhage sind Philipp Förster und Pierre Kunde die ersten Losilla-Ersatz-Kandidaten fürs Zentrum. Förster, nach der Pause eingewechselt, war gegen Stuttgart Bochums Bester und dürfte die Nase vorn haben. Kunde hat nach seinem Wechsel im Winter die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. Im Sommer dürften sich die Wege nach dem Ende der Leihe wieder trennen.
Eine Variante wäre auch, den in Normalform rustikal zweikampfstarken Konstantinos Stafylidis, der gegen Stuttgart allerdings wie fast alle Kollegen auch einen gebrauchten Tag erwischt hatte, ins Zentrum zu ziehen. Saidy Janko stünde hinten rechts als Alternative bereit.
Klar ist: Sieben Spieltage vor Schluss steht Bochum auf Nicht-Abstiegsplatz 15, für Untergangs-Stimmung gibt es faktisch trotz der Stuttgart-Enttäuschung keinen Grund. Stafylidis meinte: „Wir haben weiterhin eine solide Ausgangsposition und haben es in der eigenen Hand, die Klasse zu halten.“
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