Bochum. Bei der Mitgliederversammlung des VfL Bochum kommt es am Dienstag zur Kampfabstimmung. Hier gibt es alle Hintergründe.
Nach dem 1:0 beim FC Augsburg wird es beim VfL Bochum noch einmal spannend. An diesem Dienstag steigt ab 19 Uhr die Mitgliederversammlung im Ruhrcongress. Erstmals in der Vereinsgeschichte kommt es zu einer Kampfabstimmung bei der Wahl für das Präsidium, also die ehrenamtliche Vereinsführung. Dr. Karl-Heinz Bauer (64), seit 23 Jahren Vereinsarzt des Bundesligisten, fordert den seit zehn Jahren amtierenden Vorstandsvorsitzenden Hans-Peter Villis (64) heraus.
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Es köchelt seit Wochen. Während Dr. Bauer von „Angst“ sprach, „dass es mit dem Verein bergab geht“, äußerte Villis seine „große Sorge, dass es bei uns gerade so viel Unruhe gibt“. Fans debattieren im Netz, Mitarbeiter diskutieren im Büro, Gremien tagen, Sponsoren klopfen an. Wer ist für wen? „Es ist eine demokratische Wahl, keine Revolution“, betonte Dr. Bauer. „Eine Spaltung wird es mit uns nicht geben.“ Villis: „Hoffentlich hat Dr. Bauer Recht. Viele fragen schon, was denn hier los ist.“ Der „Weg des Wachstums und der Kontinuität“ sei gefährdet.
Dr. Bauer sieht das anders. Er will neuer Vereins-Chef werden, „den VfL besser machen“. Zu seinem Team zählen die VfL-Legenden Marcel Maltritz (328 Spiele für den VfL) und Ralf Zumdick (314), AWO-Geschäftsführer Marc Schaaf und Unternehmer Andreas Bobon.
Debatte beim VfL Bochum um Schindzielorz-Abgang
Villis kandidiert mit seinen bisherigen Amtskollegen Uwe Tigges, Ex-Innogy-Vorstand, VfL-Legende Franz-Josef Tenhagen (335 VfL-Spiele) und Jurist Dr. Andreas Eickhoff. Neu zum Team stößt Dr. Christina Reinhardt, die Kanzlerin der Ruhr-Universität Bochum. Sie folgt Ex-Profi Martin Kree, der aus persönlichen Gründen nicht mehr antritt. Gewählt wird „en bloc“, also Team Villis oder Team Bauer.
Dr. Bauer bewegten insbesondere „die jüngsten personellen Entscheidungen“. Damit meinte er nicht die Trennung von Trainer Thomas Reis im September, sondern vor allem den Abgang von Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz. „Ein erfolgreiches Management liegt begründet in einem wertschätzenden, ehrlichen Personalmanagement“, erklärte der Ärztliche Direktor des Knappschaftkrankenhauses Dortmund im Klinikum Westfalen und Ex-Chefarzt der Chirurgie.
Aufstiegs-Manager Schindzielorz hatte seinen Vertrag im Mai zum Jahresende gekündigt, im September folgte ihm Ex-VfL-Profi Patrick Fabian. Wiederum rund einen Monat später stand fest, dass Schindzielorz ab Februar 2023 als Sportdirektor beim VfL Wolfsburg arbeiten wird. Villis betonte, dass es mehrere Gespräche mit Schindzielorz gegeben habe. Nach dem Ende seiner Profikarriere gab ihm Bochum die Chance, sich „weiterzuentwickeln. Er hat seine Aufgabe gut gemacht, wir wollten ihn halten. Mehr Wertschätzung kann es nicht geben.“
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Der ehemalige EnBW-Vorstandsvorsitzende, heute Unternehmensberater, sah sich viel Kritik ausgesetzt im Umgang mit Reis’ Schalker Avancen sowie der Trennung vom Trainer. Vorwurf: mangelhafte Kommunikation und Transparenz. Villis räumte einen Fehler ein, bei der Pressekonferenz zur Reis-Trennung Sportchef Fabian nicht mit einem Präsidiums-Mitglied unterstützt zu haben. „Ich war beruflich verhindert. Aber das hätten wir besser managen müssen“, sagte Villis.
Zuletzt landete er Punktsiege: Der mächtige Wirtschaftsrat mit dem ehemaligen Sparkasse-Bochum-Chef Volker Goldmann an der Spitze wolle „mit dem jetzigen Präsidium weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten“, teilte das Gremium mit. Einige Fanklubs positionierten sich ebenfalls für Villis.
Großes Vertrauen beim VfL Bochum in Fabian und Kaenzig
Auch, weil es in den großen Sachthemen keine großen Unterschiede gibt. Beide Seiten wollen Sponsoren halten und neu gewinnen, setzen auf eine verstärkte Förderung des Talentwerks samt Infrastruktur, wobei Dr. Bauer die Abschaffung der U23 vor sieben Jahren als klaren Fehler bezeichnet. Beide Seiten wollen das städtische Ruhrstadion modernisieren und den Frauenfußball fördern, wobei Dr. Bauer ihn möglichst in die 1. Bundesliga führen will – Villis ist zurückhaltender.
Bei der Investorenfrage gibt es nur eine Meinung: Die Suche soll weitergehen, aber ein Investor müsse exakt zum VfL passen. Als Investoren-Mahner gilt auch Finanz-Geschäftsführer Ilja Kaenzig, der bei allen VfL-Gruppen hohes Ansehen genießt. Der Schweizer hat jüngst seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Auch Dr. Bauer betont sein volles Vertrauen in Kaenzig und Fabian.
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Beide Seiten wollen Geld freigeben für Verstärkungen des Kaders im Winter. Möglich ist das, weil sich der Klub konsolidiert, auch die Coronakrise bewältigt hat. Kaenzig wird heute positive Zahlen verkünden, und Fabian wird auch den Aufschwung der letzten Wochen unter Trainer Thomas Letsch erklären. Der VfL Bochum ist wieder nah dran am Klassenerhalt – sicherlich kein Nachteil für die Amtsinhaber.