Bochum. Schalke 04 ist defensiv stabil, der VfL Bochum hat den stärkeren Angriff: Ein Check der Mannschaftsteile vor dem Derby der Emotionen am Samstag.
„Feuer rein!“ Thomas Letsch heizte seinen Spielern am Freitag mehrmals lautstark ein auf dem Trainingsplatz. Bei den Übungen ging es um Balleroberung, Mann-gegen-Mann-Duelle, Flanken von außen, schnelles Umschalten, Abschlüsse. Und die VfL-Profis zeigten ein Höchstmaß an Intensität.
Elf gegen elf spielten sie ein paar Minuten zum Abschluss. Es gibt beim VfL keine weiteren Ausfälle neben den schon länger fehlenden Simon Zoller, Cristian Gamboa und Gerrit Holtmann. Von diesen 22 Profis dürfen zwei nur zusehen, wenn das Revierderby am Samstag (15.30 Uhr/Sky) angepfiffen wird im Vonovia Ruhrstadion.
Anthony Losilla ist gesperrt. Jacek Goralski hat es nach seinem ersten Kurzeinsatz in Bremen erneut nicht ins Aufgebot geschafft, verriet Letsch dieser Redaktion nach der Einheit. „Wir müssen die richtige Mischung finden aus Leidenschaft und Energie einerseits, müssen aber auch mit kühlem Kopf unseren Plan durchziehen“, betonte Letsch.
VfL Bochum kann auf Rang 14 springen - Schalke kann Bochum überholen
Die Fakten: Der VfL, der als Siebzehnter drei Punkte vor Schalke liegt, kann mit einem Sieg sogar auf Rang 14 springen, wenn Hoffenheim (in Mainz), Stuttgart (Samstagabend gegen Bayern) und Hertha BSC (Sonntag in Leverkusen) nicht gewinnen. Schalke kann dank des etwas besseren Torverhältnisses mit einem Sieg den VfL ans Tabellenende stürzen. Ein Remis ist statistisch unwahrscheinlich: Bochum hat in dieser Saison erst einmal unentschieden gespielt, und zwar weder unter Trainer Thomas Reis (sechs Niederlagen) noch unter Thomas Letsch (sechs Siege, neun Niederlagen), sondern unter Interimstrainer Heiko Butscher (1:1 gegen Köln).
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Spielanlage: Beide Mannschaften bevorzugen ein 4-3-3, das je nach Situation variiert. In Schalke zum 4-2-3-1. In Bochum sind die Grenzen zwischen Doppelsechs und Doppel-Acht oft fließend. Beide Teams operieren viel mit langen Bällen, setzen auf zweite Bälle, Robustheit, Zweikämpfe.
Wer gewinnt? Ein Check der Mannschaftsteile vor dem Schlüsselspiel der Abstiegskandidaten.
Tor: Manuel Riemann ist die Nummer eins
Bochums Manuel Riemann trägt die Kapitänsbinde. Er ist seit Jahren unumstrittene Nummer eins beim VfL, ein Anführer. Stark auf der Linie, stark im eins gegen eins, unbarmherzig ehrgeizig. Er ist als elfter Feldspieler in die VfL-Spielstrategie extrem mit eingebunden, fußballerisch deutlich stärker als Schalkes Ralf Fährmann, einem Torwart der „alten Schule“.
Fährmann ist nach seiner kommunizierten Vorfreude auf ein „Heimspiel für Schalke“ von den Bochumer Rängen ein warmer Empfang garantiert. Dabei ist der 34-Jährige nur zwischen die Pfosten zurückgekehrt, weil Alexander Schwolow überhaupt keine Sicherheit ausstrahlte. Vier Mal hielt Fährmann zwar die Null seit seinem Comeback, beim 2:1 gegen Stuttgart ging das Gegentor aber auf seine Kappe. Punkt für Bochum.
Viererkette: Schalke ist stabil - Bochum setzt auf die Rückkehr von Ordets und Soares
54 Gegentore kassierte Bochum in dieser Saison bereits, vor allem wegen viel zu vieler individueller Aussetzer. In den Heimspielen gab es unter Thomas Letsch (fünf Siege, eine Niederlage) aber nur sieben Gegentore. Mit Abwehrchef Ivan Ordets und Linksverteidiger Danilo Soares kehren zwei Schlüsselspieler zurück, die beim schwachen Auftritt in Bremen (0:3) erkrankt fehlten.
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Letsch wird nach dem erneut gescheiterten Versuch der Dreier-/Fünferkette zur Viererkette zurückkehren. Offen ist, wer neben Ordets verteidigt. Erhan Masovic, der das erwähnte heiße Herz mit kühlem Kopf perfekt verbinden kann, dürfte die Nase vorn haben gegenüber Keven Schlotterbeck. Hinten rechts dürfte Saidy Janko in die Startelf zurückkehren. Er punktet mit Tempo, hat im defensiven Zweikampf allerdings Schwächen. Konstantinos Stafylidis ist ein idealer back-up auf der Bank: Für hinten links und rechts, fürs Mittelfeldzentrum.
