Bochum. Vierte Pleite in Folge, letzter Tabellenplatz - die Stimmung kippt. Es sieht nicht gut aus für den VfL Bochum. Der Druck auf den Trainer wächst.
Torwart Manuel Riemann stellte sich den wütenden Fans am Zaun. Stürmer Philipp Hofmann blieb mit etwas Abstand dabei, Philipp Förster entfernte sich irgendwann, als einige Anhänger den Spielern des VfL Bochum den Stinkefinger zeigten. „Man darf sauer sein, aber alles mit Respekt“, monierte der Mittelfeldspieler später. Der Einwand war berechtigt, aber die unschöne Geste zeigt: Die Stimmung kippt beim VfL Bochum. Das in der zweiten Halbzeit leblose 0:2 gegen Schalke 04 und der Sturz ans Ende der Bundesliga-Tabelle hinterlässt tiefe Spuren.
Pleite gegen Schalke: Fans des VfL Bochum sind unzufrieden
„Wir wollen euch kämpfen sehen“ riefen Tausende Fans Mitte der zweiten Halbzeit und quittierten damit einen leidenschafts- und mutlosen Auftritt ihrer Mannschaft. Gegen Schalke unverzeihlich. Einen derartigen Appell zur Hingabe hatte man im Ruhrstadion seit Jahren nicht gehört, nicht hören müssen. Seit der Rückkehr der Fans nach der Corona-Pandemie, seit dem Aufstieg in die Bundesliga im Sommer 2021 trug eine Welle der Euphorie den VfL durch die Spiele, zum Klassenerhalt in der Vorsaison, zur Aufholjagd in dieser Spielzeit. Auch nach heftigen Auswärtsniederlagen – elf der zwölf Partien gingen meist deutlich verloren – unterstützten die Fans ihren Klub nahezu bedingungslos. Die Art und Weise der Derby-Niederlage aber stieß den Anhängern mächtig sauer auf.
Dem Trainer auch. „Ich habe Verständnis für den Unmut der Fans“, sagte Thomas Letsch. „Der Impuls muss von uns kommen. Wir haben es nicht geschafft, die Fans mit Aktionen auf unsere Seite zu ziehen.“ Der Coach vermisste „das Feuer“, das eine Mannschaft braucht, die mit individueller Klasse nicht bestehen kann. Kein Aufbäumen war zu sehen, keine Überzeugung, das Derby gegen einen defensiv stabilen, offensiv harmlosen Gast zu drehen nach dem Slapstick-Eigentor von Torwart Riemann kurz vor der Pause. Bedenklich: Bochum holte in dieser Saison nach einem Rückstand noch gar keinen Punkt.
Das dritte Eigentor der Saison passte zur Spielzeit der bösen Patzer. Der VfL war besser im Spiel, Hofmann und Christopher Antwi-Adjei vergaben zwei gute bis sehr gute Chancen. Dann flog Riemann an einer Flanke vorbei, von Saidy Jankos Bein trudelte der Ball Richtung Torlinie. Erhan Masovic hätte klären können, Riemann aber hechtete auf ihn zu, bugsierte den Ball mit dem Arm ins eigene Netz. „In so einem Spiel“, sagte Letsch, „musst du dann mit einem 0:0 in die Pause gehen. Das haben wir wieder nicht geschafft, das ist ein massives Problem.“ Ein Torwart-Wechsel, stellte Letsch trotz der zahlreichen Aussetzer Riemanns und 56 Gegentoren klar, löst es nicht.
VfL Bochum: Trainer Thomas Letsch ist gefordert
Sondern? Man werde „die Sinne noch mehr schärfen, alles auf den Prüfstand stellen. Wir müssen uns völlig anders präsentieren.“ Worte, die nach dem Grusel-0:3 in Bremen eine Woche zuvor auch schon gefallen waren. Null Punkte, 0:10 Tore aus den letzten vier Partien: Es hakt im Tor, defensiv, zentral, offensiv.
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Der Coach ist nun gefordert, seine Spieler wieder in die Spur zu bekommen in der „zweiten schwierigen Phase dieser Saison“, so Letsch. Nach der ersten mit sechs Niederlagen zum Start stand die Trennung von Thomas Reis. Unter Letsch ging es in den Heimspielen aufwärts, jetzt ist der 54-Jährige erstmals mitverantwortlich für die Krise. Er selbst steht im Klub nicht zur Debatte. „Bochum folgt ihm“, hatte Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung, vor dem Derby mit Schalke noch betont.
VfL Bochum: Anthony Losilla in Köln wieder dabei
Bei den meisten Fans aber ist der Glaube an die Rettung erloschen. Bochum spielt am Freitag beim 1. FC Köln (20.30 Uhr/DAZN). Danach kommt RB Leipzig, ehe es zu Eintracht Frankfurt geht. Dank der Schwäche der Konkurrenz ist faktisch aber nichts verloren. „Wir sind mittendrin“, betonte Letsch mehrmals. Erstmals in der Bundesliga-Historie stehen nach 23 Spieltagen gleich vier Teams punktgleich am Tabellenende. In Köln kehrt Kapitän Anthony Losilla nach seiner Rot-Sperre zurück, „wir werden uns pushen“, versprach der 36-Jährige. Auch Abwehrchef Ivan Ordets, gegen Schalke nach längerer Krankheit nur auf der Bank, soll dann wieder vorangehen.