Schalkes Defensive hat sich enorm stabilisiert. Kein Bundesliga-Team kassierte weniger Gegentore in der Rückrunde (1). Das Team von Trainer Thomas Reis hielt sich gegen Köln, Mönchengladbach, Wolfsburg und Union Berlin schadlos, nur Stuttgart traf einmal dank Fährmanns Patzer. Winterzugang Moritz Jenz (23), ausgeliehen vom FC Lorient, erweist sich als Königstransfer. An seiner Seite hat der in der Hinrunde schwache Maya Yoshida zu seiner erhofften Form zurückgefunden, harmoniert mit Jenz bestens.
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Außen ist Schalke nicht so stark besetzt: Hinten rechts kehrt Cedric Brunner nach seinem Nasenbeinbruch zurück. Links bleibt Henning Matriciani erste Wahl, weil Thomas Ouwejan und Jere Uronen, auch ein Winterzugang, verletzt sind. Insbesondere die Innenverteidigung sorgt für einen Punkt für Schalke.
Mittelfeld: Osterhage könnte seine Chance kriegen - Kral blüht auf
Bochum fehlt Anthony Losilla. Wer ersetzt den Kapitän diesmal? Patrick Osterhage ist ein heißer Kandidat. Der 23-Jährige ist mit 1,86 Metern der Größte der Kandidaten, könnte mit Kevin Stöger für Impulse nach vorne sorgen. Osterhage hat in diesem Jahr erst 42 Minuten gespielt. Er erhält aber immer viel Lob für seine (Trainings-)Leistung vom Trainer, hat seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Gegen das Schlusslicht wäre die Zeit reif für sein Startelf-Comeback nach fünf Monaten. Zuletzt legte er gegen Frankfurt zusammen mit Losilla und Philipp Förster los. Bochum gewann mit 3:0.
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Erhan Masovic – dann würde Schlotterbeck verteidigen – wäre eine defensivere Variante. Stafylidis überzeugte zuletzt nicht. Ebenso wenig Pierre Kunde, der zu oft zu viel nebenher lief.
Stöger, einer der Laufstärksten der Liga, war zuletzt zwar defensiv wackelig, ist an guten Tagen - wie oft in der Hinrunde gezeigt - aber ein Unterschied-Spieler. Der Österreicher kann den entscheidenden Pass spielen, ist zudem als unermüdlicher Kämpfer wertvoll für Bochums Zentrale. Philipp Förster dürfte weiter vorne spielen. Er soll für mehr Torgefahr sorgen, seine Standards sind eine Waffe des VfL. Zwei Tore hat Förster erzielt, sechs vorbereitet. Beim Heimspiel gegen Freiburg (0:2) fehlte er erkrankt – bei den fünf Heimsiegen zuvor zählte er zur Startelf. Und überzeugte.
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Die Schalker Doppel-Sechs bilden Tom Krauß und Alex Kral, den Zehner spielt der nach seinem Fußbruch wieder aufblühende Rodrigo Zalazar. Alle drei waren zuletzt in guter Form. Vor allem der Tscheche Kral besticht mit Laufstärke, Tempo, als Fighter. Die jüngsten Spiele und Losillas Ausfall sprechen für Schalke – die Bochumer Heimstärke, die auch viel mit der Power aus dem Zentrum heraus zu tun hat, für den VfL. Punkteteilung.
Angriff: Bochum ist offensiv erstklassig besetzt - Schalke tankt Selbstvertrauen
Die schnellen Außen Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjei sowie der siebenmalige Torschütze, Zielspieler und Ballabnehmer Philipp Hofmann sind eine erstklassige Besetzung. Zuletzt spielte das Trio „nicht auf dem höchsten Level“, sagte Trainer Letsch dieser Redaktion. Zuletzt gab es drei Spiele ohne Tor, fast ohne Torgefahr sogar.
Das kann sich im Hexenkessel Ruhrstadion schnell ändern. Antwi-Adjei, der beim 5:2 gegen Hoffenheim die TSG schwindelig spielte vor gerade einmal vier Wochen, und Asano können Schalke mit ihren Dribblings, ihrer Geschwindigkeit vor große Probleme stellen. Wenn sie es schaffen, konsequenter in die gefährliche Zone zu kommen und Hofmann besser finden als zuletzt, hat der VfL einen klaren Vorteil, zumal das Trio in Heimspielen stets mit beherztem, abgestimmtem Anlaufen den Gegner früh unter Druck gesetzt, auch so die Fans auf die VfL-Seite gezogen hat.
Offensiv lief bei den Schalkern wenig zusammen, auch in den letzten Positiv-Trend-Wochen. Marius Bülter und Dominick Drexler tankten gegen Stuttgart (2:1) mit ihren Toren zwar neues Selbstvertrauen, und der im Winter von Royal Anwerpen ausgeliehene Stoßstürmer Michael Frey (28) wartete mit einer Vorlage auf. Getroffen hat der 1,88-Meter-Mann, der Ersatz für den frustriert auf der Bank sitzenden Ex-Bochumer Simon Terodde und den verletzten Ex-Bochumer Sebastian Polter, noch nicht. Punkt für Bochum.
In Summe: 3:2 für den VfL Bochum vor allem dank der Heimstärke.